Justiz will Pfahls ausliefern
14. Juli 2004
Nach der Festnahme des früheren Rüstungs-Staatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls in Paris bemüht sich die deutsche Justiz mit Hochdruck um die Auslieferung des ehemaligen CSU-Politikers. Über die Verfahrensdauer wollte das Justizministerium in Berlin nicht spekulieren. In Paris hieß es am Mittwoch (14.7.2004), eine Anklageerhebung gegen Pfahls durch die französische Justiz sei nicht geplant. Damit stünden einer Auslieferung zumindest keine Ermittlungen im Zusammenhang mit der Affäre um Elf Aquitaine im Weg.
Unterdessen ist ein Streit um die Wiederaufnahme des Parteispenden-Untersuchungsausschusses im Bundestag entbrannt. Grünen-Fraktionsvize Christian Ströbele sagte am Mittwoch, wenn Pfahls rede, halte er es für "dringend erforderlich", das Gremium wieder einzurichten. Dies wurde von der Opposition umgehend abgelehnt. Selbst SPD-Chef Franz Müntefering mahnte zur Ruhe und wollte erst einmal abwarten, wie sich die Auslieferung des am Dienstag in Paris festgenommen 61-Jährigen gestaltet und was er
aussagt.
Skeptische Stimmen gegen Untersuchungsausschuss
Der frühere Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Volker Neumann (SPD), Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sowie der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Michael Glos, reagierten ebenfalls skeptisch. Glos sagte, es sei Ströbeles "Hobby, irgendwelche Leute vorzuführen".
Laut Staatsanwaltschaft Augsburg und Bundesjustizministerium werden derzeit für das Auslieferungsverfahren notwendige Dokumente ins Französische übersetzt. Ungeachtet des europäischen Haftbefehls habe ein französisches Gericht zu entscheiden, sagte eine Sprecherin. Die Zusammenarbeit mit der französischen Seite funktioniere exzellent.
Auch Pfahls Helfer im Visier
Laut Zeitungsberichten konzentriert sich die deutsche Polizei nun auch auf Pfahls' Helfer. Das seien vorwiegend ehemalige Geheimdienstmitarbeiter und Kaufleute wie der Pfahls-Vertraute Dieter Holzer. Pfahls soll auf 22 Seiten notiert haben, wer ihn während seiner Flucht unterstützt hat. Die Unterlagen seien sichergestellt worden.
Nach Ansicht des Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber hat sich Pfahls absichtlich festnehmen lassen. Er habe seit 1999 nichts mehr von Pfahls gehört und sei sehr froh, dass sein Freund lebe und trotz seiner labilen Gesundheit offensichtlich wohlauf sei. Pfahls habe nach eigenen Angaben in jüngster Zeit drei Schlaganfälle erlitten. Schreiber sagte, er selbst sei von der Festnahme Pfahls' nicht betroffen. Er habe mit dem Rüstungsgeschäft in Saudi-Arabien nichts zu tun gehabt.
Pfahls war fünf Jahre untergetaucht
Pfahls war 1999 in Asien untergetaucht. Pfahls wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit der Panzeraffäre von 1991 knapp zwei Millionen Euro an Bestechungsgeldern kassiert zu haben. Pfahls hatte sich als damaliger Rüstungsstaatsekretär für den umstrittenen Verkauf von 36 Spürpanzern "Fuchs" nach Saudi-Arabien stark gemacht. Überwiesen wurden die Gelder von der panamaischen Firma ATG Investment, für die der Waffenhändler Karlheinz Schreiber als "wirtschaftlich Berechtigter" geführt wurde.
Die 3,8 Millionen D-Mark für Pfahls kommen bisherigen Ermittlungen zufolge vom selben Konto wie das an den ehemaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep gezahlte Schwarzgeld. Daher war in der Vergangenheit immer wieder ein Zusammenhang zwischen den Schmiergeldzahlungen des Thyssen-Konzerns und der CDU-Schwarzgeldaffäre hergestellt worden. Allerdings sind alle Dokumente zu dem umstrittenen Panzergeschäft von 1991 mit Saudi-Arabien vor dem Regierungswechsel 1998 aus der Registratur verschwunden.
Der Ausschuss hatte bis 2002 untersucht, ob Mitglieder der Regierung Helmut Kohls (CDU) bestechlich waren. Kohls Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner gab sich gelassen: "Die Festnahme hat keinerlei Folgen für Herrn Dr. Kohl. Kohl hat mit der Geschichte nichts zu tun." (ali)