Jupp Heynckes: Comeback mit Titeltriumph
6. April 2013Er hatte sich Zeit seiner Laufbahn "geschworen, mit 60 nicht mehr auf der Bank zu sitzen." Nun feiert Jupp Heynckes mit 67 Jahren als Trainer von Bayern München seinen insgesamt siebten deutschen Meistertitel (vier als Spieler, drei als Coach). Über 1.000 Spiele hat er in der höchsten deutschen Spielklasse als Profi und Trainer bestritten – keiner hat mehr Siege erzielt als er, keiner hat die Bundesliga so geprägt wie er: Josef Heynckes, genannt "Jupp".
Der stürmende Stuckateur aus Mönchengladbach
Als eines von zehn Kindern ist Heynckes in Mönchengladbach geboren. Daher ist die Borussia auch "sein" Verein. Zuerst lernte er den Beruf des Stuckateurs, um seinem Berufsziel Architektur näher zu kommen. Schon als Jugendlicher spielte er für Mönchengladbach, ab 1965 dann auch in der Bundesliga. Dort machte er als schneller und torgefährlicher Stürmer auf sich aufmerksam. Zwei Jahre später feierte Heynckes sein Länderspieldebüt und erzielte beim 5:1-Sieg gegen Marokko sein erstes Tor für die deutsche Auswahl.
Von 1967 bis 1970 spielte er mit mäßigem Erfolg bei Hannover 96, kam danach wieder zurück zu der "Fohlenelf". In den 1970er Jahren erlebte er die erfolgreichste Zeit am Bökelberg: Er gewann vier Deutsche Meisterschaften, 1973 den DFB-Pokal und 1975 den UEFA-Pokal. Insgesamt schoss er 243 Tore, zweimal wurde er Torschützenkönig (1974 und 1975). Mit der Nationalmannschaft gewann er 1972 den Europameistertitel in Belgien und 1974 im eigenen Land. Dort kam er allerdings nur zweimal zum Einsatz.
Erst Spieler, dann Trainer
Nach insgesamt 369 Bundesligaspielen beendete Heynckes 1978 seine Spielerlaufbahn – und die als Trainer begann, natürlich in Mönchengladbach. Zunächst als Co-, dann als Cheftrainer. Mit 34 Jahren war er der bis dahin jüngste Coach der Bundesliga. 1984 und 1987 waren seine erfolgreichsten Jahre, als er trotz zahlreicher Abgänge von Leistungsträgern die Spielzeiten jeweils als Dritter abschloss.
Als "Mann der Disziplin und Prinzipien" machte sich Heynckes nicht überall Freunde. Der ehemalige Borussen-Spieler Wolfram Wuttke erinnert sich: "Er war damals ein introvertierter Pendant, der auf jede Kleinigkeit achtete und seine Augen überall hatte. Ein Feldmarschall." In diese Zeit entstand auch sein Spitzname "Osram", nach dem gleichnamigen Hersteller für Leuchtmittel. Noch heute bekommt Heynckes, wenn er sich aufregt, einen hochroten Kopf, der an eine Glühbirne erinnert.
Der erste Bayern-Ruf ertönte schon 1987
"Den schlimmsten Moment" seiner Karriere erlebte Heynckes am 11. Dezember 1985. Nach dem 5:1-Hinspielerfolg gegen Real Madrid im UEFA-Cup-Achtelfinale flogen die Gladbacher nach einem 0:4 noch aus dem Wettbewerb. "An diesem Tag wollte ich kein Fußball-Trainer mehr sein", sagt er heute. Aber er blieb es und nahm 1987 ein Angebot von Bayern München an. Dort gewann er jedoch innerhalb von vier Jahren nur einmal den deutschen Meistertitel und wurde daraufhin entlassen. Uli Hoeneß, der damals noch Manager der Bayern war, bezeichnete die Entscheidung gegen Heynckes später als "größte Fehlentscheidung“ seiner Karriere. Seit dieser Zeit verbindet die beiden Männer eine tiefe Freundschaft, die dazu führte, dass Heynckes noch zweimal als Coach an die Säbener Straße zurückkehrte.
Aus "Jupp" wird "Don Jupp"
Zunächst aber ging Heynckes ins Ausland – und fand in Spanien sein Glück. Bei Athletic Bilbao, CD Teneriffa, Real Madrid und Benfica Lissabon trainierte er die Profis. Mit Real gewann er 1998 sogar die Champions League. Trotzdem kam seine kühle Art im Süden nicht gut an, so dass "Don Jupp" wieder in die Bundesliga zurückkehrte. Angebote, Nationaltrainer zu werden, lehnte er mehrfach ab. Den Job sollte seiner Meinung nach ein Jüngerer machen.
Als Mensch gereift arbeitete Heynckes nun gelassener als Vereinstrainer beim FC Schalke 04 und erneut bei Borussia Mönchengladbach, bevor er 2009 überraschend aus dem Vorruhestand zum Interimscoach bei den Bayern benannt wurde – als Freundschaftsdienst für Uli Hoeneß, der mittlerweile Präsident ist. Nach einem kurzem Abstecher bei Bayer Leverkusen unterschrieb Heynckes 2011 erneut einen Zweijahres-Vertrag bei den Bayern, den er wohl auch gern verlängert hätte. Zuvor hatte es offiziell geheißen, dass man sich einvernehmlich nach Ende des Vetrags trennen wolle und mit dem ehemligen Trainer des FC Barcelona, Pep Guardiola, hat der FC Bayern München bereits ein Nachfolger für die kommende Saison gefunden. Heynckes widersprach dieser Darstellung vehement und betonte, dass er selbst entscheide, wann die Zeit für einen endgültigen Rücktritt vom Traineramt gekommen sei.
Das Ende der Saison begeht Heynckes somit mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Denn 24 Jahre, nachdem er zum ersten Mal Meistertrainer beim deutschen Rekordmeister wurde, holt er erneut die deutsche Meisterschaft. Und er hat mit dem DFB-Pokal und der Champions League noch zwei weitere Titel im Visier. Vielleicht doch kein schlechter Zeitpunkt, um anschließend in Rente zu gehen...