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Journalisten im Tschad streiken aus Solidarität

Maja Dreyer 24. August 2005

Aus Solidarität mit vier inhaftierten regimekritischen Reportern streiken alle Journalisten der privaten Medien im Tschad. Der Kampf um die Pressefreiheit ist der Kampf gegen das Regime von Präsident Deby.

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Die Journalisten protestieren auch gegen Präsident Idriss DebyBild: AP

Zwischen Niger, wo gerade eine Hungerkatastrophe grassiert, der sudanesischen Krisenregion Darfur und Libyen, wo das totalitäre Regime von Muammar Ghaddafi herrscht, liegt der Tschad. Der dortige Präsident Idriss Deby gibt sich alle Mühe, kritische Stimmen zu unterdrücken. Jüngst wurden vier Journalisten zu Haftstrafen verurteilt - weswegen inzwischen alle Journalisten der privaten Medien aus Protest ihre Arbeit niedergelegt haben.

Kritik an Verfassungsänderung

Der Stein des Anstoßes war ein Interview, das die Journalistin Sy Coumbo Singa Gali für ihre Zeitschrift mit einem Kollegen geführt hatte. Der kritisierte darin eine Verfassungsänderung vom Juni, mit dem sich Präsident Idriss Deby eine dritte Amtszeit ab 2006 ermöglicht hatte. Das Urteil für Singa Gali lautete: Ein Jahr Gefängnis und umgerechnet 350 US-Dollar Strafe. Ihr Interviewpartner - ebenfalls ein Journalist - wurde zu vier Jahren Haft plus Geldstrafe verurteilt.

Singa Gali war nicht überrascht: "Schon vor einem Monat wurden Journalisten verhaftet und ich wusste, dass auch ich an die Reihe komme. Ich weiß, für welche Sache wir kämpfen. Ich weiß, dass es draußen Freunde gibt, die dafür kämpfen, dass ich frei komme und dafür, dass wir im Kampf um die Pressefreiheit vorankommen. Man muss im Leben Opfer bringen können."

Radio und Fernsehen werden kontrolliert

Sy Coumbo Singa Gali schreibt für eine privat herausgegebene Zeitschrift, die - wie alle privaten Print-Medien - nur in der Hauptstadt N'Djamena erhältlich ist. Ansonsten ist das Radio das weit verbreitetste Medium - und vornehmlich unter staatlicher Kontrolle. Die wenigen Privatsender unterstehen einer strengen Prüfung durch die Behörden. Private Fernsehsender gibt es nicht im Tschad.

Der Kampf um die Pressefreiheit im Tschad ist vor allem der Kampf gegen des Deby-Regime. Seine Regierung entspricht zwar der Form halber allen Regeln der Demokratie mit Wahlen, Parlament und Kabinett. Aber die Bevölkerung habe längst jeden Glauben an ihre Mitbestimmung verloren, sagt der Deutsche Martin Petry, der seit langen Jahren im Tschad als Entwicklungsberater arbeitet: "Inzwischen hat man eine Situation im Tschad, wo die Leute nichts mehr erwarten von den politischen Institutionen. Das ist ein Riesenproblem und das ist ein Problem, das Deby geschaffen hat, indem er eben die Wahlen gefälscht hat und indem er die Schlüsselpositionen besetzt mit Leuten aus seinem Clan. Das heißt Deby hat im Tschad keine Unterstützung als Präsident."

USA und Frankreich unterstützen Deby

Allerdings wird Deby vom Ausland unterstützt: Seit einigen Jahren sind die USA im Tschad aktiv. Sie bilden dort das Militär für den Kampf gegen den Terrorismus aus, andererseits fördern amerikanische Unternehmen Öl in dem Sahel-Land. Frankreich unterhält eine Militär-Basis in der Hauptstadt N'Djamena.

Auch politisch stellt sich die ehemalige Kolonialmacht hinter den Präsidenten, berichtet Martin Petry: "Frankreich unterstützt Deby ganz offen in Deklarationen. Jüngst gab es eine Rede zum 14. Juli des französischen Botschafters, in der dieser mehr oder weniger die tschadische Presse kritisiert. Im Grunde hat er ähnliche Worte gewählt, wie in der Anklage gegen diese Journalisten, dass sie zum ethnischen Hass aufrufen würden. So eine Wortwahl zeigt auch, dass es eine klare und offene Unterstützung von Frankreich für das Regime gibt."

Rebellen-Gruppen aktiv

Von der politischen Opposition haben Präsident Deby und seine Regierungspartei nicht viel zu fürchten, denn sie ist mit über 60 Parteien hoffnungslos zersplittert. Eine größere Gefahr geht hingegen von gut einem Dutzend Rebellen-Gruppen aus, die in verschiedenen Landesteilen aktiv sind. So wurde ein weiterer Journalist verhaftet, weil er über Rebellen im Osten des Tschad berichtet hatte.

Keine dieser Rebellen-Gruppen sei aber so stark, dass sie Präsident Deby stürzen könnten, meint der deutsche Tschad-Kenner Petry. Das einzig wirksame Gegengewicht sei die Zivilgesellschaft. Doch sie könne nur dann eine echte Rolle als Motor der Demokratisierung übernehmen, wenn es freie Medien gebe, so Petry: "Demokratisierung heißt ja nicht nur, dass politische Institutionen geschaffen werden, sondern dass es auch Pressefreiheit gibt, dass sich Zivilgesellschaft äußern und organisieren kann. In diesem Bereich findet im Tschad Demokratisierung statt. Zwar sehr langsam und zäh, aber es gibt nach wie vor sehr mutige Leute im Tschad, wie auch diese Journalisten, die versuchen, die Wahrheit zu schreiben, auch wenn sie dadurch unter Druck geraten."

Zivilgesellschaft entscheidend

Einen wichtigen Erfolg konnten die zivilgesellschaftlichen Gruppen zum Beispiel bei der Verwaltung der Öl-Einkommen erzielen. Bevor die Weltbank den Förderprojekten und dem Bau einer Pipeline zur Atlantik-Küste von Kamerun zustimmte, erstritten sie sich ein Abkommen, demzufolge 80 Prozent der Einnahmen in Entwicklungsprojekte fließen. Außerdem sind Nichtregierungsorganisationen mit vier Vertretern in einem neun-köpfigen Gremium beteiligt, dass alle Projekte prüft sowie die Umsetzung vor Ort kontrolliert. Das stellt ein Novum in der Region dar, wo ansonsten die Petro-Dollars ausschließlich von den Regierungen verwaltet werden und selten einen Segen für die Bevölkerung gebracht haben.