José Eduardo dos Santos: der "ewige" Präsident Angolas
Seit der Unabhängigkeit kennt Angola praktisch nur einen Präsidenten: Seit 1979 regiert José Eduardo dos Santos ununterbrochen. Doch er hat angekündigt, nach den für August 2017 geplanten Wahlen abtreten zu wollen.
Ingenieur der Petrochemie
Mit 19 Jahren schließt sich José Eduardo dos Santos der MPLA an. Die marxistisch inspirierte Bewegung kämpft für die Befreiung Angolas von der portugiesischen Kolonialherrschaft. 1963 erhält dos Santos ein Stipendium und studiert Petrochemie in Baku, das damals zur Sowjetunion gehörte. In der UdSSR wird er außerdem in Militärnachrichtentechnik ausgebildert. 1970 kehrt er nach Angola zurück.
Außenminister unter Neto
Nach der Unabhängigkeit von Portugal im Jahr 1975 bricht in Angola ein Bürgerkrieg zwischen den drei Unabhängigkeitsbewegungen MPLA, UNITA und FNLA aus. Die Hauptstadt Luanda kontrolliert die MPLA. Parteichef Agostinho Neto (Foto) wird erster Präsident des Landes und installiert ein Einparteienregime. Dos Santos wird erst Außen- und später Planungsminister.
Allianz mit dem Ostblock
Im September 1979 stirbt Neto in Moskau. Zehn Tage später wird dos Santos von der MPLA zum neuen Präsidenten Angolas gekürt. Er festigt die Allianz mit den kommunistischen Ländern im sogenannten Ostblock wie der UdSSR, Kuba oder Ost-Deutschland. 1981 besucht dos Santos die DDR und wird vom Generalsekretär der Sozialistischen Einheitspartei SED, Erich Honecker (links im Bild) empfangen.
Geteilte Welt: West gegen Ost
Während seines Aufenthaltes in der DDR besucht dos Santos 1981 auch das Brandenburger Tor und die Berliner Mauer. Beide sind Symbole für den Kalten Krieg und die Trennung der Welt in Ost und West. In Angola ist aus dem Kalten Krieg aber ein "Heißer Krieg", ein Stellvertreterkrieg, geworden: Der Westen, vor allem Südafrika und die USA, unterstützen die UNITA. Der Osten setzt auf die MPLA.
Seite an Seite mit Kuba
Vor allem Kuba greift der militärisch unter Druck geratenen MPLA-Regierung unter die Arme. 40.000 kubanische Soldaten kämpfen in Angola, zum Beispiel 1988 in Cuito Canavale. Die Schlacht ist eine der größten des Krieges. Drei Jahre später wird in Portugal ein erster Friedensvertrag unterschrieben.
Mehr Krieg trotz Friedensvertrag
In Folge des Abkommens finden 1992 die ersten Wahlen statt. Die MPLA erhält die Mehrheit im Parlament. Dos Santos schafft aber keine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen. Die nötige Stichwahl gegen Jonas Savimbi, den Führer der UNITA, findet nie statt. Der Krieg bricht wieder aus, weil die UNITA von Wahlbetrug spricht und sich weigert, die Wahlen anzuerkennen.
Der Westen verliert das Interesse
Nach dem Ende des Kalten Krieges verliert der Westen das Interesse am Bürgerkrieg in Angola. Die USA erkennen die MPLA-Regierung 1993 an. Diese gibt sich zunehmend kapitalistisch. Mit dem Ende der Apartheid in Südafrika verliert die UNITA ihren wichtigsten Verbündeten. 1994 wird ein weiteres Friedensabkommen geschlossen. Auch dieses scheitert. Dos Santos setzt nun voll auf die militärische Karte.
Allianz mit Kabila im Kongo
Im kongolesischen Bürgerkrieg kommt angolanisches Militär ab 1998 Laurent-Désiré Kabila (Foto) zur Hilfe. Dos Santos sorgt dafür, dass Kabila Präsident der Demokratischen Republik Kongo werden kann. Damit kann er der UNITA eines ihrer Rückzugsgebiete nehmen. Außerdem etabliert sich Angola so als eine führende Militärmacht im südlichen Afrika.
Totaler Sieg über Savimbi
Ein internationales Waffenembargo schwächt die UNITA, die international immer mehr isoliert ist. Am 22. Februar 2002 gelingt es Soldaten der Regierungsarmee den Anführer der UNITA, Jonas Savimbi (Foto), zu töten. Noch im selben Jahr schließen UNITA und MPLA-Regierung ein Friedenabkommen. Einer der blutigsten Bürgerkriege Afrikas mit einer Million Toten und vier Millionen Flüchtlingen ist zu Ende.
Überreste des Krieges
Viele Jahre nach dem Ende des Krieges sind im ganzen Land immer noch Zerstörungen sichtbar, wie auf diesem Bild aus dem Jahr 2009. Nach dem Krieg bleiben Militärs, Generäle und vor allem die Präsidentengarde das Machtzentrum um den angolanischen Präsidenten. Im Norden des Landes kommt es in der Enklave Cabinda bis heute zu militärischen Kämpfen mit der Separatistengruppe FLEC.
Wahlen verschoben und aufgehoben
Obwohl sie eigentlich für 1997 vorgesehen waren, finden die zweiten Parlamentswahlen der Geschichte Angolas erst 2008 statt. Die MPLA siegt mit 81,6 Prozent der Stimmen, die UNITA bekommt 10,4 Prozent. Es gibt Beschwerden, Wähler seien eingeschüchtert und die Wahlen schlecht organisiert worden. Die für 2009 versprochenen Präsidentschaftswahlen finden nicht statt. Dos Santos bleibt an der Macht.
Schwieriger Partner
2011 besucht die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Angola. Deutsche Unternehmer zeigen sich sehr interessiert, in Angola zu investieren. Doch nur wenige Projekte werden tatsächlich in den folgenden Jahren umgesetzt. Angola bleibt für Deutschland ein schwieriger Partner. Nur wenige Firmen wagen den Schritt in das südafrikanische Land.
Unterdrückung der Opposition
Inspiriert durch den Arabischen Frühling demonstrieren Jugendliche ab 2011 gegen dos Santos. Die Proteste werden von der Polizei brutal unterdrückt, Aktivisten festgenommen und verurteilt. 2013 erschießt die Präsidentengarde zwei Oppositionelle. Mitglieder der adventistischen Sekte "A Luz do Mundo" werden brutal verfolgt. Menschenrechtler werfen der Polizei zudem außergerichtliche Tötungen vor.
Endlich gewählt, aber nur indirekt
2010 ändert das Parlament die Verfassung und schafft die direkten Präsidentschaftswahlen ab. Präsident wird der Spitzenkandidat der Liste mit den meisten Stimmen bei den Parlamentswahlen. Die Wahlen 2012 gewinnt die MPLA mit 71,9 Prozent. Nach 32 Jahren im Amt hat dos Santos erstmals demokratische Legitimität. Beobachter kritisieren, die Opposition habe bei den Wahlen keine faire Chance gehabt.
Familienmensch
Neben dem Militär ist die Familie das zweite Machtzentrum von José Eduardo dos Santos. Er war mehrmals verheiratet. Aktuelle Ehefrau ist Ana Paula dos Santos (Foto), ein ehemaliges Modell. Er lernte sie kennen, als sie Stewardess im Präsidentenflugzeug war. Das Paar heiratete 1991 und hat vier Kinder. Bei den Wahlen 2017 wird Ana Paula dos Santos als Abgeordnete für die MPLA kandidieren.
Tocher Isabel ist die reichste Frau Afrikas
Aus dos Santos' erster Ehe mit der Tatiana Kukanova, einer russischen Schachmeisterin, stammt Tochter Isabel. Sie wurde durch eine Telekommunikationslizenz für ihre Firma Unitel zur reichsten Frau Afrikas. Aus seiner zweiten Ehe mit Filomena de Sousa, die im Außenministerium arbeitete, als dos Santos dort Minister war, stammt Sohn José Filomeno. Er leitet den staatlichen Investitionsfonds.
Partnerschaft mit China
China ist der neue Lieblings-Partner von dos Santos. Das Land ist Hauptabnehmer des angolanischen Erdöls und vergibt Milliarden-Kredite an Angola, um dort Infrastruktur-Projekte zu fördern. Mit dem Geld bauen chinesische Firmen ganze Stadtteile wie Kilamba Kiaxi (Foto) in Luanda. Im Gegensatz zum IWF oder westlichen Kreditgebern stellt China keine Anforderungen an Transparenz oder Menschenrechte.
Armut trotz Reichtum
Trotz Erdöl-Milliarden leben viele Angolaner noch immer in extremer Armut. Das Land hat eine der höchsten Kindersterblichkeitsraten der Welt. Inmitten der Hauptstadt Luanda findet man Viertel ohne Abwasser-Entsorgung. Viele Gesundheits-Dienstleistungen sind für Arme unbezahlbar, weil sie nur privat angeboten werden. Das Bildungssystem gilt ebenfalls als unterentwickelt.
Diskretion ist seine Marke
Dos Santos ist für diskretes Auftreten bekannt. Interviews oder gar Pressekonferenzen mit ihm haben Seltenheitswert. Auch hält er nur wenige Reden. In den vergangenen Jahren reiste dos Santos regelmäßig wochenlang nach Barcelona in Spanien, um sich dort gesundheitlich behandeln zu lassen. Seine Amtsdauer von 37 Jahren wird in Afrika nur von Teodoro Obiang in Äquatorial-Guinea übertroffen.
Angekündigter Nachfolger
Nachdem dos Santos angekündigt hatte, bei den für August 2017 vorgesehenen Wahlen nicht mehr zu kandidieren, hat die MPLA den Verteidigungsminister João Lourenço als Spitzenkandidat für die Parlamentswahlen und damit als seinen voraussichtlichen Nachfolger gekürt. Dos Santos bleibt Parteichef und wird daher weiter großen politischen Einfluss haben.