Joshua Sargent: Werders Abseitstor-Jäger
26. Februar 2021Er war sich selbst nicht sicher. Ein Blick zur Seitenauslinie, dann ein Blick zu den Mitspielern, schließlich ein Lächeln und ein für einen Stürmer höchst verhaltener Jubel. Soeben hatte der US-Amerikaner Joshua "Josh" Sargent im Freitagsspiel des 23. Bundesliga-Spieltags das 2:1 gegen Eintracht Frankfurt und damit den Siegtreffer für Werder Bremen erzielt. Noch einmal ein Blick auf die TV-Bilder, eine Nachfrage bei den Video-Schiedsrichtern, dann war die Sache klar. Jedenfalls offiziell. Zum Nachspiel kommen wir später.
Zum Leidwesen des Schiedsrichters
Der rothaarige Sargent macht es einem eben nicht leicht. Generell bei Werder nicht: Hatten sich die Fans doch mitunter eine höhere Torausbeute von dem gelernten Mittelstürmer aus O'Fallon/Missouri versprochen. Und in diesem Spiel nicht, weil er - vor allem zum Leidwesen des ohnehin sehr geforderten Schiedsrichters Robert Hartmann und seinen Assistenten - stets am Rande der Regelwerks operierte. Abseits? Nicht Abseits? Sargent: stets auf dem Sprung an dieser imaginären Linie. Und man hätte nicht behaupten können, dass die Frankfurter Verteidigung ihn dort bewusst bloßgestellt hätte.
Und so erzielte Sargent in der 28. Minute einen ersten Treffer, der nicht zählte: Abseitstor. Dann, nachdem Theodor Gebre Selassie das Bremer Team nach Rückstand (durch André Silva in der 9. Minute) wieder herangebracht hatte, in der 62. Minute jener Siegtreffer. Fünf Minuten später der nächste Schuss auf das Frankfurter Tor, den Kevin Trapp gerade noch parieren kann. In der 69. Minute ist Sargent dann auf der rechten Seite wieder durch und passt auf Schmid. Der trifft, was nichts nützt - denn: Abseits.
Das Wechselbad
Dieses Wechselbad zwischen "Richtig gut" und "Knapp daneben" ist es, was Sargents Spiel bei der Werder, bei der er seit 2018 unter Vertrag steht, auszeichnet. Man stelle sich nur einmal vor, aus den vielen Abseitspositionen wäre an diesem 23. Spieltag nichts geworden. Einmal mehr hätten Kritiker des Stürmers Futter gehabt. Doch an diesem Abend war es anders, zum Glück für Werder.
Doch es war nicht nur Glück. Als Sargent in der 79. Minute vorzeitig Feierabend machen darf und gegen Niklas Füllkrug ausgewechselt wird, hat er in diesem Spiel ein respektables Laufpensum hingelegt und damit umgesetzt, was Werder-Trainer Florian Kohfeldt vor der Partie gegen die zuletzt höchst erfolgreichen Frankfurter vorgegeben hatte. Es ging über den Kampf zum Spiel - zum Sieg.
Und was die Beurteilung von Sargent angeht, so sei schließlich noch dieser Hinweis erlaubt: Der Mann ist gerade erst 21 Jahre alt geworden. Ein Stürmer hat da in aller Regel die besten Jahre noch vor sich.
Und das Nachspiel? Die vielen engen und umstrittenen Szenen sorgten bis zum Ende der Partie und auch noch danach für heftige Diskussionen. Die beiden Trainer Kohfeldt und Adi Hütter gerieten bereits an der Seitenlinie verbal aneinander und stritten nach dem Schlusspfiff noch weiter. Frankfurts rustikaler Verteidiger Martin Hinteregger und der Bremer Füllkrug lieferten sich auf dem Weg in die Kabinen ein Handgemenge, wie die Deutsche Presse-Agentur berichte. Auch zwischen Kampf und Unsportlichkeit ist es oft ein ganz schmaler Grat.