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Der reichste Mann geht "in Rente"

5. Juli 2021

Er hat den e-Commerce-Riesen Amazon gegründet und ihn 27 Jahre geführt: Jeff Bezos. Jetzt zieht er sich vom Vorsitz zurück und hinterlässt große Fußstapfen für seinen Nachfolger Andy Jassy.

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USA | Amazon | Jeff Bezos
Bild: Andrej Sokolow/dpa/picture alliance

Es ist kein Zufall, dass Jeff Bezos die Verantwortung als Chef von Amazon gerade einen Tag nach dem amerikanischen Nationalfeiertag abgibt: Das Datum, der 5. Juli, steht nämlich auch für die Gründung von Amazon im Jahr 1994.

"Gerade jetzt, da wir Amazon am Höhepunkt seiner Innovationsfähigkeit erleben, ist der optimale Zeitpunkt für die Übergabe", so der Milliardär in einer Pressemitteilung. 

Er übergibt den Stab an Andy Jassy. Dieser hatte das Cloud-Geschäft des Konzern, Amazon Web Services (AWS), gegründet, das er zurzeit leitet.

Eine andere Art von Boss

Steve Anderson ist Experte für "strategische Risiken und Unternehmenswachstum" und er hat das Buch "The Bezos Letters - 14 Grundprinzipien, ihr Geschäft aufzuziehen wie Amazon" geschrieben. Was Bezos grundlegend von anderen CEOs unterscheide, sei, dass er Widerspruch herausfordere: "Er macht kein 'typisches Geschäft', er sieht Dinge völlig anders", so Anderson im DW-Gespräch.

Bei Amazon gebe es eine faszinierende Unternehmenskultur, die das Unternehmen auf der aktuellen Fortune's Liste der weltweit am meisten bewunderten Firmen auf Platz zwei gebracht hat: Eine Kultur der Kundenbesessenheit.

"Für Amazon gibt es drei Säulen: große Auswahl; niedrige Preise und schnelle Lieferung", sagt Anderson. "Wenn Sie von prompter Lieferung besessen sind, dann müssen Sie Wege schaffen, damit das auch geschehen kann."

Auch in Kleinigkeiten setzte Bezos Zeichen. 2004, sagt Anderson, verbat Bezos Power-Point-Präsentationen bei Amazon. Stattdessen bestand er darauf, von jeder Besprechung Protokolle auszudrucken, die dann gelesen und diskutiert wurden. Bezos glaubt, dass das Schreiben und Lesen dieser Dokumente für mehr Verständnis sorgt.

Aus einfachen Anfängen

Amazon hat seit seiner Gründung vor 27 Jahren in Bezos' Garage in Seattle im US-Bundesstaat Washington einen weiten Weg zurückgelegt. Amazon hat so schnell wie noch kein Unternehmen zuvor oder seitdem mehr als 100 Milliarden US-Dollar (84 Milliarden Euro) verdient - nach nicht einmal 15 Jahren.

Bezos war 30 Jahre alt, als er sich nach Seattle im Nordwesten der USA aufmachte - die Stadt war ein Hotspot für aufstrebende Tech-Startups. Seine damalige Ehefrau McKenzie Scott saß am Steuer und fuhr, während Bezos seinen Business-Plan für eine Online-Plattform aufzeichnete.

Mit dem Aufkommen des Internets sah Bezos die Gelegenheit, einen Online-Buchverkauf aufzubauen - mit dem World Wide Web als einer Welt voller Kunden.

MacKenzie Scott | Amazon Mitbegründerin
McKenzie Scott: Die ehemalige Frau an Bezos' Seite hat gemeinsam mit Jeff Bezos Amazon gegründetBild: Evan Agostini/Invision/AP/picture alliance

Rasanter Aufstieg

Nachdem er Freunde und Familienangehörige davon überzeugt hatte, in seine Idee zu investieren, begann er seinen Garagenbetrieb. Mit der Hilfe von McKenzie Scott war Amazon geboren. Das Unternehmen wuchs rasant und schon bald wurde das erste Amazon-Motto aufgestellt: Werde groß, werde schnell groß!

Als Bezos bewiesen hatte, dass er erfolgreich Bücher über das Internet verkaufen konnte, begann er, alles mögliche anzubieten: Spielzeug, Werkzeuge und vieles mehr. Amazon öffnete seine Plattform auch anderen Händlern. Als Amazon immer mehr Kunden anzog, wurde die Plattform bei kleinen und großen Händlern immer beliebter, die glaubten, auch auf dieser Plattform präsent sein zu müssen.

Amazon heute

Amazon ist zu einem e-commerce-Moloch herangewachsen. Laut eMarketer, ein auf das Digital-Geschäft spezialisierter Marktbeobachter, hat das Unternehmen in diesem Jahr bereits 367 Milliarden Dollar eingenommen.

Das Firmenmotto "Werde groß, werde schnell groß" hat dem Unternehmen allerdings nicht gerade zu makellosem Ansehen verholfen. Amazon wird dafür kritisiert, Arbeiterrechte zu missachten, Verlagshäuser unter Druck zu setzen oder Kundendaten zu missbrauchen. Und Lagerarbeiter, die auf Schritt und Tritt überwacht werden, beschweren sich, dass sie an ihre Grenzen getrieben werden.

In seiner letzten Nachricht an die Shareholder antwortete Bezos den Kritikern: "Unseren Angestellten wird mitunter nachgesagt, sie seien verzweifelte Seelen und würden wie Roboter behandelt. Das ist nicht korrekt. Sie sind kultivierte und nachdenkliche Menschen, die die Option haben, auch anderswo zu arbeiten."

Neuer Amazon CEO Andy Jassy
Andy Jassy, Gründer und Chef von Amazons Cloud-Dienst AWS, wird der Nachfolger von Bezos als CEOBild: Patrick Fallon/ZUMA Wire/picture alliance

"Von Beginn an machten sein Ehrgeiz und seine hohen Standards es herausfordernd, für Amazon zu arbeiten", sagt Anderson. "Ich denke, dass seine Einsicht, das funktioniere nicht optimal, seine Einstellung etwas aufgeweicht hat."

Verkäufer auf seiner Plattform beklagen sich ebenfalls über Amazon: Über steigende Verkaufsprovisionen, über erschwerten Zugang zu ihren eigenen Kundendaten oder willkürliche Sperrungen von Verkäuferkonten.

Der Wechsel

Als Absolvent der Harvard Business School war der Bezos-Nachfolger Andy Jassy 1997 zu Amazon gekommen. Er hatte verschiedene Führungsposten innerhalb der Firma bekleidet, bevor er AWS gründete, das Cloud-Computing-Plattformen bereitstellt.

In seinen Anfangsjahren hatte er Bezos über die Schulter geschaut. "Meiner Ansicht nach ist Andy der natürliche Nachfolger, um den Vorstandsvorsitz zu übernehmen", urteilt Steve Anderson.

Der Wechsel an der Spitze markiert das Ende einer Ära für Amazon. Doch als größter Anteilseigner, Chef des Verwaltungsrates und als reichster Mensch der Welt, wird Jeff Bezos weiterhin sehr einflussreich bleiben.

Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen übersetzt