"Brexit könnte in Osteuropa Schule machen"
19. Juni 2016Die Gegner der Europäischen Union und der europäischen Integration in den osteuropäischen Staaten könnten sich ermutigt fühlen, fürchtet der luxemburgische Chefdiplomat. "Es ist nicht auszuschließen, dass ein Brexit zu einem Dominoeffekt in Osteuropa führt", sagte Jean Asselborn dem "Tagesspiegel am Sonntag". Er stelle sich gelegentlich die Frage, ob es nicht ein stilles Einvernehmen zwischen dem britischen Regierungschef David Cameron und dem Vorsitzenden der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, gebe, zitiert ihn das Berliner Blatt weiter. Asselborns Resumee: "Beide scheinen in ihrer kritischen Haltung gegenüber der EU gemeinsame Sache zu machen".
"Historischer Fehler"
Cameron habe einen "historischen Fehler gemacht", sich wegen des EU-Streits bei den britischen Konservativen "überhaupt auf ein Referendum einzulassen", sagte Asselborn. Zugleich schloss der luxemburgische Außenminister Nachverhandlungen aus. "Wenn sich die Briten für den Brexit entscheiden, dann ist der Brexit Realität".
Asselborn appellierte an die EU-Mitglieder, an ihrem Integrationskurs unbeirrt festzuhalten. Auch bei einem Brexit müsse "das europäische Friedensprojekt fortgesetzt werden", mahnte er insbesondere auch die EU-Gründerstaaten. Asselborn gehört zu den Teilnehmern eines Außenministertreffens dieser Staaten in Berlin - zwei Tage nach dem britischen Referendum. "Nicht weniger, sondern mehr Europa", müsse die Botschaft sein, die von diesem Treffen ausgehe, so der Minister.
Großbritannien "würde sich isolieren", warnte Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron in der Pariser Zeitung "Le Monde". Großbritanniens Bedeutung auf der Weltbühne wäre dann vergleichbar mit der Kanalinsel Guernsey - ein kleinerer Handelsposten am Rande Europas, meinte er abschätzig.
Die Botschaft Richtung London müsse daher klar sein: Ein Brexit hätte ernste Konsequenzen. "Entweder seid ihr drin oder draußen."