Japans Chipindustrie ruht
16. März 2011Japanische Chiphersteller haben ihre Produktion während des Erdbebens im ganzen Land heruntergefahren. Bei den geringsten Erderschütterungen werden die Maschinen sofort und automatisch angehalten und die gesamte Produktion gestoppt, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Eine Wiederaufnahme der Fertigung in Japan stehe nicht auf der Agenda. Die Fabriken müssten erst auf Schäden untersucht werden, denn für die Herstellung von Chips sind Fabrikhallen notwendig, die quasi staubfrei sein müssen. Untersuchungen dieser Art können Wochen und Monate dauern.
Zwar wurde keines der großen Halbleiterwerke zerstört, doch werden nach Einschätzung von Branchenanalysten und Industrievertretern die Folgen des Bebens zu Lieferengpässen und Preiserhöhungen für Komponenten elektronischer Geräte wie Computer oder Mobiltelefone führen. "Das Beben wird in den nächsten Quartalen wohl ziemlich große Folgen für diese Industrie haben", zitiert die Zeitung Len Jelinek, Marktbeobachter vom Analystenhaus IHS iSupply. Es könne kurzfristig zu enormen Preisaufschlägen kommen, meint Jim Handy von Objective Analysis.
Global aufgestellt
Weitaus gelassener sieht das der deutsche IT-Branchenverband BITKOM. "Viele der japanischen Hersteller sind global aufgestellt und produzieren auch außerhalb des Landes in der Nähe ihrer Absatzmärkte", sagt BITKOM-Präsident August-Wilhelm Scheer. Mit Lieferengpässen in Deutschland bei Geräten sei deshalb vorerst nicht zu rechnen. Zwar könne es bei einzelnen Herstellern und bestimmten Teilen zu Engpässen kommen, doch im weltweiten Maßstab sei die Versorgung nicht gefährdet.
Japanische Chiphersteller zählen zu den wichtigsten Herstellern und Lieferanten. Sie machen ein Fünftel des Branchenumsatzes von insgesamt 300 Milliarden Dollar auf der Welt aus. Auch Telekomausrüster sind auf Lieferungen aus Japan angewiesen. Das schwedische Unternehmen Ericsson sieht im ersten Quartal keine Auswirkungen des Erdbebens in Japan auf sein Geschäft. Effekte auf die Versorgung mit Chips und Komponenten würden jedoch nicht ausbleiben. Noch sei es zu früh, deren Ausmaße abzuschätzen.
Deutschland importierte aus Japan im Jahr 2010 Hightech-Produkte im Wert von 1,8 Milliarden Euro. Davon entfallen 730 Millionen Euro auf Unterhaltungselektronik wie Fernseher und Digitalkameras, 670 Millionen Euro auf IT-Produkte wie Computer, Drucker und Peripheriegeräte. Rund 430 Millionen Euro entfallen auf Kommunikationstechnik. Das entspricht vier Prozent aller Einfuhren in diesen Marktsegmenten.
Autor: Rolf Wenkel (dapd, BITKOM)
Redaktion: Monika Lohmüller