Japan: Sterben in den eigenen vier Wänden
Viele unheilbar kranke Menschen in Japan entscheiden sich dafür, im Krankenhaus zu sterben. Doch einige scheiden bewusst in den eigenen vier Wänden aus der Welt - oder werden durch die Umstände dazu gezwungen.
Mit Rin an seiner Seite
Mitsuru Niinuma ist unheilbar an Lungenkrebs erkrankt. Seine letzten Wochen verbringt der 69-Jährige in seiner Wohnung in Tokio. So kann er seinen geliebtem Dackel Rin an seiner Seite haben und viel Zeit mit seinem Enkel verbringen. "Zuhause gepflegt zu werden, erlaubt es den Menschen, ihre Fähigkeiten so lange wie möglich zu nutzen", findet er. "Das geht nicht im Krankenhaus."
Die Puzzles vom Enkel
In den eigenen vier Wänden statt in einem anonymen Krankenhauszimmer zu sterben: Das wünschen sich Patienten wie Mitsuru Niinuma. Sein Zimmer ist dekoriert mit Puzzles, die sein Enkelsohn zusammengesetzt hat. Regelmäßig besucht eine Physiotherapeutin den 69-Jährigen, massiert seine vom ständigen Liegen steif gewordenen Beine.
Im Krankenhaus nahm die Demenz zu
Yasudo Toyoko lebt im Haus ihrer Tochter Terada in Tokio. Die 95-Jährige ist an Bauchkrebs und Demenz erkrankt, ihre Tochter pflegt sie. Im Krankenhaus wirkte ihre Mutter schwach, die Demenz wurde schlimmer, erzählt sie. Deshalb beschloss die Tochter, ihre Mutter zu sich zu holen.
Nicht alle wollen zu Hause sein
Nicht jeder entscheidet sich bewusst, zuhause gepflegt zu werden. Im September ist Katsuo Saito an Leukämie gestorben. Eigentlich wollte er seine letzten Monate in einem Hospiz verbringen, doch die Wartelisten dafür waren lang. Erst zwei Tage vor seinem Tod konnte der 89-Jährige in ein Hospiz verlegt werden.
Prognose: 500.000 Betten zu wenig
Betten in Krankenhäusern und Hospizen sind knapp in Japan. Das Land hat eines der höchsten Durchschnittsalter der Welt -Tendenz: steigend. Gesundheitsbehörden sagen voraus, dass 2030 fast eine halbe Million Betten in den Krankenhäusern fehlen werden.
Kein Geld fürs Krankenhaus
Yasuhiro Sato hat Lungenkrebs im Endstadium, gerne würde er in ein Krankenhaus ziehen. Doch das kann sich der Pensionär – wie auch viele andere unheilbar kranke Patienten - nicht leisten. Ein Zimmer im Krankenhaus bezahlt die Krankenkasse nur in Ausnahmefällen. "Reiche Leute, wie Politiker oder Sänger, die können alles mit Geld regeln. Die können Einzelzimmer [im Krankenhaus] bekommen", meint er.
Der mobile Arzt
Der Arzt Yuu Yasui (rechts) führt eine mobile Klinik, die Hospizpflege anbietet. Über 500 unheilbar Kranke hat er so bis zum Tod begleitet. Ein wichtiger Job, findet er: "Es ist gut, dass ein Arzt Menschen unterstützt, die sich entschlossen haben, ihre letzten Tage zuhause zu verbringen und dort ihren Tod zu finden, wo sie ihr Leben verbracht haben."
Ein einsamer Tod
Manche Patienten von Doktor Yasui leben bei Familienmitgliedern oder bekommen regelmäßig Besuch von Angehörigen. Doch zuhause zu sterben bedeutet für einige auch, einsam zu sterben. Yusuhiro Sato hat keine engen Verwandten in Tokio, die Besuche von Dokotor Yuu Yasui und den Krankenpflegern sind seine einzigen Kontakte zur Außenwelt.
"Leise ins Jenseits gehen"
"Es ist okay so. Ich bin niemandem eine Last", sagt Yasuhiro Sato. "Ich werde leise ins Jenseits gehen. Alleine." Am 13. September 2017 hört er auf, zu atmen. Wenig später empfangen Ärzte und Pfleger die Bestatter.