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Bernhard: "DFB muss alte Zöpfe abschneiden"

Tobias Oelmaier
20. Mai 2021

Neun Frauen aus dem Fußball wollen den DFB umkrempeln. Eine davon ist Jana Bernhard, Geschäftsführerin der Sport-Sponsorenvereinigung S20. Im DW-Interview erklärt sie die Ziele des Vorstoßes.

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Deutschland Jana Bernhard Sponsorenvereinigung S20
Bild: Sophie Schüler

Neun Frauen, acht zentrale Forderungen, eine klare Botschaft: So wie bisher kann es im organisierten Profifußball nicht weitergehen,Geschlechtergerechtigkeit muss her. Die Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen mit Fußball zu tun haben, präsentierten in dieser Woche ihr Projekt "Fußball kann mehr". Die Initiatorinnen sind Nationaltorhüterin Almuth Schult, Ex-Nationaltorfrau Katja Kraus, Ex-Bundesliga-Spielerin Katharina Kiel, Ex-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb, die TV-Moderatorinnen Claudia Neumann und Gaby Papenburg, die Aufsichtsratschefin des Zweitligisten FC St. Pauli, Sandra Schwedler, Fansprecherin Helen Breit - und Jana Bernhard. Die Geschäftsführerin des Sportsponsoren-Bündnisses S20 erläutert im DW-Interview die Initiative:

DW: Sie haben einige Jahre für die Deutsche Fußball Liga (DFL) gearbeitet und kennen dadurch auch den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Sind die Probleme im DFB "männerspezifisch", wären sie also mit mehr Frauen im Präsidium - aktuell gibt es genau eine - oder an den Landesverbandsspitzen nicht aufgetreten?

Jana Bernhard: Ich hatte bei der DFL relativ wenige Schnittstellen mit dem DFB, weil mein Aufgabenbereich in der Internationalisierung lag. Dadurch hatte ich mehr Kontakte zu den Vereinen. Aber auch dort ist das Fehlen von Frauen sehr eindeutig sichtbar.

Der Ansatz unseres Positionspapiers zielt gar nicht auf die Führungsgremien im DFB. Dahinter steckt vielmehr ganz grundsätzlich die Forderung nach Veränderung in beiden Verbänden sowie auch in den Vereinen. Es ist wissenschaftlich belegt, dass diverse Teams auch bessere Ergebnisse hervorbringen. Wir sind überzeugt davon, dass es auch beim DFB so wäre, wenn es dort mehr Frauen geben würde.

Wie kam es dazu, dass sich diese Frauen-Gruppe formiert hat?

Wir haben uns zu Beginn auf ganz unterschiedlichen Kanälen ausgetauscht, weil wir mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen als Frauen, die im Sport und vor allem im Fußball aktiv sind, zusammengefunden haben. Nach einem dann folgenden regelmäßigen Austausch über digitale Wege haben wir das klare Ziel ausgegeben, diese Situation verändern zu wollen. Angetriggert war das sicherlich auch durch die Task Force "Zukunft Profifußball". Spannend an unserer Gruppe ist, dass wir aufgrund der unterschiedlichen Hintergründe auch unterschiedliche Perspektiven vereinen. Wir sind glücklich, dass wir das Papier jetzt veröffentlicht haben und hoffen, damit auch einen Stein des Anstoßes zu geben.

Sie stehen als Geschäftsführerin der Sponsoren-Vereinigung S20 für die Wirtschaft. Haben Sponsoren ein Interesse an mehr Diversität im Fußball?

Absolut! Das kann ich zu hundert Prozent mit ja beantworten. Das war auch eine der Positionen, die wir in die Task Force "Zukunft Profifußball" eingebracht haben. Dort waren wir als S20 auch vertreten. In der Wirtschaft gibt es inzwischen diversere Teams, die dann auch bessere Ergebnisse erzielen. Die vielen Streitereien, die es derzeit im deutschen Fußball, aber auch sonst im deutschen Sport gibt, darf es nicht mehr geben. Mehr Ruhe und Good-Governance-Strukturen sind auch klare Forderungen der Sponsoren.

Haben Sie auch versucht, Männer mit ins Boot zu holen?

Ja. Wir haben eine begleitende Social-Media-Kampagne aufgesetzt, wo wir einige, auch namhafte Männer mit ins Boot geholt haben. Auch der gerade zurückgetretene DFB-Präsident Fritz Keller unterstützt die Kampagne. In unserer Gruppe haben wir allerdings keine Männer, weil wir alles innerhalb kurzer Zeit auf die Beine gestellt haben und die Gruppengröße beherrschbar bleiben musste.

Da fehlen ein paar prominente Namen aus dem Frauenfußball: Silvia Neid, Hannelore Ratzeburg, Steffi Jones… Sind die alle zu nah dran am aktuellen DFB?

Ich glaube nicht unbedingt, dass sie zu nahe dran sind. Es haben auch mit einigen dieser Personen Gespräche stattgefunden. Wir glauben aber, dass es für jemanden, der in Verbindung mit dem Verband steht, schwieriger ist, solche Positionen zu vertreten und sie dann auch nach außen zu kommunizieren.

Könnten Sie die zentralen Forderungen ihrer Initiative kurz zusammenfassen?

Wir haben insgesamt acht konkrete Forderungen aufgestellt. Ganz verkürzt dargestellt, fordern wir einen verbindlichen Frauenanteil von 30 Prozent bei den Verbänden und Vereinen, was unserer Meinung nach bis 2024 erreicht werden kann und muss. Das ist möglich, wenn man einen Unterbau von 50 Prozent auf der zweiten Führungsebene schafft.

Wir fordern Gehaltstransparenz, gleiche Bezahlung für den gleichen Job, konsequentes Sanktionieren jeglicher Form von Sexismus und eine gender-gerechte Sprache.

Sie fordern eine 30-Prozent-Frauenquote und bringen auch ganz selbstbewusst eine weibliche DFB-Präsidentschaft ins Spiel, Ex-Nationaltorfrau Katja Kraus ist da im Gespräch. Ist das auch Verhandlungstaktik, mit Maximalforderungen anzutreten, um dann einen Kompromiss herauszuschlagen oder sagen Sie: Nur mit einer DFB-Präsidentin können wir wirklich Reformen durchsetzen, sonst werden wir eh abgebügelt von den alten Männerseilschaften?

Es geht uns, wie gesagt, nicht um die Führungsgremien im DFB, sondern darum, ganz grundsätzlich strukturell etwas zu verändern. Wir glauben, dass alte Zöpfe abgeschnitten werden müssen, damit ein Neuanfang stattfinden kann. Man hat in den letzten Jahren gesehen, dass dieser nur durch Verschiebungen nicht gestaltet werden kann. Es müssen zunächst Profile erstellt werden. Dem Verband muss klar sein, wo er hin will. Erst dann sollte man die geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten casten und in Position bringen.

Hat es denn schon Resonanz auf ihren Vorstoß gegeben vom DFB?

Ja, das hat es. Wir haben sowohl im Vorfeld zur Veröffentlichung des Positionspapiers Gespräche mit Fritz Keller und Heike Ullrich vom DFB wie auch mit Christian Seifert von der DFL geführt. Die Resonanz war bei beiden Institutionen positiv.

Jana Bernhard ist Geschäftsführerin der Vereinigung der 20 namhaftesten Sportsponsoren in Deutschland. Sie ist Betriebswirtin mit einem Master in Sportwissenschaften. Bevor Bernhard zu S20 wechselte, war sie unter anderem für die Deutsche Fußball Liga (DFL) im internationalen Marketing tätig.

Das Interview führte Tobias Oelmaier.