Jamaika ganz oben: Balkone der Weltgeschichte
"Hallo? Hier sind wir. Hier oben!" Erhaben, auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft, lassen sich die Koalitions-Sondierer knipsen. Schön! Der eigentliche Star ist aber: der Balkon. Ein kleine Chronik.
Wie ein Gemälde von Bruegel
Links eine Grüne, rechts ein FDP-Mann mit Krawatte. Die Schönheit in der Mitte. Am 19. Oktober entstand diese Aufnahme, die man so nicht hübscher hätte inszenieren können. Man fühlt sich an ein Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren erinnert. Niederländische Renaissance - in Berlin unter anderem in der Staatlichen Gemäldegalerie zu sehen. Allerdings anders, als unsere Jamaika-Helden hier: in Öl.
Mehr Hüte in London
In Berlin sind die weiblichen Jamaika-Unterhändler die ansehnlicheren, oder? Auch auf diesem Balkon des Buckingham-Palastes in London geben die Damen das schönere Bild ab. Wobei ... darf man die Queen profan als "Dame" bezeichnen? Egal. Dass in Berlin Hutkreationen königlicher Manufakturen fehlen, verschafft hier den Damen Camilla, Eugenie, Elizabeth, Beatrice und Kate (v.l.) klare Style-Vorteile.
"Shocking": Zurück in Berlin
Da wir schon bei Hoheiten sind: Auch der "King of Pop" versuchte sich in Berlin an einer Balkon-Szene. November 2002, die ganze Stadt ist aus dem Häuschen: "Michael Jackson is in the house", wie man heute sagt. "The house" war damals das Hotel Adlon. Und die Balkonszene wäre fast schief gegangen, weil der Star seinen neun Monate alten Sohn vorzeigen wollte, was beinahe außer Kontrolle geriet.
Tipp für Jamaika-Politiker: Winkewinke!
Ein Faux-Pax würde ihnen nicht passieren: Willem-Alexander und seine Frau Maxima in Amsterdam machen das mit dem Vorzeigen der Kinder viel eleganter. Dass Catharina-Amalia, Ariane und Alexia (v.l.) hier gelb tragen, ist auch aus FDP-Sicht reiner Zufall. Vielleicht könnte man den Politikern in Berlin den Hinweis geben: Winken kommt gut! Auch der Balkon ist schöner, aber wir sind ja auch bei Königs.
"Don't cry for, Argentina"
Mehr winken! Das sieht man auch bei dieser Lady hier: Eva Peron, zweite Frau des argentinischen Präsidenten Juan Peron. Sie hat, wie zum Beispiel hier am 17. Oktober 1950, so effektvoll vom Balkon des Regierungssitzes hinabgewunken, dass viele Menschen in Argentinien heftig trauerten, als "Evita" nicht mehr winken konnte. Im Musical singt die Herrscherin vorsorglich: "Don't cry for me, Argentina!"
Schnell wieder rein: Der einzige Austritt
Manche haben auf dem Balkon ihre Bierkästen. Für den Mann hier ist der Austritt der ecuadorianischen Botschaft in London seit Jahren der einzige Auslauf: Wikileaks-Gründer Julian Assange zeigt sich da gelegentlich der Presse, weil er bei weitgehenderen Ausflügen die Verhaftung und Auslieferung fürchten müsste. Auch wenn die Vorwürfe wegen Vergewaltigung inzwischen fallengelassen wurden.
"Wir sind heute zu Ihnen gekommen ..."
Während Julian Assange ein tragischer Held ist, hat es der Hauptredner auf dem Balkon der Deutschen Botschaft in Prag tatsächlich zu Helden-Status gebracht. Man kann ihn hier kaum erkennen, aber viele erinnern sich an die Worte, die Hans-Dietrich Genscher an die DDR-Flüchtlinge richtete. Ausreise! Da können sich die FDP-Politiker in Jamaika noch so anstrengen: An Genscher reichen sie nicht heran!
Als aus Jorge Mario der Papst wurde
Eine mindestens gleichwertige Rolle in der Geschichte spielt dieser Balkon hier im Vatikan, der gerne in hübschen Rot-Tönen gehalten ist. Auch hier sind viele TV-Kameras eingeschaltet an Tagen wie an jenem 14. März 2013, als aus dem argentinischen Erzbischof Jorge Mario Bergoglio der neue Papst wurde, der nun unter dem Namen Franziskus bekannter ist. Interessantes Detail: viele Brillenträger!
Ohne Brille auf dem Indoor-Balkon
Wobei wir bei älteren Herren und einer Sonderform sind: dem Indoor-Balkon. Theater- oder Opernbesucher kennen das: Man hat einen guten Blick auf die Bühne und trotzdem manchmal schlechte Laune wie die Großkritiker Waldorf (links) und Statler, die dem Muppets-Gründer Jim Henson eingefallen sind. Was sie auf der Bühne sehen, gefällt ihnen... manchmal. Kleines Detail hier: Sie kommen ohne Brille aus.
Das "Feierbiest" hieß nicht Jupp
Auf diesem Bild aus dem Jahr 2010 müssen Sie sich, liebe DW-Leser, den Balkon hinzudenken. Seien sie aber versichert, dass sich das Geschehen auf einem Balkon am Münchner Marienplatz abspielte. Bayern München ist in jenem Jahr ausnahmsweise Deutscher Fußball-Meister geworden. Und das, obwohl der Trainer damals ausnahmsweise nicht Jupp hieß, sondern Louis. Er nannte sich selbst: "das Feierbiest".
Mann mit Mikros: Fidel Castro
Es fällt auf, dass Redner auf Balkonen eine Verstärkungsanlage brauchen, wenn sie zu ihrem Volk sprechen wollen. Fidel Castro macht dabei am 3. Februar 1984 keine Ausnahme. Der "Maximo Lider" in Kuba steht bei dieser Rede übrigens auf demselben Balkon, auf dem er 25 Jahre zuvor den Sieg dessen gefeiert hatte, was er Revolution nannte. Ganz schön haltbar, dieser Balkon. Und der Castro auch.
Romeo und Julia sind gerade aushäusig
Allerhöchste Zeit, in dieser Bildergalerie für Romantik zu sorgen. Dazu begeben wir uns nach Verona, wo sich Urlauber gerne diesen Balkon ansehen. Julia soll hier gewohnt haben. Ob die Touristen auch das Stück von William Shakespeare über Romeo und Julia und deren verfeindete Familien gelesen haben, steht auf einem anderen Blatt. Das Liebespaar ist sowieso nie da, wenn wir es sehen wollen. Mist!
Holly Golightly und ihr Balkon für Arme
Wenn wir schon nicht Romeo und Julia zeigen können (siehe vorheriges Bild), dann wollen wir dringend für Ersatz sorgen: Sie sehen Audrey Hepburn als Holly Golightly im Film "Breakfast bei Tiffany's"! Hier singt sie gerade "Moon River". Holly sitzt dabei im Fenster zur Feuerleiter. Ein Balkon für Arme, sozusagen. Aber eine irre Filmszene. Könnte am Ende auch ein schöner Soundtrack für Jamaika sein.
Etwas unscharf, aber historisch
Aber wir wollen ja nicht vergessen, dass es hier eigentlich um Politik und die Herrschenden geht. Also blicken wir nochmal schwer zurück bis ins Jahr 1918: Als der SPD-Politiker Philipp Scheidemann vom Reichstag in Berlin aus die erste deutsche Republik ausruft, steht ihm auch ein rustikaler Balkon zur Verfügung. "Es lebe das Neue", will Scheidemann seinen Memoiren zufolge gerufen haben.
Mit Hut, aber ohne Zukunft
Über die Rolle von Kopfbedeckungen bei Balkon-Auftritten ist (siehe Bild 2) hier bereits gesprochen worden. Auch der hier trägt Hut, das hat ihm aber nicht geholfen. Nicolae Ceausescu hält eine Rede in Bukarest, es ist der 24. November 1989. Vier Mikrophone und ein erhobener Zeigefinger konnten nicht verhindern, dass der Tonfall eher unversöhnlich geriet. Ein Monat später Rumäniens Diktator tot.
Wo die Welt noch in Ordnung ist
Was also gehört auf einen schönen Balkon? Ein Bierkasten wäre gut ( ... haben wir schon gelernt, siehe Bild 8). Außerdem Geranien-Kästen, Vogelfutter, eine Markise und - gerade in Zeiten internationaler Fußball-Wettbewerbe - eine "...Schland"-Fahne. Hier ist die Welt noch in Ordnung! Merkt Euch das, liebe Jamaika-Unterhändler. Und holt Euch keinen Schnupfen da draußen.