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Jürgen Schrempp hat sich verfahren

Henrik Böhme7. April 2005

Es gibt Tage, da sollte man eigentlich besser im Bett bleiben. Der Mittwoch war so ein Tag für Jürgen Schrempp. Der Tag der Hauptversammlung war der Tag der Abrechnung. Es hagelte Kritik für den DaimlerChrysler-Chef.

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Der deutsch-amerikanische Autobauer steckt im Schlamassel, und die passende Kleidung für den Konzernlenker wäre eigentlich eine Feuerwehr-Uniform. Denn es brennt an allen Ecken und Enden – und kaum ist irgendwo ein Brandherd gelöscht, taucht an der nächsten Ecke ein neuer auf.

Große Träume

Jürgen Schrempp aber träumt nach wie vor seinen Traum vom Welt-Konzern. Den träumt er nun schon zehn Jahre - seit er das Ruder bei Deutschlands größtem Industrieunternehmen übernommen hat. Damals war Daimler gerade auf dem Weg zum "integrierten Technologiekonzern". Doch auch das war schon ein Milliardengrab – und so fegte Schrempp die Vision seines legendären Vorgängers Edzard Reuter vom Tisch und begann – richtig: zu träumen. Drei Jahre später plauderte er auf der Automesse in Detroit mit dem Boss vom Chrysler.

Ein halbes Jahr später, im Mai 1998, verkündete Schrempp die Fusion der beiden Unternehmen zum führenden Automobilhersteller des 21. Jahrhunderts. Gleich nach der Fusion rutschte die neue amerikanische Tochter in die Krise. Das hielt Schrempp nicht davon ab, beim defizitären japanischen Hersteller Mitsubishi einzusteigen. Ein Marktanteil von 25 Prozent war das Ziel – davon ist heute nichts zu sehen. Stattdessen gab´s Ehekrach mit den Japanern – und der endete mit der Scheidung.

Schmerzhafte Einschnitte

Mittlerweile ist wenigstens Chrysler saniert – zum Preis von 26.000 Entlassungen – da häufen sich Qualitätsprobleme beim Aushängeschild des Konzerns: Mercedes-Benz, die Marke mit dem Stern, musste die größte Rückrufaktion in der Unternehmensgeschichte starten. Und als sei dies alles noch nicht genug, kamen die Manager in Stuttgart nicht mehr umhin, auch bei der chronisch defizitären Kleinwagensparte "smart" die Notbremse zu ziehen. Das alles kostet Geld, viel Geld. Milliarden, die den Gewinn des Unternehmens schmälern. Das ärgert die Aktionäre – besonders wenn der Chef des Konzerns sich gern zu Gute hält, den "Shareholder Value" nach Deutschland gebracht zu haben.

Glanzloser Stern

Auf der Hauptversammlung gab sich Schrempp verständnisvoll. Das hat zumindest noch dieses Mal gewirkt. Er und sein Vorstand – eben noch als "Pannentruppe" beschimpft, kamen mit Kratzern im Lack davon. Das Image von Deutschlands einstiger Auto-Ikone aber ist heftig beschädigt. Der Stern hat seinen Glanz verloren. Der Mann am Steuer hat sich verfahren.