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Itsy Bitsy Teenie Weenie - Strandbikini

Marcus Bösch31. März 2004

"Ein hübsches Nichts, das Sie da beinahe anhaben", bringt James Bond das Wesen des Bikinis auf den Punkt. Beate Berger erzählt die Kulturgeschichte des knappen Zweiteilers. Und klärt auf, was Bikini eigentlich bedeutet.

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Der Bikini sitzt - auch bei Halle BerryBild: dpa

Louis Réard hat Nerven. Der ehemalige Maschinenbau-ingenieur klaut einem Pariser Couturier die Idee für einen zweiteiligen Badeanzug und marschiert mit einer schlichten Zeichnung ins Patentamt. Er lässt sich die Idee von "vier kleinen Stoffdreiecken mit Schnüren" patentieren und benennt seine Errungenschaft nach einem - gerade von den Amerikanern mit einer Atombombe versehenen - Pazifik-Atoll. Wir schreiben das Jahr 1946 und Monsieur Réard hat seinen größten Coup noch vor sich. Der geschäftstüchtige Zeitgenosse plant einen spektakulären Rahmen für die Präsentation seiner Bikini-Kreation: Eine Miss-Wahl für Pariser Badenixen.

"Sie sah flott aus!"

Linda Stirling
Linda Stirling mit BikiniBild: AP

Wer bisher annahm, die Geschichte des Bikinis ließe sich im Großen und Ganzen auf ein paar Zentimeter Stoff beschränken, der irrt. Allein die Entstehungsgeschichte des "intimsten Kleidungsstückes, das Frauen öffentlich tragen" lohnt, in Gänze erzählt zu werden. Die Kölner Journalistin Beate Berger hat dem Bikini ein Buch gewidmet. Auf 271 Seiten erzählt sie die Sittengeschichte des Zweiteilers. Und begibt sich auf ungeahnte Grenzgänge zwischen Politik, Mode-, Moral- und Sexualgeschichte. Schließlich habe kein anderes Kleidungsstück die Menschen derart begeistert und zugleich so provoziert und empört.

Bei Réards Miss-Wahl im mondänen Freibad Molitor überwiegt im Sommer 1946 die spontane Bikini-Begeisterung. "Hunderte von Journalisten und Fotografen mit ihren Blitzlichtern", urteilt Mannequin Micheline Bernardini, die Réards gewagten Zweiteiler präsentiert. "Tief beeindruckt und verstört" äußert sich Redakteur William Atwoord von der "International Herald Tribune" in Anbetracht der kleinen Stoffdreiecke. Atwoord war gleich mit dem kompletten Kollegium der Pariser Redaktion ins Molitor gefahren. Kein Ressortchef hatte auf den delikaten Termin verzichten wollen. "Sie sah flott aus!", konstatiert Redaktionsleiter John O`Reilly.

Ein hübsches Nichts

Unmittelbar nach seiner Premiere erhält der Bikini jedoch nahezu weltweites Badeverbot. In Amerika, in Europa und sogar im brasilianischen Rio de Janeiro formiert sich eine Anti-Bikini-Front. Eine ungeahnte Allianz aus gläubigen Katholiken, entsetzten Mode-Redakteuren und eingeschüchterten Otto-Normalverbrauchern lehnt die französische Philosophie des "Je-weniger-desto-besser" vehement ab. Keiner formuliert das Entsetzen so schön wie Victor Klemperer, der den Sommer 1948 am Ostseestrand verbringt: "Neu ist die ebenso reizlose wie obszön entstellende Badetracht der Frauen: die pralle Hose, der Busenhalter, die eingequetschte Nacktheit dazwischen. Man könnte darüber homosexuell werden."

Misses am Pool in Panama
Damen am PoolBild: AP

Den Siegeszug des Bikinis kann aber auch ein Victor Klemperer nicht aufhalten. Letztlich ist es Schauspielerin Ursula Andress als erstem Bond-Girl vorbehalten, in einer kurzen Filmszene 1962 Prüderie, Sitte und Verklemmung mit einem Augenaufschlag beiseite zu fegen. Als Andress, alias Honey Ridern, im Bikini den karibischen Fluten entsteigt und ihre Haare schüttelt, fällt sogar James Bond (Sean Connery) nicht mehr viel ein." Ein hübsches Nichts, das Sie da beinahe anhaben", erklärt der Geheimagent Ihrer Majestät.

Sommer und Sehnsucht

Seit bald 60 Jahren macht der Bikini nun nervös, weckt Sehnsüchte und teilt die Welt in Betrachter und Betrachtete. Verflucht, vereehrt und in leichtsinnigen Schlagern besungen ("Itsy Bitsy Teenie Weenie Honululu Strandbikini") wird uns der Bikini auch noch im dritten Jahrtausend begleiten.

"Land der vielen Kokosnüsse" bedeutet Bikini übrigens im ursprünglichen Wortsinn, das hat Beate Berger bei ihren Recherchen herausgefunden. Zeit, dass es wieder Sommer wird.