Napolitano und die Mafia
29. Oktober 2014Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano hat drei Stunden als Zeuge in einem Mafia-Prozess ausgesagt. Die Richter und Anwälte befragten den seit 2006 amtierenden Staatschef im Quirinalpalast in Rom, dem Sitz des Präsidenten. In dem seit drei Monaten laufenden Verfahren geht es um einen mutmaßlichen "Nichtangriffspakt" zwischen hochrangigen Politikern und Mafia-Bossen in den 1990er Jahren nach einer Serie tödlicher Attentate. Die Staatsanwälte vermuten, dass die Behörden in dem Versuch, weitere Mafia-Morde zu verhindern, Haftbedingungen für mehr als 300 Mafiosi erleichterten.
Napolitano, der von 1992 bis 1994 Präsident des Abgeordnetenhauses war, wurde nur als Zeuge befragt. Das Staatsoberhaupt sagte laut einem beteiligten Anwalt aus, er habe nichts von möglichen Absprachen gewusst. Der 89-Jährige habe alle Fragen "mit größter Transparenz und Ruhe" beantwortet, teilte sein Amt anschließend mit. Er habe das Gericht um eine Abschrift seiner Aussage gebeten, um sie rasch veröffentlichen zu können.
Mafia-Bosse und Politiker auf der Anklagebank
Ein beteiligter Staatsanwalt sagte der Nachrichtenagentur Ansa, Napolitano habe ein großes Maß an Kooperation gezeigt und alle Fragen ausführlich beantwortet. Wegen seines Amtes wurde Napolitano hinter verschlossenen Türen in Rom und nicht im Gerichtssaal in Palermo befragt, wo der Prozess eigentlich angesiedelt ist. Er sollte zu einem Brief eines früheren Beraters aussagen, in dem es um die Absprachen gegangen sein könnte.
Angeklagt sind in dem Prozess unter anderem mehrere Mafia-Bosse und frühere Polizeichefs. Auf der Anklagebank sitzen außerdem der ehemalige italienische Innenminister Nicola Mancino und Marcello Dell'Utri, ein früherer Vertrauter von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi, der bereits wegen Mafia-Verwicklungen verurteilt worden ist.
re/gmf (afp, dpa, rtr)