"Antisemitismus ist die größte Schande"
24. April 2017"Dass Antisemitismus noch existiert, ist eine Schande." Dass er auch in Deutschland noch zu finden sei, sei die größte Schande, beklagte der israelische Botschafter in der Bundesrepublik, Yakov Hadas-Handelsman, in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wies darauf hin, Antisemitismus sei nicht nur ein Problem für die Juden, sondern für die gesamte Gesellschaft. Diejenigen, die heute gegen Juden hetzten, würden wahrscheinlich morgen gegen Muslime hetzen. Muslime, die gegen Juden hetzten, verstünden nicht, dass sie selbst ein Ziel für andere Gruppen seien. "Das ist eine Bedrohung für die Demokratie", betonte Hadas-Handelsman.
Guterres sagt Juden seine Unterstützung zu
Anlässlich des Holocaust-Gedenktags in Israel riefen auch UN-Generalsekretär António Guterres und US-Präsident Donald Trump zum Engagement gegen Antisemitismus auf. Der Holocaust sei nicht als "Tat verrückter Nazis" zu verstehen, sondern als "die Kulmination von Jahrtausenden der Verfolgung von Juden weltweit", sagte Guterres in einer Videobotschaft zum Auftakt einer Vollversammlung des Jüdischen Weltkongresses in New York. Antisemitismus habe in jüngster Zeit in Nordamerika und in Europa zugenommen. Eine "moderne Form des Antisemitismus" sei die Behauptung, Israel habe kein Existenzrecht. Der UN-Generalsekretär versicherte, er werde in seinem Amt "ganz vorne stehen im Kampf gegen Antisemitismus".
US-Präsident Donald Trump bekräftigte - nach mehrfacher Kritik an Erklärungen seiner Regierung zum Holocaust - man müsse Vorurteile und Antisemitismus ausmerzen, wo immer sie anzutreffen seien. In seiner Videoansprache an den Jüdischen Weltkongress erklärte Trump weiter, niemand dürfe die Drohungen "eines Regimes" ignorieren, das "offen von Israels Zerstörung spricht". Amerika stehe an der Seite Israels, fügte er hinzu.
Gedenkfeier in Yad Vashem
In der Holocaust-Erinnerungsstätte Yad Vashem hatte die israelische Staats- und Regierungsspitze am Sonntagabend die Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer der Schoah und die Helden des jüdischen Widerstands eröffnet.
Staatspräsident Reuven Rivlin erinnerte daran, die Gaskammern des NS-Regimes seien "nicht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gebaut worden, sondern mit dem einzigen Ziel, das jüdische Volk zu vernichten, und nur das jüdische Volk". Als Lehre aus dem Holocaust forderte er, Israel müsse sich stets selbst verteidigen können. Israel dürfe aber auch nicht bei Gräueltaten in der Ferne und erst recht nicht auf der anderen Seite des Zauns schweigen, sagte Rivlin weiter mit Blick auf den Krieg in Syrien.
"Staatengemeinschaft schaut zu"
Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kritisierte in seiner Rede die damalige Untätigkeit der Großmächte, die vier Millionen Juden hätten retten können. Aber auch nach dem Zweiten Weltkrieg sei die Staatengemeinschaft bei Völkermorden etwa in Kambodscha, Ruanda oder dem Sudan untätig geblieben - und auch in Syrien.
Anschließend entzündeten sechs Überlebende der NS-Diktatur Fackeln in Erinnerung an die sechs Millionen ermordeten Juden. An diesem Montag heulten im Gedenken an die Toten zwei Minuten lang die Sirenen im ganzen Land. Der Verkehr kam zum Stehen, Menschen legten ihre Arbeit nieder und verharrten in stillem Gedenken.
Die offizielle Abschlusszeremonie des Gedenkens findet am Abend in Nord-Galiläa im Ghetto Fighters' House Museum statt. Daran nimmt neben Präsident Rivlin auch der frühere Bundespräsident Joachim Gauck statt. Zuvor wird Bundesaußenminister Sigmar Gabriel in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem einen Kranz im Gedenken an die Opfer der Nazis niederlegen.
se/as (dpa, afp, epd, kna)