Israel setzt Hisbollah mit massiven Angriffen unter Druck
20. September 2024Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben rund 100 Raketenabschussrampen der Hisbollah im Libanon bombardiert. Die Raketenwerfer der proiranischen Miliz seien für Attacken auf Israel vorbereitetet gewesen, hieß es. Zu den Zielen hätten auch "Terror-Infrastruktur" und ein Waffendepot gehört. In libanesischen Sicherheitskreisen war von einer der schwersten israelischen Angriffswellen seit Beginn des beiderseitigen Beschusses im Oktober 2023 die Rede.
Später wurde weiterer Beschuss aus Beirut gemeldet. Das Ziel lag in einem südlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt. Zeugen sprachen von zwei Explosionen. Auf den Straßen herrschte Panik. Nach Angaben der libanesischen Regierung wurden bei dem Angriff acht Menschen getötet und 59 verletzt. Die Nachrichtenagentur AFP meldet unter Berufung auf Hisbollah-Kreise, der Kommandeur einer Elite-Einheit sei getötet worden. Das israelische Militär bestätigte einen "gezielten" Angriff, ohne Details zu nennen.
Zuvor hatte die Armee Bewohner mehrerer Städte und Gemeinden im Norden Israels aufgefordert, sich in der Nähe von Luftschutzbunkern zu bewegen. Am Wochenende sollen sich Zivilisten von bestimmten Gebieten fernhalten. Das Militär teilte mit, man werde dort "Aktivitäten" ausführen; für Unbefugte herrsche Lebensgefahr. In nahegelegenen Ortschaften könnten Schüsse und Explosionen zu hören sein. Genaueres wurde nicht mitgeteilt.
Israelische Soldaten getötet
Die umfangreichen Luftangriffe erfolgten nach schwerem Raketenbeschuss aus dem Libanon auf israelische Gemeinden in Grenznähe, wie die "Times of Israel" berichtet. Zwei israelische Soldaten wurden getötet, mehrere weitere erlitten Verletzungen. Im Libanon wächst die Sorge, Israel könnte eine Bodenoffensive gegen das Nachbarland vorbereiten. Für einen solchen Einsatz müssten an der israelischen Nordgrenze Truppen zusammengezogen werden.
Die israelische Regierung will durch militärischen wie auch diplomatischen Druck erreichen, dass der Beschuss des Nordens aufhört und die Hisbollah sich hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht, wie es eine UN-Resolution vorsieht. Rund 60.000 Menschen, die aus der Region in andere Landesteile fliehen mussten, sollen dann in ihre Häuser zurückkehren können.
"Militärische Maßnahmen zur Verteidigung"
US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärten, eine diplomatische Lösung des Konflikts sei weiterhin möglich. Ein Sprecher des US-Außenministeriums rief die Hisbollah zur Einstellung ihrer "terroristischen Angriffe" auf. Setze die Miliz diese jedoch fort, werde Israel "selbstverständlich militärische Maßnahmen zur Verteidigung ergreifen". Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat für diesen Freitag auf Antrag Algeriens eine Dringlichkeitssitzung einberufen.
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte am Donnerstag in einer Fernsehansprache Vergeltung angedroht für die offenbar koordiniert herbeigeführte Explosion Tausender Kommunikationsgeräte - sogenannter Pager und Handfunkgeräte, die meist von Angehörigen der Miliz verwendet werden, da sie sich im Unterschied zu Mobiltelefonen nicht orten lassen.
Dabei waren nach libanesischen Angaben mindestens 37 Menschen getötet und fast 3000 verletzt worden. Israel hat sich bislang nicht öffentlich zu der Technik-Attacke bekannt. Die Hisbollah und zahlreiche Militärexperten sehen jedoch den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad hinter der Aktion.
Nasrallah erklärte, der "Widerstand im Libanon" werde seine Attacken auf Israel nicht einstellen, solange die "Aggressionen" des israelischen Militärs im Gazastreifen weitergingen. Die Hisbollah handelt nach eigener Darstellung aus Solidarität mit der islamistischen Hamas in dem Palästinensergebiet. Beide Gruppen werden vom Iran unterstützt; zahlreiche Staaten, darunter die USA stufen sie als Terrororganisationen ein.
Die Hamas hatte am 7. Oktober ein Massaker an israelischen Staatsbürgern verübt, dem nach Angaben des Militärs mehr als 1100 Menschen zum Opfer fielen. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Beim darauf folgenden israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 41.000 Menschen in dem Küstenstreifen getötet.
jj/sti/fab (dpa, afp, rtr)
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