Israel auf dem Weg zur neuen Regierung
1. Mai 2006Vier Wochen nach der Parlamentswahl hat Ehud Olmert eine Koalition gebildet. Es handelt sich um ein Vierer-Bündnis seiner Kadima-Partei mit der Arbeitspartei, der Rentner- und der Schas-Partei. Olmerts Koalition verfügt über 67 der 120 Sitze in der Knesset. Nachdem die Schas-Partei am Sonntag (30.4.2006) als letzte der Zusammenarbeit zustimmte, gab Olmert am Montag seine wichtigsten Personalentscheidungen bekannt.
Bewährte Außenministerin, Tausch bei der Verteidigung
Demnach wünscht sich Olmert seine Parteikollegin Zipi Liwni weiterhin als Außenministerin. Der Führer der Arbeitspartei, Amir Perez, bekam das Verteidigungsressort. Der bisherige Verteidigungsminister Schaul Mofas von der Kadima wechselt ins Verkehrsministerium.
Der israelische Rundfunk meldete, Gideon Esra solle Umweltminister werden und Chaim Ramon Justizminister. Das Innenministerium sei für Ronni Bar-On (Kadima) vorgesehen. Minister für Innere Sicherheit werde vermutlich der ehemalige Geheimdienstchef Avi Dichter.
Peres soll Vize werden und Wüste entwickeln
Schimon Peres, der von der Arbeitspartei zu Kadima wechselte, wird stellvertretender Ministerpräsident und Minister für die Entwicklung Galiläas und der Negev-Wüste. Als aussichtsreichster Kandidat für das Finanzministerium gilt Olmerts Vertrauter Abraham Hirchson, nachdem der bisherige Favorit für dieses Amt, Meir Schitrit, mit dem Wohnungsministerium vorlieb nehmen musste.
Am Donnerstag (4.5.2006) will Olmert seine neue Regierung vorstellen. Sie könnte dann gleich vereidigt werden. Den Koalitionsvereinbarungen zufolge wird die Kadima zwölf Ministerposten besetzen, die Arbeitspartei sieben, die Schas drei und die Rentnerpartei zwei.
Vorbehalte gegen Plan fürs Westjordanland
Die Schas-Partei hat sich allerdings erbeten, sich noch nicht auf Olmerts Plan für das Westjordanland festlegen zu müssen, der die Räumung einiger jüdischer Siedlungen vorsieht. Die Umsetzung wird allerdings erst 2007 erfolgen. Falls die ultraorthodoxe Schas dies nicht mitmacht, könnte die linke Meretz-Partei Olmert die Parlamentsmehrheit in dieser Frage sichern. In der Koalitionsvereinbarung heißt es, die Regierung strebe die Festlegung permanenter Grenzen und die Reduzierung von Siedlungsgebieten im Westjordanland an.
Grenzwall kommt schneller, verläuft aber anders
Das amtierende Kabinett beschloss unterdessen, den Bau des umstrittenen Sperrwalls zum Westjordanland zu beschleunigen. Um Jerusalem herum sollen Zäune provisorisch Lücken in der Grenzanlage schließen. Nahe der jüdischen Siedlung Ariel sollen palästinensische Wohngebiete von israelischem Territorium abgetrennt werden – dort ist die Mauer besonders umstritten. Den 760 Kilometer langen Sperrwall zum Westjordanland will Olmert bis Ende dieses Jahres vollenden. Gegen die Anlage wurden Dutzende Klagen eingereicht, was teilweise einen Baustopp zur Folge hatte.
Israel begründet den Sperrwall mit dem Hinweis auf Terroranschläge, die Palästinenser sprechen dagegen von Landraub. Das Kabinett beschloss, den Verlauf so zu ändern, dass mehrere palästinensische Wohngebiete nicht mehr - wie ursprünglich geplant - auf der israelischen, sondern auf der palästinensischen Seite der Absperrung liegen. Betroffen sind rund 30.000 Palästinenser. (reh)