Mosambik: Helfer mit eigenen Interessen
30. Januar 2021Seit 2017 treiben islamistische Terroristen in der nordmosambikanischen Provinz Cabo Delgado ihr Unwesen. Tödliche Angriffe, Vertreibungen und Entführungen sind an der Tagesordnung. In den vergangenen drei Jahren hat die Gewalt mehr als 2000 Tote und 560.000 Vertriebene gefordert. Die internationale Aufmerksamkeit für den Konflikt wächst, denn dieser Krieg bedroht inzwischen wichtige Industrieanlagen und Milliardeninvestitionen in der rohstoffreichen Provinz.
Verschiedene Akteure bieten Hilfe an - doch wie selbstlos diese Angebote sind, ist unklar, meinen mosambikanische Beobachter.
Südafrika: "Beunruhigende Lage in Nordmosambik"
Die Lage in Cabo Delgado gerate zunehmend außer Kontrolle, da könne die SADC nicht einfach nur zugucken, sagte die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor am 20. Januar während eines von der britischen Denkfabrik Chatham House organisierten Webinars. Immer wieder habe es Hilfsangebote aus Südafrika gegeben.
Tatsächlich sind in der Vergangenheit zwar einige private Söldner aus Südafrika in Cabo Delgado zum Einsatz gekommen, diese wurden aber von der mosambikanischen Regierung direkt angeheuert und bezahlt. Pretoria sei bisher regelmäßig daran gescheitert, sich mit der mosambikanischen Seite auf die genaue Art der notwendigen Unterstützung zu einigen. "Es ist immer noch nicht klar, ob die Unterstützung etwa durch die Polizei, die Geheimdienste oder sogar durch Streitkräfte erfolgen soll", sagte Pandor und kündigte erneut einen SADC-Sondergipfel zu Cabo Delgado an. Dabei war ein bereits für Mitte Januar 2021 anberaumtes SADC-Treffen zum gleichen Thema ohne einen neuen Termin verschoben worden.
Misstrauen gegenüber ausländischer Einmischung
Es gibt ein festsitzendes Misstrauen in Mosambik gegenüber Südafrika: Es wird befürchtet, das Nachbarland wolle den Konflikt in Cabo Delgado nutzen, um ihren ohnehin schon sehr großen wirtschaftlichen Einfluss in Mosambik auszubauen. "Zwischen Staaten gibt es keine Freundschaft, es gibt nur unterschiedliche Interessen", sagt der mosambikanische Analyst Rufino Sitoe. "Südafrika hat das Wohl der südafrikanischen Unternehmen im Blick, die Waren und Dienstleistungen nach Mosambik liefern wollen. Alles andere ist vorgeschoben."
"Im Hintergrund spielen die geschäftlichen Interessen eine große Rolle. Jeder Partner, jedes Nachbarland spekuliert auf einen möglichst großen Anteil am Geschäft", so der politische Beobachter in Mosambik, Muhamad Yassine, der auch Mitglied der größten Oppositionspartei RENAMO ist.
Egna Sidumo, Politologin am "Zentrum für Strategische Studien" der Joaquim Chissano Universität in Maputo, ist der Meinung, es gebe "starke südafrikanische Interessen", die nicht von der Hand zu weisen seien: "Es geht zum Beispiel um die Interessen privater südafrikanischer Sicherheitsfirmen, die Mosambik nicht unbedingt als ein Land betrachten, das Hilfe braucht, sondern als Markt für ihre Dienstleistungen", sagt Egna Sidumo im DW-Gespräch.
Tansania: "Ein Stück vom Kuchen"
Die Regierung Tansanias, das an die mosambikanische Provinz Cabo Delgado grenzt, bekräftigte kürzlich bei einem Besuch des mosambikanischen Staatschefs Filipe Nyusi in Daressalam, ihre Absicht, die Zusammenarbeit mit Mosambik im Kampf gegen Rebellengruppen in der Region auf den Ebenen der Polizei und der Geheimdienste zu verstärken. Bereits im November 2020 hatten Mosambik und Tansania ein Abkommen über den Austausch von Informationen über die Übergriffe bewaffneter Gruppen unterschrieben; bislang ist jedoch nichts Konkretes passiert.
Kann Mosambik tatsächlich auf seinen nördlichen Nachbarn zählen? Der portugiesische Afrika-Experte Fernando Cardoso betont: "Teile der tansanischen Regierung sehen Mosambik nicht als Partner, sondern eher als Konkurrent, vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet. Seit Jahren ist Tansania mit den Gasgeschäften des Nachbarlands unzufrieden. Mit anderen Worten: Tansania wäre gern das Zielland von Investitionen gewesen, die zunehmend in Mosambik getätigt werden." Daher stelle sich die Frage, welche Gegenleistung Tansania verlange.
Auch an der Afrikanischen Union gehe die Gewalt in Cabo Delgado nicht spurlos vorbei, sagte AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat in dieser Woche. Er kündigte an, möglichst bald eine AU-Delegation nach Mosambik zu entsenden, die bewerten soll, welche Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung nötig sind.
Die Rolle der Europäer
"Auch Portugal ist nach wie vor ein wichtiger Player, was die Sicherheitslage in Cabo Delgado angeht", erläutert der mosambikanische politische Analyst Calton Cadeado im DW-Gespräch. Die ehemalige Kolonialmacht war einst der wichtigste Investor und Wirtschaftspartner Mosambiks, eine Stellung, die Portugal vor Jahren an andere europäische Partner abgegeben hat. Doch Portugal interessieren nicht nur wirtschaftliche, sondern vor allem geopolitische Fragen, sagt Calton Cadeado und erinnert daran, dass der portugiesische Außenminister Augusto Santos Silva in seiner Eigenschaft als derzeitiger EU-Ratspräsident ebenfalls Mosambik besuchte und Hilfe der EU zusagte.
Der französische Energieriese Total ist der weitaus größte Investor in Cabo Delgado, wo bis zu 25 Milliarden Euro in die Flüssiggasproduktion investiert werden sollen. Der Vorstandsvorsitzende von Total, Patrick Pouyanné, war wiederholt in Maputo, zuletzt am 18. Januar, wo er mit Präsident Nyusi zusammentraf. Total versprach, sich an den Kosten für den Schutz der Gasanlagen vor Cabo Delgado zu beteiligen. Die französische Marine sei im Indischen Ozean unterwegs und richte ihr Augenmerk auf den Schutz nordmosambikanischer Häfen sowie auf die Bekämpfung des Drogen- und Waffenhandels in der Region, über den sich die Islamisten wahrscheinlich finanzierten, betonten Regierung und Energiekonzern.
"Zur Zeit sind in Mosambik viele internationale Player aktiv. Alle schauen auf Mosambik und versprechen Hilfe im Kampf gegen den Terror. Die alle haben dabei vor allem ihre eigenen Interessen im Kopf", fasst Analyst Calton Cadeado zusammen.
Mitarbeit: Nádia Issufo, Milton Maluleque (Johannesburg)