Islamist aus Mali in Den Haag vor Gericht
14. Juli 2020Die Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag haben dem malischen Islamisten Al-Hassan Ag Abdoul Aziz Ag Mohamed Ag Mahmoud (Artikelbild) "unvorstellbare Verbrechen" während der Besetzung der Wüstenstadt Timbuktu vorgeworfen. Als Leiter der damaligen Scharia-Polizei sei er direkt an Gewalt und Folter an den Männern, Frauen und Kindern von Timbuktu beteiligt gewesen, sagte die Chefanklägerin Fatou Bensouda zu Prozessbeginn.
Der heute 42-Jährige soll 2012 im besetzten Timbuktu das islamische Recht nach Lesart der Islamistengruppe Ansar Dine durchgesetzt haben. Die Anklage stuft ihn als führenden Kopf ein bei den Verbrechen der Islamistengruppe in der Weltkulturerbe-Stadt, die auch als "Perle der Wüste" bezeichnet wird. Al-Hassan, der mit traditionellem Turban und Corona-Schutzmaske vor Gericht erschien, werden Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Vergewaltigung und sexuelle Ausbeutung zur Last gelegt.
Chefanklägerin will Video zeigen
Al-Hassan habe Menschen festgenommen, Verdächtige während Ermittlungen gefoltert und persönlich Bestrafungen wie Amputationen und Auspeitschungen beaufsichtigt, erklärte Bensouda. Das Gericht werde ein Video zu sehen bekommen, in dem einem Mann auf einem öffentlichen Platz vor der gesamten Bevölkerung Timbuktus "auf brutalste Weise mit einer Art langem Messer" die Hand abgenommen wird.
Die Islamistengruppe Ansar Dine kontrollierte zwischen April 2012 und Januar 2013 den Norden Malis. In dieser Zeit zerstörte die Gruppe auch Mausoleen und Moscheen, weil sie die in Timbuktu verbreitete Verehrung von Heiligen strikt ablehnt. Zudem versuchte sie mit Gewalt eine ultrakonservative Auslegung des Islam im Alltagsleben bei Timbuktus Bewohnern durchzusetzen.
Trotz internationaler Militäreinsätze, an denen auch die Bundeswehr beteiligt ist, gibt es immer wieder Anschläge in Mali. Chefanklägerin Bensouda äußerte sich besorgt über eine Zunahme der Gewalt in den vergangenen Monaten. Der Prozess gegen Al-Hassan sei jedoch eine Botschaft an die Verantwortlichen, dass jeder zur Rechenschaft gezogen werden könne.
nob/ml (epd, dpa, kna, afp)