Sicherhheitskonferenz München
31. Januar 2014Wolfgang Ischinger ist seit 2008 Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Davor war er von 2006-2008 deutscher Botschafter in London und von 2001-2006 deutscher US-Botschafter.
DW: Die Münchner Sicherheitskonferenz wird dieses Jahr 50. Welche Feierlichkeiten haben Sie geplant?
Wolfgang Ischinger: Es gibt so viele dringende Probleme dieses Jahr, wir werden also nicht groß feiern. Aber es wird drei Höhepunkte geben: Erstens, Präsident Joachim Gauck wird auf meine Einladung hin die Konferenz eröffnen - das freut uns sehr, da es das erste Mal ist, dass ein deutscher Präsident diese Aufgabe wahrnimmt.
Zweitens, es wird eine spezielle Jubiläums-Diskussionsrunde mit Teilnehmern aus der ersten Konferenz geben - damals hieß sie noch Wehrkundekonferenz - Helmut Schmidt und Henry Kissinger werden da sein, zusammen mit jüngeren Entscheidungsträgern.
Drittens, unser Jubliäumsband "Towards Mutual Security. 50 years of Munich Security Conference" ist jetzt erhältlich. Darin gibt es reichlich Fotos und Dokumente zur Geschichte der Konferenz, und vor allem zahlreiche Beiträge zu den wichtigsten Debatten aus 50 Jahren sowie zu den wichtigsten sicherheitspolitischen Herausforderungen, die uns heute beschäftigen.
Was hat die Konferenz erreicht in den vergangenen 50 Jahren, wo sehen Sie ihre wichtigsten Erfolge?
Der Haupterfolg ist, dass die Konferenz es geschafft hat, weltweit für Entscheidungsträger und Experten über die Jahre hinweg immer wichtiger zu werden. Das Sicherheitsumfeld hat sich in vielerlei Hinsicht verändert, und die Sicherheitskonferenz hat sich da immer angepasst, so dass sie immer relevant geblieben oder sogar noch wichtiger geworden ist.
Ich sehe die MSC [Munich Security Conference - Anm. d. Red.] als Plattform für offenen Dialog - mit unseren engen Verbündeten zum Beispiel. Da sind nicht immer alle einer Meinung, aber wir versuchen, unsere Differenzen zu überwinden.
Auch in Krisenzeiten kann man sich auf der Konferenz immer austauschen und gemeinsame Nenner finden - zum Beispiel im Vorfeld der Invasion im Irak, oder jetzt, nach den Enthüllungen zur NSA. Und das gilt auch für schwierigere Beziehungen.
Initiativen wie die Reset-Politik der USA, die zum jüngsten START-Abkommen führte, begannen in München. Es war kein Zufall, dass Hillary Clinton und Sergeij Lawrow die Ratifikationsurkunden hier in München austauschten. Manchmal hilft es der Dialogfindung, dass es hier so voll ist, man kommt so eher zusammen, kann sich nicht so leicht aus dem Weg gehen.
Ich hoffe, dass wir dieses Jahr wieder ein neues Kapitel aufmachen können, zum Beispiel, indem wir eine Sitzung zur Zukunft Serbiens und des Kosovo oder des Nahostkonflikts anbieten.
Ich glaube auch, dass es richtig war, die iranische Führung immer wieder einzuladen, obwohl ihre Beiträge dann doch meist eher enttäuschend waren bisher. Aber Diplomatie ist immer einen Versuch wert.
Winston Churchill hat mal gesagt "to jaw-jaw is always better than to war-war" - was soviel heißt wie "mit dem Kiefer (jaw) wackeln ist besser als Krieg zu machen." Ich finde, das ist ein gutes Motto für unsere Konferenz.
Dieses Jahr gibt es so viele Konflikte, die kann man in einer dreitägigen Konferenz doch nicht alle thematisieren?
Ja, das stimmt wohl, dieses Jahr ist die Herausforderung noch größer als sonst. Wir versuchen immer, die dringlichsten Themen mit Debatten über allgemeinere Konzeptfragen, die in Zukunft wichtig sein werden, zu kombinieren.
Dieses Jahr sind die Hauptthemen Syrien, der Iran und der israelisch-palästinensische Konflikt sowie Cyber-Sicherheit, besonders deren transatlantische Dimension. Die Krise in der Ukraine ist auch sehr wichtig. Außerdem müssen wir die Debatte über die europäische Integration vorantreiben, besonders in Fragen der Sicherheits- und Außenpolitik.
Wir sind alle gespannt, was die neuen deutschen Minister Ursula von der Leyen und Frank-Walter Steinmeier dazu sagen werden. Andere nennenswerte Teilnehmer sind UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, US-Außenminister John Kerry, US-Verteidigungsminister Chuck Hagel, der französische Außenminister Laurent Fabius, der britische Verteidigungsminister Philip Hammond und der russische Außenminister Sergej Lawrow.
Letztes Jahr hat sich Papst Franziskus wiederholt politisch geäußert, er ist sehr engagiert, nicht nur bei Kirchenthemen, sondern auch bei Wirtschaftsthemen zum Beispiel. Den Syrienkonflikt hat er mit dem russischen Außenminister besprochen. Würden Sie den Papst nach München einladen?
Ich bin mir sicher, dass eine Teilnahme des Papstes ein starkes Signal wäre für Frieden und Sicherheit weltweit. Er hat zu vielen Themen hohe Grundsätze, die er auch kommuniziert. Er ist in der Lage, die Bedenken und Missstände unserer globalisierten Welt und auch die Ungleichheit einer breiteren, internationalisierten Plattform näher zu bringen.
Und ich gebe ihm recht, wenn er sagt "dass wir weit vom sogenannten Ende der Geschichte entfernt sind, da die Bedingungen für eine nachhaltige und friedliche Entwicklung noch nicht angemessen artikuliert worden sind."
Daher wäre er auf der Münchner Sicherheitskonferenz jederzeit willkommen, um über diese Bedingungen zu diskutieren.