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Katastrophe

"Irma": Krisenhilfe nach dem Sturm

12. September 2017

Der Wiederaufbau nach "Irma" ist vor allem für die ärmeren Karibikinseln eine Mammutaufgabe. Sie sind auf internationale Hilfen angewiesen - doch die kommt Kritikern zu spät. Auch Deutschland schickt ein Krisenteam.

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Frankreich Hurricane  Irma Transportflugzeug
Nothilfe aus Frankreich: Militärflugzeuge sind auf dem Weg in die französischen ÜberseegebieteBild: picture-alliance/AP Photo/R.Nicolas-Nelson

Nach dem verheerenden Zug von Hurrikan "Irma" hat die Bundesregierung ein Krisenteam in die USA geschickt. 21 Helfer seien in Florida eingetroffen, bestätigte das Auswärtige Amt in Berlin. Darunter seien auch Soldaten der Bundeswehr sowie Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks. Bis zu 200.000 deutsche Staatsangehörige halten sich nach Regierungsangaben in Florida auf.

Auch in der Karibik seien Deutsche von dem Sturm betroffen. Das Auswärtige Amt kündigte an, sie in den nächsten beiden Tagen auszufliegen. Ein Transportflugzeug der Bundeswehr sei bereits mit Hilfsgütern auf dem Weg auf die Karibikinsel Curaçao. Von dort soll es weiter nach Saint Martin fliegen, um die gestrandeten Deutschen an Bord zu nehmen. In Atlanta sei zudem ein regionales Krisenzentrum zur Hilfskoordination eingerichtet worden, hieß es aus Berlin.

Hilfe aus Europa

Am Wochenende hatten die Niederlande um deutsche Unterstützung nach dem Wirbelsturm gebeten, da die eigenen Armeen nicht genügen Kapazitäten hätten. Der nördliche Teil von Saint Martin gehört wie Guadeloupe  und Saint-Barthélémy zu Frankreich, der südliche, Sint Maarten, ebenso wie Curaçao zu den Niederlanden. Deshalb sind vor allem diese beiden Nationen, aber auch Großbritannien mit seinen karibischen Überseegebieten - den Britischen Jungferninseln und Anguilla - in der Pflicht, wenn es um Aufbauhilfe geht. "Irma" hatte in der Karibik noch weitaus schwerer gewütet als in den US-Bundesstaaten, über die der Hurrikan später hinwegfegte.

Dominikanische Republik Hurrikan Irma
Zeichen der Zerstörung: So sah es nach "Irma" in der Dominikanischen Republik ausBild: Reuters/R. Rojas

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kam daher zu einem Krisenbesuch in die Region. Man habe zur Versorgung der Hurrikan-Opfer die "größte Luftbrücke seit dem Zweiten Weltkrieg" eingerichtet, ließ Macron wissen. Rund 1900 bewaffnete Sicherheitskräfte und Hilfsgüter hätten bereits nach Saint-Martin und Saint Barthélémy gebracht werden können. Man habe alle möglichen Vorkehrungen getroffen, doch gegen das Unvorhersehbare könne man nichts Vorhersehbares unternehmen, betonte der französische Präsident. Der Hurrikan sei mit Alarmstufe drei angekündigt worden, mit fünf sei er auf die Inseln getroffen.

Schlechtes Krisenmanagement?

Damit reagierte Macron auf die seit Tagen anhaltende Kritik seines Krisenmanagements. Oppositionspolitiker hatten der Regierung vorgeworfen, schlecht auf den Hurrikan vorbereitet gewesen zu sein. Auch Plünderungen in Saint-Martin sind ein Streitthema. Nach französischen Behördenangaben kamen durch "Irma" insgesamt zehn Menschen auf Saint-Barthélemy und Saint-Martin ums Leben. Rund 80.000 Menschen wurden obdachlos.

Auch die britische Regierung musste sich die Kritik gefallen lassen, zu langsam auf die Katastrophe reagiert zu haben. Das wies Großbritanniens Außenminister Boris Johnson jedoch zurück. Stattdessen wollte er noch an diesem Dienstag zu den britischen Karibikinseln reisen. Aus London hieß es unterdessen: Man habe den Überseegebieten 35 Millionen Euro Nothilfe in Aussicht gestellt. Zehn Hilfsflüge transportierten Medikamente, Lebensmittel, Trinkwasser und Material für Notunterkünfte in die Region.

Kriminelle auf freiem Fuß

Eine weitere Gefahr habe man inzwischen unter Kontrolle, hieß es aus dem Außenministerium. So seien am Freitag mehr als hundert Schwerverbrecher aus einem Gefängnis auf den Britischen Jungferninseln ausgebrochen. Diese hätten eine "ernsthafte Bedrohung" für Recht und Ordnung dargestellt, teilte der britische Staatssekretär im Außenministerium, Alan Duncan, mit. Im Laufe des Wochenendes habe man die in dem britischen Überseegebiet stationierten Truppen jedoch deutlich aufgestockt, sodass sich mittlerweile 1000 Soldaten in der Karibik aufhielten. Zur Zahl der immer noch frei herumlaufenden Gefangenen machte Duncan keine Angaben. 

Hurrikan "Irma" hatte in den vergangenen Tagen erst in der Karibik, dann im Süden der USA große Schäden angerichtet. Insgesamt gab es etwa 50 Tote. In Florida wütete der Wirbelsturm offenbar nicht ganz so schlimm, wie es vorab befürchtet worden war. "Irma" war am Sonntag auf die Inselkette der Florida Keys getroffen - allerdings nur noch mit einer Stärke der Kategorie 4 statt 5 und mit verändertem Kurs. Auch deshalb kamen etwa die Metropole Miami vergleichsweise glimpflich davon. Heftiger Regen sorgte jedoch in einigen Gebieten für Rekordüberschwemmungen, darunter in der nordöstlichen gelegenen Stadt Jacksonville.

Zerstörte Häuser, Millionen Menschen ohne Strom

Und das ganze Ausmaß der Zerstörung wird erst langsam sichtbar. Experten schätzten die Schäden durch Sturm und Überschwemmungen allein in Florida auf 20 bis 60 Milliarden Dollar. Wie die US-Katastrophenschutzbehörde mitteilte, wurden ein Viertel aller Häuser auf den Florida Keys zerstört.

Medienberichten zufolge sind in Florida und Georgia 15 Millionen Menschen noch immer von der Stromversorgung abgeschnitten. Floridas Gouverneur Rick Scott und Miamis Bürgermeister Carlos Gimenez warnten, es werde noch lange dauern, bis die Stromversorgung wieder normal funktioniere. In Florida warnten die Behörden auch vor ungeklärten Abwässern - sowie freigesetzten gefährlichen Tieren wie etwa Schlangen und Alligatoren.

Hurrikan "Irma" zog derweil als Tropensturm und schließlich als Tiefdruckgebiet weiter über Alabama und Tennessee. Spätestens am Mittwoch dürfte er sich nach Angaben des US-Hurrikanzentrums gänzlich aufgelöst haben.

nin/uh (dpa, afp, rtr, ape)