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Iran nutzt seine Energievorräte als Druckmittel

4. Juni 2006

Der oberste islamische Rechtsgelehrte Chamenei hat die USA für den Fall eines Militärschlages gegen iranische Nuklearanlagen vor einer weltweiten Energiekrise gewarnt. Er betonte zugleich, Iran wolle keine Atombombe.

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Chamenei ist die höchste Autorität im IranBild: AP

Sollten die USA einen Militäreinsatz führen, werde die Energieversorgung aus der Region "ernsthaft gefährdet", sagte das geistliche Oberhaupt des Irans, Ajatollah Ali Chamenei. "Sie (die USA) werden niemals in der Lage sein, die Energieversorgung aus dieser Region zu gewährleisten." Die USA und ihre Verbündeten könnten nicht alle Schiffe in der Straße von Hormus zu schützen, durch die ein Großteil der Öllieferungen in den Westen gelangt.

Der oberste islamische Rechtsgelehrte Chamenei ist als Nachfolger des verstorbenen Revolutionsführers Ajatollah Ruhollah Khomeini auch im Staat höchste Autorität. Er sprach am Sonntag zu mehreren tausend Menschen, die sich südlich der Hauptstadt Teheran zu Ehren des vor 17 Jahren verstorbenen Ajatollah Khomeini versammelt hatten. Bisher hatten iranische Regierungsvertreter stets betont, sie wollten das Öl im Streit über das iranische Atomprogramm nicht als Waffe einsetzen.

Keine Verwendung für Nuklearwaffen

Chamenei betonte, vom Iran werde kein Krieg ausgehen. Das Land habe jedoch das Recht, Energie aus Atomkraft zu gewinnen. Wenn es darauf verzichte, müsse es "einige wenige westliche und europäische Länder in den nächsten 20 Jahren um Energie anbetteln". Teheran strebe nicht nach Atomwaffen und stelle keine Bedrohung für andere Staaten dar. "Wir haben keinen Nachbarn bedroht", erklärte er. "Vorwürfe, wir strebten nach einer Atombombe, sind falsch, eine Lüge." Der Iran habe auch gar keine Verwendung für Nuklearwaffen.

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte am Samstag im Streit um Teherans umstrittenes Programm zur Urananreicherung eine genaue Prüfung der jüngsten Vorschläge der internationalen Gemeinschaft zugesagt. Der Iran werde sich dafür Zeit lassen, sagte Ahmadinedschad am Samstag vor tausenden Menschen in Teheran. "Wir suchen Verhandlungen, aber faire und gerechte Verhandlungen. Sie müssen ohne Bedingungen sein", sagte der Präsident in einer Rede zum Todestag von Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Chomeini. Er bekräftige zugleich erneut das "unbestreitbare Recht" seines Landes auf die Urananreicherung.

Reaktion aus Washington

Nach den Worten von US-Außenministerin Condoleezza Rice sollte den jüngsten Drohungen aus Teheran nicht zu viel Bedeutung beigemessen werden. Der Iran sei sehr abhängig von seinen Einkünften aus Erdölverkäufen, sagte Rice am Sonntag in einer Talk-Show des US-Fernsehsenders Fox News. Nach den Worten von Rice sehen die USA in den bisherigen Äußerungen aus Teheran auch keine generelle Ablehnung des Angebots. Die Vorschläge müssten erst übergeben werden und danach müsse man der iranischen Führung etwas Zeit geben, die Situation zu überdenken.

Solana vor wichtiger Mission

Einzelheiten des jüngsten Vorschlags der internationalen Gemeinschaft sind bislang nicht bekannt. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana will sie demnächst in Teheran erläutern. Er hatte Teheran mit "erheblichem Druck" gedroht, falls der Iran das Angebot der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands ablehnen sollte. Wenn die iranische Führung das neue Angebot zurückweisen sollte, wäre dies "ein klarer Beweis, dass sie nicht Energie wollen, sondern Nuklearwaffen". Teheran werde dann unter erheblichen Druck kommen, betonte Solana.

Die USA, Russland und China sowie die EU-Länder Frankreich, Großbritannien und Deutschland hatten sich am Donnerstag bei einem Außenministertreffen in Wien auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Teheran wurden Verhandlungen über ein Paket von wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen "Anreizen" in Aussicht gestellt, sofern es auf die Urananreicherung verzichte.

Energiemacht Iran

Erdöl und Erdgas sind die Hauptstützen der iranischen Wirtschaft. Der Iran ist viertgrößter Erdöllieferant der Welt und das zweitwichtigsten Mitglied in der Organisation Erdöl exportierender Staaten (OPEC). Im Südwesten des Landes lagert ein Zehntel der weltweiten Ölreserven, beim Erdgas verfügt der Iran über rund 15 Prozent der Weltreserven. Da der größte Teil des iranischen Erdöls über die Straße von Hormus im Persischen Golf exportiert wird, könnte Teheran im Falle einer Militäroperation den Seeweg relativ leicht blockieren. (stl)