1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ist der Iran für einen Cyberkrieg gerüstet?

Shahram Ahadi27. April 2012

Nach einem Viren-Angriff auf den Ölsektor versucht der Iran, Gelassenheit zu demonstrieren. Experten halten die Abwehrmöglichkeiten des Landes gegen solche Hacker-Attacken allerdings für begrenzt.

https://p.dw.com/p/14lpv
Netzwerkkabel stecken in Berlin in einem Verteiler für Internetverbindungen (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Nach einem Hacker-Angriff auf den iranischen Ölsektor am vergangenen Sonntag (22.04.2012) stellt sich für alle Beteiligten erneut die Frage, wie verwundbar Irans Wirtschaft und Atomsektor durch solche Attacken sind. Wie sicher sind die Server der iranischen Wirtschaft und Ministerien, haben die Sanktionen eine Auswirkung auf die Internetsicherheit im Iran?

Nach offiziellen Angaben des Iran konnte der Cyber-Angriff auf den Ölsektor abgewehrt werden, ohne dass der Erdölexport beeinträchtigt worden wäre. Der Hacker-Angriff hatte sich gegen Server der staatlichen iranischen Ölgesellschaft NIOC gerichtet. Die betroffenen Server waren vorübergehend vom Netz genommen worden, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, so der iranische Vize-Ölminister Hamdollah Mohammadnedschad am Dienstag (24.04.2012) gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. Iranischen Medienberichten zufolge sollte das Virus auf den Computern Dateien löschen und Festplatten beschädigen. Ein Sprecher des Ölministeriums erklärte, es seien keine wichtigen Dateien beschädigt worden.

Gelassenheit nur gespielt?

Offiziell versucht der Iran damit, nach außen Gelassenheit zu zeigen und zu demonstrieren, alles im Griff zu haben. Die Einrichtung eines Krisenstabes 24 Stunden nach der aktuellen Cyber-Attacke zeigt dennoch, wie ernst die Lage ist. Zumal manche Sicherheitsexperten auf das schwache Krisenmanagement Irans und die möglichen Auswirkungen der internationalen Wirtschaftssanktionen auf das Know-how hinsichtlich der Systemsicherheit hinweisen.

Verladekai am Ölhafen Kharg im Persischen Golf (Foto: AP)
Teheran meldete: Keine Gefahr für ÖlexporteBild: AP

Laut Ehsan Norouzi, einem Experten für Internet-Sicherheit, kam die Einberufung eines Krisenstabes 24 Stunden nach der Attacke viel zu spät. Damit hätten die Hacker genügend Zeitgehabt, sich wichtige Daten und Informationen auf den Servern des Ölministeriums zu verschaffen und diese für massivere und gezielte Angriffe in Zukunft verwenden, so Norouzi.

Keine Kooperation mit Spezialfirmen

Die Abwehrmöglichkeiten des Iran gegen Hacker-Angriffe wie den berüchtigten "Stuxnet“-Virus, der 2010 die Urananreicherungszentrifugen Irans vorübergehend ausgeschaltet hatte, sind umstritten. Das konservative US-Forschungsinstitut "American Foreign Policy Council“ will wissen, dass der Iran "seit drei Jahren massiv in seine defensiven und offensiven Fähigkeiten im Cyber-Krieg investiert.“

Andererseits müsste der Iran, um wirksam auf solche Angriffe reagieren und adäquate Lösungen finden zu können, mit solchen Firmen zusammenarbeiten, die auf Virenabwehr und Netzsicherheit spezialisiert sind. Mahmoud Tadjalimehr, Experte für Kommunikation und Netzsicherheit, hält solche Kooperationen mit überwiegend europäischen und amerikanischen Firmen angesichts der Sanktionen gegen den Iran kaum für möglich. Hinzu komme, dass der Iran Virenschutz-Software bekannter Firmen wie McAfee und Symantec für seine Zensurmaßnahmen eingesetzt hat. Auch deshalb kam eine Zusammenarbeit mit diesen Firmen für die Entwicklung einer schlagkräftigen Hacker-Abwehr nicht zustande, so Cyber-Experte Tadjalimehr.

Netz-Experte Dipl. Ing. Mahmoud Tadjallimehr (Foto: privat)
Experte Tadjalimehr sieht Irans Netz-Abwehr im NachteilBild: Mahmoud Tadjallimehr

"Die Botschaft ist klar"

Der Stuxnet-Angriff wird allgemein als eine amerikanische beziehungsweise israelische Operation eingeschätzt. Wer genau hinter dem jüngsten Hacker-Angriff auf Irans Ölsektor steckt, wird noch nicht so eindeutig benannt. Die Botschaft sei jedenfalls klar, so Mohammad Reza Sabzalipour, Präsident des Tehran World Trade Center: Der Druck auf den Iran soll erhöht werden, um ihn bei den Atom-Gesprächen am 23. Mai kompromissbereiter zu machen. Und Cyber-Experte Tadjalimehr sagt, dass es auf jeden Fall kostengünstiger sei, einen Cyberkrieg zu führen als einen Waffenkrieg.