Schwierige Geschäfte im Iran
25. Januar 2016Der iranische Präsident, Hassan Rohani, ist auf Europatour. Es ist das erste Mal, seit die Europäische Union die Sanktionen gegen sein Land ausgesetzt hat. Jahrelang kämpfte Iran gegen die Folgen der Sanktionen seitens der USA, der EU und der Vereinten Nationen. Mit aller Kraft sollte Iran dazu bewegt werden, sein Nuklearprogramm herunterzufahren.
Nach dem Ende der Sanktionen reiben sich Investoren und iranische Geschäftsmänner die Hände. "Die iranische Wirtschaft hat so sehr unter den Sanktionen und anderen Problemen gelitten. Selbst eine nur winzige Öffnung hätte einen positiven Effekt", sagt Farhad Alavi. Der iranisch-amerikanische Anwalt ist einer der Geschäftsführer der Akrivis Law Group. Das Unternehmen ist auf Handelssanktionen spezialisiert. "Der Hype um die Öffnung ist schon sehr groß. Aber es wird wohl eine Zeit dauern, bis wir eine wirkliche Veränderung der iranischen Wirtschaft erleben werden", so Alavi gegenüber der DW.
Traum für Investoren
Auf dem Papier ist Iran in vielerlei Hinsicht ein Investoren-Traum. Das Land hat die zweitgrößte Bevölkerung im Nahen Osten nach Ägypten. Neben dem Rohstoffreichtum verfügt Iran auch über junge, gut ausgebildete und sehr technologieaffine Arbeitskräfte. Die Weltbank schätzt, dass das Land in der Region die zweithöchste Anzahl von Internetnutzern hat - nach der Türkei.
Doch die schlechte Infrastruktur und das geringe Übernachtungsangebot stellen für internationale Investoren ein Risiko dar. Auch die komplexe wirtschaftliche Struktur - in der große Teile der Ökonomie dem Staat gehören - sind kaum zu kontrollieren.
Das Ende der Sanktionen wird auch nicht über die massiven Probleme wie der verbreiteten Korruption und der mangelnden Transparenz der Gesetzgebung hinwegtäuschen. Diese Faktoren müssen angegangen werden, will die Regierung ihr ehrgeiziges Ziel von acht Prozent Wachstum in den nächsten fünf Jahren erreichen.
Politische und finanzielle Herausforderungen
"Das Land hat praktisch keine Auslandsschulden. Für internationale Banken sollte es also ein Traumkunde sein", sagt Michael Tockuss, Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Handelskammer. Aber gerade der Bankensektor birgt eines der größten Risiken für den internationalen Handel. Nach den Nuklearabkommen hat das US-Finanzministerium eine Leitlinie herausgegeben. Demnach sind "US-Bürgern und Unternehmen Transaktionen und Handel mit der iranischen Regierung weitestgehend untersagt", so der Wortlaut.
Damit sind Bezahldienstleistungen aus den USA - sei es Kreditkarten oder PayPal - keine Option, wenn es um den Handel mit Iran geht. "Die Banken fühlen sich immer noch nicht sicher in Iran. Das läge an der mehrdeutigen Gesetzgebung und der "instabilen aktuellen Situation", so der iranisch-amerikanische Jurist Alavi.
Auch poltische Spannungen sind ein Thema. "Was geschieht, wenn der aktuelle politische Kurs zwischen den beiden Länder sich nach Neuwahlen auf einmal umdreht?", merkt Alavi an. Die Republikaner, die den Kongress in den USA kontrollieren, haben den Atomdeal mit allen Mitteln zu verhindern versucht.
Neue Möglichkeiten, neue Ambitionen
In Deutschland hofft man auf eine Wiederbelebung der einst lebendigen Geschäftsbeziehungen zwischen beiden Ländern. Vor den Sanktionen war Deutschland der zweitgrößte Handelspartner Irans.
Nach dem Anziehen der europäischen Sanktionsschraube sprang allerdings China innerhalb kürzester Zeit in die Lücke. Wollen Europa und vor allem Deutschland zurück auf den Markt, müssen sie nun mit den günstigen Preisen der Chinesen, aber auch von Firmen aus Indien konkurrieren.
Dennoch geht die Deutsche Handelskammer von viel Luft nach oben aus. Fünf Milliarden Euro mehr könnte Deutschland durch Exporte innerhalb der nächsten Jahre mit Iran verdienen. Langfristig könnte sich diese Zahl noch verdoppeln.
Der iranische Präsident Rohani hat die Zielmarke von jährlichen 50 Milliarden Dollar (46 Milliarden Euro) an ausländischen Investitionen in Iran ausgegeben. Einige Experten sind besorgt, dass diese ehrgeizigen Pläne zu Verwerfungen mit den potenziellen Partnern führen könnten. "Deutschland kümmert sich deutlich mehr darum, Güter nach Iran zu exportieren, als in die Produktion vor Ort zu investieren", sagt Golverdi Golestani, ein Unternehmer aus Teheran und vorheriger Präsident der Nationalen Vereinigung für Autoersatzteile. "Iran strebt aber danach, die heimische Produktion auszuweiten, Arbeitsplätze für die Jugend bereitzustellen und die Industrie aufzumöbeln", so Golestani gegenüber der DW.
Vertrauen aufbauen
Für den Anwalt Alavi ist es auch eine Frage der Zeit: "Gesetze können sich über Nacht ändern. Was die aktuelle Umsetzung angeht, kann es bis zwei Jahre dauern, bis die greift und das ist eine optimistische Einschätzung." Jeder, der in Iran Geschäfte machen wolle, müsse geduldig und vorsichtig vorgehen.
Aber neben den rein praktischen Schwierigkeiten, sei das Ende der Sanktionen psychologisch ein wichtiger Faktor. Das würde auf allen Seiten Vertrauen aufbauen - sei es im Handel oder bei Investitionen.
Auch früher erfolgreiche Handelspartner wie Deutschland könnten dadurch wieder zurück auf den Markt. "Es gibt sehr enge Verbindungen zwischen der deutschen und der iranischen Industrie", so der Unternehmer Golestani. "Für mich ist die Verbesserung der Beziehungen eine ganz logische Konsequenz."