Irak "überdenkt" Beziehungen zu USA
31. Dezember 2019Die amerikanischen Luftangriffe auf die vom Iran unterstützte Schiitenmiliz Kataib Hisbollah seien eine Verletzung der irakischen Souveränität, kritisierte der Nationale Sicherheitsrat in Bagdad. Man sei nun gezwungen, die Zusammenarbeit mit den USA in den Bereichen Sicherheit, Politik und Recht zu überdenken, erklärte die irakische Regierung. Schließlich hätten die US-Truppen "nach ihren politischen Prioritäten und nicht nach denen der Iraker" gehandelt.
Zahlreiche irakische Parlamentsabgeordnete unterschrieben einen Aufruf, in dem die Überprüfung des Kooperationsabkommens zwischen Washington und Bagdad gefordert wird, das die Grundlage der Stationierung von Tausenden US-Soldaten im Land bildet. Die Behörden des Landes müssten "verhindern, dass der Irak als Ort für gegenseitige Abrechnungen genutzt wird", betonte das Büro von Großayatollah Ali al-Sistani, dem obersten schiitischen Geistlichen des Irak.
"Defensiv"
Das US-Militär hatte am Sonntag nach Darstellung des Pentagon "defensive Angriffe" gegen drei Standorte der Kataib Hisbollah geflogen. Die Vereinigten Staaten machen die Miliz für einen Raketenangriff in der Nähe der nordirakischen Ölstadt Kirkuk verantwortlich, bei dem am Freitag ein US-Zivilbeschäftigter getötet und vier US-Soldaten sowie zwei irakische Sicherheitskräfte verletzt wurden.
Russland nannte die US-Angriffe, bei denen nach Angaben aus irakischen Sicherheitskreisen mindestens 25 Kämpfer getötet wurden, "inakzeptabel und kontraproduktiv". Zugleich rief das Außenministerium in Moskau "alle Parteien auf, weitere Aktionen zu unterlassen, die die militärisch-politische Situation im Irak, in Syrien und den angrenzenden Ländern schlagartig destabilisieren".
"Mit diesen Angriffen hat Amerika seine feste Unterstützung für Terrorismus und seine Missachtung der Souveränität von Staaten gezeigt", meinte ein iranischer Regierungssprecher. Die US-Regierung müsse "mit Konsequenzen für ihre illegalen Taten" rechnen, hieß es aus Teheran.
Instabil
Der Irak ist gleichermaßen von den USA und dem mächtigen Nachbarstaat Iran abhängig. Vom Iran unterstützte Schiitenmilizen trugen wesentlich zum Sieg über die Extremistengruppe "Islamischer Staat" (IS) im Irak bei und gehören inzwischen teils zum regulären Militär des Landes. Auch die USA unterstützen den Kampf gegen den IS militärisch. Als Teil der Anti-IS-Koalition sind deutsche Soldaten in der Nähe von Bagdad und im Nordirak stationiert.
Die Lage im Irak ist äußerst instabil; seit Anfang Oktober wird das Land angesichts einer schweren sozialen Krise von einer beispiellosen Protestwelle erschüttert. Unter dem Druck der Demonstranten trat Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi zurück, führt die Regierung aber geschäftsführend weiter. Der Iran versucht, die Bildung einer neuen Regierung zu beeinflussen.
wa/nob (rtr, afp)