Irak: Proteste gegen neuen Regierungschef
2. Februar 2020Einen Tag nach der Nominierung von Mohammed Taufik Allawi zum irakischen Ministerpräsidenten sind zahlreiche Menschen gegen diese politische Entscheidung auf die Straße gegangen. Die jüngsten Proteste waren in Bagdad und weiteren Städten im Süden ausgebrochen. Allein in der irakischen Hauptstadt versammelten sich Tausende und machten ihrem Unmut Luft, unter ihnen auch viele Schüler und Studenten.
In Karbala blockierten Demonstranten mehrere Hauptstraßen, woraufhin Sicherheitskräfte scharfe Munition und Tränengas einsetzten. Mehrere Menschen wurden verletzt. Für die Aktivisten gehört Allawi, früherer Kommunikationsminister, zur Elite, der sie Korruption und Misswirtschaft vorwerfen. Sie fordern einen politisch unabhängigen Kandidaten.
Ernennung "guter Schritt"
Der nationalistische Prediger Moktada al-Sadr rief derweil auf Twitter seine Anhänger zu Zurückhaltung und Zusammenarbeit mit den Behörden auf, damit Schulen und Geschäfte zur Normalität zurückkehren könnten. Der Schiitenführer hatte die Ernennung Allawis als "guten Schritt" bezeichnet.
Der frühere Ex-Minister Allawi war am Samstag zum Ministerpräsidenten des Iraks erklärt worden. Binnen eines Monats muss er eine neue Regierung bilden. In einer Fernsehansprache kündigte der 65-jährige Allawi an, dass diese das ganze Volk repräsentieren werde. Diejenigen, die für den Tod zahlreicher Demonstranten verantwortlich seien, würden zur Rechenschaft gezogen.
Der Irak beruhigt sich nicht
Der bisherige Regierungschef Adel Abdul-Mahdi hatte im November angesichts von Massenprotesten seinen Rücktritt erklärt. Seither hatten sich die zerstrittenen Parteien nicht auf einen Kandidaten einigen können. Die Ernennung Allawis hatte Hoffnungen geweckt, dass die politische Krise im Irak sich etwas beruhigen könnte.
Im Irak kommt es seit Anfang Oktober zu landesweiten Protesten gegen die politische Führung und die weit verbreitete Korruption im Land. Dabei kamen nach Angaben der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission mehr als 460 Menschen ums Leben. Mehr als 20.000 Demonstranten wurden verletzt.
sth/qu (rtr, dpa, afp)