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Spannung bis zum Schluss

3. Januar 2012

Im US-Bundesstaat Iowa unterzieht sich das Präsidentschafts-Kandidatenfeld der Republikaner dem ersten Votum. Ein Drittel der Wähler will erst ganz zum Schluss entscheiden, wem sie den Vorzug geben.

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Eine Gingrich-Anhängerin (Foto: DW)
Gingrich's Anhänger haben die Hoffnung noch nicht aufgegebenBild: DW/Christina Bergmann

Jim Stickney ist am Montagvormittag nach Walford im Nordosten Iowas gekommen, um sich Newt Gingrich anzusehen. Der Chef einer Beratungsfirma will hören, was der ehemalige Sprecher des US-Repräsentantenhauses zu sagen hat, "um einige Wähler bis zum Beginn der Caucusse umzustimmen". Stickney selbst schwankt noch, zwischen Gingrich und dem ehemaligen Gouverneur von Massaschusetts, Mitt Romney. Gingrich sei ein "qualifizierter Kandidat, der einen wunderbaren Präsidenten abgeben würde", sagt Stickney.

Doch er ist besorgt, dass die Wähler in der landesweiten Präsidentschaftswahl sich genauso von den negativen Kampagnen gegen Gingrich beeindrucken lassen wie hier in Iowa, wo Gingrich seit den Attacken seiner Konkurrenten, die ihn als zu kompromissbereit und zu liberal darstellen, in den Umfragen gefallen ist. Ein Kandidat, der nicht wählbar scheint, verliert an Attraktivität.

Gingrich hat in Iowa schon einmal das Rennen angeführt, aber viele negative Wahlkampfspots später liegt er kurz vor der Wahl auf Platz vier. In dem Bundesstaat scheint noch (fast) alles möglich. Auch wenn viele Wähler einen Favoriten haben, sind 41 Prozent von ihnen bereit, wie Jim Stickney in der letzten Minute ihre Meinung zu ändern. Das ergab die jüngste Umfrage unter republikanischen und unabhängigen Wählern des Des Moines Register, der Tageszeitung der Hauptstadt des US-Bundesstaates im Herzen des Landes. Denn die Regeln lassen es zu, dass jeder bis zum Schluss noch seine Sympathie für die Republikaner erklären und bei der Wahl deren Präsidentschaftskandidaten mitstimmen kann. Selbst Demokraten wie Mary Anne.

Die Person zählt mehr als die Partei

Mary Anne, die ihren Nachnamen nicht nennen will, ist aus dem benachbarten Cedar Rapids zu der Gingrich-Veranstaltung in eine Fahrzeughalle einer Firma für Rohrverlegung und Schutträumung gekommen. Sie war ihr ganzes Leben in Iowa Angehörige der demokratischen Partei. Vor vier Jahren hat sie zum ersten Mal republikanisch gewählt. Das Land habe damals begonnen, sich zu verändern, sagt sie.

Und jetzt will sie wieder einen Republikaner wählen, denn Präsident Obama habe die Wirtschaftslage im Land nicht verbessert. "Er macht Urlaub in Hawaii – wissen Sie, wann ich das letzte Mal einen Urlaub hatte?", ergänzt sie. Newt Gingrich könne gegen Präsident Obama gewinnen: "Wir brauchen jemanden, der uns aus der derzeitigen Lage wieder hinausführt und ich glaube, dass Newt Gingrich die meiste Erfahrung hat." Wenn er Präsident wird, hofft Mary Anne, werde sich ihre wirtschaftliche Lage so bessern, dass sie endlich in den Ruhestand gehen kann.

In Iowa liegt nach einer Umfrage der Tageszeitung der Hauptstadt, dem Des Moines Register, Mitt Romney vorne. Er hat hier nur spärlich Wahlkampf betrieben hat, profitiert aber von seiner ersten – vergeblichen – Präsidentschaftskandidatur von vor vier Jahren. Der Name Romney ist bekannt und er ist organisatorisch gut aufgestellt.

Eine Romney-Anhängerin (Foto: DW)
Für Mary Anne Rosonke ist Mitt Romney der beste KandidatBild: DW/Christina Bergmann

Zu seinem Wahlkampfauftritt am Abend in einem Gewerbegebiet in Marion, im Westen Des Moines, kommen wesentlich mehr Anhänger, als zu den anderen Kandidaten an diesem Tag. Die Republikanerin Mary Anne Rosonke aus West Des Moines ist wie hunderte andere in die große Lagerhalle einer Asphaltierfirma gekommen, weil sie Romney für den Bestqualifizierten hält: "Er hat die Olympischen Spiele [in Salt Lake City] zu einem Erfolg gemacht, was keine Kleinigkeit ist, er hat Erfahrung in der Wirtschaft, das ist eine gute Kombination, die ich mag."

Regierungserfahrung gegen konservative Werte

Auf die Frage, ob sie Mitt Romney für konservativ genug hält, zögert Rosonke. "Ich glaube schon", sagt sie. Denn die sozialen Themen, die viele andere der republikanischen Kandidaten in den Vordergrund stellen, seien für sie nicht so wichtig. Daraus solle sich der Staat raushalten, die Wirtschaftslage sei entscheidender, erklärt sie. Die Anhänger von Rick Santorum, die sich in einer Pizzeria in Altoona im Osten von Des Moines versammelt haben, sehen das anders. Konservative Werte sind für sie entscheidend. Santorum ist der erzkonservative Überraschungskandidat, der in der Umfrage in Iowa auf Platz drei nach oben geschnellt ist. Der Vater von sieben Kindern ist gegen gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibung.

Das gefällt zum Beispiel Joanne und Lowell Whisler: "Wir fanden ihn schon immer gut, er repräsentiert unsere Werte," erklärt Lowell, "und seit er in den Umfrage zugelegt hat, halten wir es für möglich, dass er tatsächlich gewinnt." Deswegen wollen die beiden Republikaner ihn mit ziemlicher Sicherheit wählen. Und selbst wenn Santorum nicht gewählt werden, ergänzt Lowell Whisler, "wird er den Standard der Debatte anheben."

Iowa kürt nicht unbedingt den nationalen Gewinner

Besondere Ansichten in die Debatte bringt auch Ron Paul ein – und er könnte Mitt Romney nach der jüngsten Umfrage des Des Moines Register in Iowa der ersten Platz streitig machen; er liegt nur knapp hinter ihm. Paul, der mit seinen extremen außenpolitischen Ansichten viele Republikaner irritiert, hat in Iowa treue und begeisterte Anhänger. Sie haben sich an diesem letzten Tag vor den Caucussen in dem Atrium eines schicken Hotels in Cedar Rapids versammelt. Gekommen ist auch William Dahlsten. Der Republikaner ist Kundenberater für einen lokalen Farbenhersteller und lebt seit Jahrzehnten in Cedar Rapids. Er nimmt regelmäßig an den Caucussen teil.

Ein Paul-Anhänger (Foto: DW)
Ron Paul Anhänger William DahlstenBild: DW/Christina Bergmann

Seit ein paar Jahren unterstützt Dahlsten Ron Paul: "Er ist die Stimme, derer, die die Ausbreitung der Regierungsmacht und die unerhörten Staatsschulden reduzieren wollen." Er ist sich nicht sicher, ob Paul tatsächlich die Nominierung bekommt, "aber ich will, dass seine Stimme durch Iowa länger ein Gewicht hat."

Denn Iowa wählt nicht immer den Gewinner, sorgt aber dafür, dass, wer hier auf den ersten Plätzen landet, gestärkt in die nächsten Runden geht. Auch vor vier Jahren hat der Bundesstaat im Herzen der USA – zumindest bei den Republikanern – nicht den letztendlichen Gewinner gekürt. Damals machte Mike Huckabee überraschend das Rennen. Nominiert wurde schließlich John McCain. Bei den Demokraten allerdings lagen die Iowans richtig. Sie setzten auf Barack Obama statt Hillary Clinton.

Autor: Christina Bergmann, Iowa
Redaktion: Rob Mudge