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Bachs süße Hoffnung auf Tokio 2021

16. November 2020

IOC-Präsident Thomas Bach verbreitet bei seinem Japan-Besuch demonstrativ Zuversicht, dass die Olympischen Spiele 2021 in Tokio über die Bühne gehen werden. Doch bis dahin ist es ein langer Weg voller Unwägbarkeiten.

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Japan Olympia Tokio 2020 Yoshihide Suga und Thomas Bach
IOC-Präsident Thomas Bach mit dem japanischen Ministerpräsidenten Yoshihide SugaBild: Kazuhiro Nogi/AP Photo/picture alliance

Thomas Bach scheint seinen Konfuzius gelesen zu haben. "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen", wusste der chinesische Philosoph (551- 479 v. Chr.), der mit seinen Weisheiten auch die Kultur Japans entscheidend mitgeprägt hat. Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), besucht derzeit Tokio und versucht, im Land des Olympia-Gastgebers Zuversicht zu verbreiten - oder, um frei mit Konfuzius zu sprechen: "Es ist besser, das kleine Licht der Hoffnung anzuzünden, dass die auf 2021 verschobenen Olympischen Spiele planmäßig ablaufen, als die Dunkelheit der Corona-Pandemie zu verfluchen." Das könnte Bach gedacht haben. 

Gleich am ersten Tag seines Japan-Besuchs traf sich Bach mit Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga. Die Olympische Flamme könne zu einem "Licht am Ende des Tunnels werden", sagte der IOC-Chef nach Angaben japanischer Medien: "Wir werden diese Olympischen Spiele wieder zu einem großen Symbol der Solidarität und der Einheit der Menschheit in dieser Welt machen, die bis dahin hoffentlich eine Welt nach dem Coronavirus sein wird."

Möglichst viele Olympia-Starter impfen

Auch Suga versuchte, im Stile Bachs Zuversicht zu verbreiten. "Wir sind fest entschlossen, im kommenden Jahr die Spiele in Tokio auszurichten", sagte der Regierungschef nach dem Treffen mit dem IOC-Präsidenten. "Die Spiele werden der Welt signalisieren, dass die Menschheit das Virus besiegt hat und dass Japan begonnen hat, sich von dem großen Erdbeben im Osten Japans im März 2011 zu erholen." Bei dem Beben und dem anschließenden Tsunami waren mehr als 22.000 Menschen ums Leben gekommen.

Japan Tokio Bahnhof Sendai Olympische Flamme
Olympische Flamme als Licht am Ende des Tunnels?Bild: AFP/P. Fong

Suga unterstrich, dass die Olympische Spiele auf sichere Weise veranstaltet würden, und Thomas Bach machte klar, wie er sich das vorstellt. Das IOC wolle "so viele ausländische Teilnehmer wie möglich überzeugen", sich freiwillig impfen zu lassen, sagte der oberste Olympier und kündigte an, dass das IOC in Zusammenarbeit mit den Nationalen Olympischen Komitees die Kosten dafür übernehmen würde - vorausgesetzt natürlich, ein Impfstoff liege bis dahin vor. Und nein, eine Impfpflicht für Athletinnen und Athleten werde es nicht geben. Wenn möglichst viele Olympiastarter und Fans gegen Corona geimpft seien, so Bach, sei er auch "sehr, sehr zuversichtlich, dass wir Zuschauer in den Stadien haben werden".

Infektionskurve zeigt steil nach oben

Erste Testläufe in Yokohama mit mehreren zehntausend Zuschauern bei Spielen der japanischen Baseball-Liga hatten zuletzt nicht unbedingt Grund zu sehr großer Zuversicht gegeben. "Es gibt immer noch viel zu tun vor den Spielen nächsten Sommer," räumte Nakamura Hidemasa vom Organisationskomitee der Spiele in Tokio. "Am Ende des Tages sind es die Menschen, die es möglich machen." Bei drei Spielen in Yokohama war das 34.000 Zuschauer fassende Stadion bis zu drei Viertel gefüllt gewesen. Bereits beim ersten Spiel, als nur rund die Hälfte der Plätze besetzt waren, hatten sich Schlangen gebildet – trotz einer App, die genau dies verhindern sollte. Einige Zuschauer hatten sich auch nicht an die Vorgabe gehalten, nur verhalten zu jubeln.

Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität in den USA, die weltweit die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus erfasst, wurden in Japan bisher (Stand 16.11.) knapp 120.000 Fälle registriert, fast 1900 Menschen starben. Zuletzt stieg die Infektionskurve wieder steil an. Regierungschef Suga hat versprochen, bis Mitte Juni 2021 ausreichend Impfstoffe zu besorgen, um alle Japanerinnen und Japaner gegen COVID-19 impfen zu können - und das kostenlos. Dennoch ist die Verunsicherung in der Bevölkerung nach wie vor hoch.

Olympia-Sponsoren zurückhaltend

Die Olympischen Spiele waren im März wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben worden. Sie sollen nun vom 23. Juli bis 8. August über die Bühne gehen. Die Organisatoren schätzen nach Angaben der Zeitung "Japan Times", dass der spätere Zeitpunkt die Spiele um mindestens 300 Milliarden Yen (rund 2,4 Milliarden Euro) teurer machen werden. Das würde die Olympia-Kosten auf umgerechnet rund 11,3 Milliarden Euro steigen lassen.

Die japanischen Olympia-Sponsoren betrachten die Entwicklung mit Sorge. In einer Umfrage der Zeitung "Mainichi Shimbun" im Oktober gaben 80 Prozent der Geldgeber an, die zusätzlichen Kosten spielten eine Rolle bei der Entscheidung, ob sie ihre Ende 2020 auslaufenden Sponsor-Verträge verlängern würden oder nicht. Etwa die Hälfte der Unternehmen erklärten, sie seien noch unentschlossen, ob sie mit im Boot bleiben würden.

Durch die Corona-Pandemie war die japanische Wirtschaft in eine tiefe Rezession gerutscht. Immerhin zog das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal des Jahres wieder kräftig an. Das ist ein kleines Zeichen, dass Zuversicht verbreiten könnte - wie jene, die IOC-Chef Thomas Bach in Japan mit Blick auf die Olympischen Spiele 2021 demonstrativ an den Tag legt. Oder wie Konfuzius sagt: "Hoffnung ist wie Zucker im Tee: Sie ist zwar klein, aber sie versüßt alles."

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter