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Intervention mit ungewissem Ausgang

Reinhold Meyer4. August 2003

Nach Wochen heftiger Kämpfe sind die ersten ausländischen Friedenstruppen in der liberianischen Hauptstadt Monrovia eingetroffen. Kehrt damit endliche Frieden ein in Liberia? Reinhold Meyer kommentiert.

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Nach wochenlangem politischen Poker und finanziellem Gefeilsche ist am Montag (4.8.) die erste Vorhut von insgesamt 1500 nigerianischen Soldaten in Liberia eingetroffen. Der UN-Sicherheitsrat hat ein starkes Mandat für den Friedenstruppeneinsatz erteilt und damit auch für eine glaubwürdige Abschreckung gesorgt. Zugleich soll eine Luftbrücke des UN-Welternährungsprogramms die Versorgung der Bevölkerung in der Haupstadt Monrovia sicherstellen.

Dies sind überfällige Schritte, die die Hoffnung zulassen, dass das seit Tagen anhaltende Morden und die sich anbahnende Hungerkatastrophe in Liberia gestoppt werden könnten. Sie beenden die quälende Tatenlosigkeit der internationalen Gemeinschaft, die den Verdacht bestärkte, Afrika gelte im Norden immer noch als ferner Kontinent, wo Hunger und Tod nur dann wahrgenommen werden, wenn es sich um strategisch wichtige Regionen handelt.

Die erste Sorge gilt den Hunderttausenden Menschen, die vor den heftigen Kämpfen in den vergangenen Wochen nach Monrovia geströmt waren. Sie gerieten nämlich auch dort zwischen die Kampffronten der Soldaten des noch amtierenden Präsidenten Charles Taylor und der beiden Rebellengruppen LURD (Vereinigte Liberianer für Versöhnung und Demokratie) und MODEL (Bewegung für Demokratie in Liberia). Das jetzige Eingreifen wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Einhaltung des schon am 17. Juni in Ghana geschlossenen Waffenstillstands endlich durchzusetzen, eine wirksame Pufferzone zwischen den sich bekämpfenden Akteuren einzurichten und den weiteren Friedensplan ohne Verzögerungen umzusetzen.

Das wird schwer sein, da dieser Friedensplan von einigen Vorbedingungen abhängt. So muss Charles Taylor seinen vielen Ankündigungen, er werde Liberia ohne Bedingungen verlassen, endlich die entscheidende Tat folgen lassen. Der Präsident, gegen den ein vom UN-Kriegsverbrechertribunal für Sierra Leone erwirkter internationaler Haftbefehl vorliegt, hat nun mit dem 11. August ein neues Rücktrittsdatum angegeben. Doch bleibt unklar, ob das nicht wieder nur politisches Taktieren ist.

Eine zweite wichtige Vorbedingung für den Frieden ist, dass die liberianischen Akteure ernsthaft mit dem Ziel verhandeln, sich auf eine gemeinsame Nachkriegsordnung für das geschundene Land zu einigen und diese zu realisieren. Beide Rebellenbewegungen, LURD und MODEL, könnten der Versuchung erliegen, im Kampf gewonnene Positionen zu Machtansprüchen werden zu lassen und auf Pfründe nicht verzichten zu wollen. LURD wurde im Juli 1999 im benachbarten Sierra Leone von einer Gruppe von Exil-Liberianern gegründet. Die konkurrierende Bewegung MODEL bildete sich erst im März 2003 als Produkt der gegenseitigen Destabilisierungstaktik zwischen Taylor und seinem Amtskollegen an der Elfenbeinküste. Beide Bewegungen haben wegen ethnischer Probleme und noch nicht geklärter interner Führungsansprüche eine labile Struktur. Dies könnte kommende Verhandlungen über die Zukunft Liberias wesentlich erschweren.

Eine weitere Vorbedingung ist schließlich, dass Guinea und die Elfenbeinküste jegliche Aktivitäten beenden, die beiden Rebellenbewegungen weiterhin für ihre jeweiligen regionalen Interessen zu instrumentalisieren. Diese Politk - Guinea unterstützt LURD, die Elfenbeinküste MODEL - hat maßgeblich zu der katastrophalen Situation in Liberia beigetragen. Hier müssen die westafrikanische Regionalorganisation ECOWAS ebenso wie die Afrikanische Union und die internationale Gemeinschaft anhaltenden Druck ausüben. Sie dürfen nicht die Augen verschließen - wie es die Amerikaner bisher in Guinea getan haben.

Erst wenn diese Vorbedingungen erfüllt sind, besteht Hoffnung auf den Beginn einer friedlichen Zukunft für Liberia. Doch wird der Wiederanfang in dem nach 14 Jahren Bürgerkrieg geschundenen Land ein sehr beschwerlicher, langer Weg sein. Die Hauptstadt ist zerstört, die Gesundheitsversorgung im Land zusammengebrochen und die Schulen sind zu Flüchtlingslagern geworden. Die Sicherheit wird weiterhin durch Milizen und Kindersoldaten bedroht, eine Zivilgesellschaft ist nicht mehr vorhanden. Wie in anderen Krisenherden in Afrika sind nach Liberia so viele Waffen gebracht worden, dass Warlords auch zukünftig immer wieder in Versuchung geraten könnten, in räumlich begrenzten Gebieten Macht auszuüben.

Eine zusätzliche tragische Dimension bekommen die Vorgänge in Liberia noch dadurch, dass die Liberianer ihre größten Hoffnungen auf die Amerikaner und deren besondere historischen Beziehungen zu Liberia setzen - während Washington sich vor einer Militärintervention in Afrika scheut. Daher gilt auch jetzt noch: Die Zukunftsaussichten für Liberia stehen nicht gut.