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KonflikteNahost

Internationales Entsetzen: Was geschah beim Konvoi in Gaza?

1. März 2024

Tote und Verletzte bei einer Hilfslieferung im nördlichen Gazastreifen: Nach der Katastrophe rund um einen Hilfskonvoi in dem Palästinensergebiet gibt es harsche Kritik an Israel.

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Gazastreifen | Behandlung von verwundeten im Shifa Krankenhaus (29.02.2024)
Bei den Vorfällen rund um den Hilfskonvoi in Gaza verletzte Palästinenser im Shifa-Krankenhaus in der Stadt GazaBild: Mahmoud Essa/AP/picture alliance

Die genauen Umstände der tödlichen Katastrophe in Gaza-Stadt sind noch immer unklar: Hilfslieferungen sollten in das extrem unterversorgte Gebiet geliefert werden, in dem Israels Armee weiter gegen die Terrorgruppe Hamas kämpft. Bei der Ankunft der beladenen Laster in diesem Teil des Gazastreifens kam es zu chaotischen Szenen. Menschen drängten zu den LKWs, um Hilfslieferungen zu bekommen. Es fielen auch Schüsse.

Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen bei dem Vorfall 112 Menschen ums Leben und 760 wurden verletzt. Von israelischer Seite heißt es, bei dem "chaotischen Gedränge", als Tausende Menschen zum Konvoi stürmten, seien einige von Lastwagen überfahren und andere zu Tode getrampelt worden, was Israel mit Luftaufnahmen zu belegen versucht.

Israelische Luftaufnahme vom Gedränge um Hilfskonvoi (29.02.2024)
Israelische Luftaufnahme vom Gedränge um den HilfskonvoiBild: Stringer/Anadolu/picture alliance

Der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur warf Israel die vorsätzliche Tötung von Palästinensern vor. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari wies die Vorwürfe zurück: "Es gab keinen Angriff des israelischen Militärs auf den Hilfskonvoi." Ein anderer Militärsprecher, Peter Lerner, sagte dem US-Fernsehsender CNN, nach ersten Erkenntnissen habe sich im Zuge des Tumults eine Gruppe von Menschen israelischen Soldaten genähert. Das Militär habe daraufhin Warnschüsse in die Luft abgegeben. Die Gruppe habe sich den Soldaten jedoch weiter genähert und eine Bedrohung dargestellt, woraufhin die Soldaten das Feuer eröffnet hätten. Eine Handvoll Menschen sei bei dem Vorfall verletzt worden, sagte Lerner.

Heftige internationalen Reaktionen

Überprüfen lassen sich die Angaben zu den Vorfällen bislang nicht. UN-Generalsekretär António Guterres forderte eine "unabhängige Untersuchung" der Ereignisse.

António Guterres, UN-Generalsekretär (29.02.2024), Porträtfoto
UN-Generalsekretär Guterres fordert eine unabhängige UntersuchungBild: Robertson S. Henry/REUTERS

Auch die USA pochen auf "Antworten". "Wir benötigen dringend zusätzliche Informationen darüber, was genau geschehen ist", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in Washington. Auch Frankreichs Außenminister Stéphane Séjourné verlangte Erklärungen. "Es muss eine unabhängige Untersuchung geben, um festzustellen, was passiert ist", sagte Séjourné dem Sender France Inter. Frankreich müsse offen ansprechen, wenn "in Gaza Gräueltaten geschehen".

International ist das Entsetzen über die Vorfälle in Gaza groß und Israel sieht sich mit massiven Vorwürfen konfrontiert. In New York befasste sich der UN-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung hinter verschlossenen Türen mit dem tödlichen Vorfall. "Der Sicherheitsrat sollte sagen, dass das Maß voll ist", sagte der Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde bei den Vereinten Nationen, Rijad Mansur, vor der Sitzung zu Journalisten.

Algerien legte einen Entwurf für eine Erklärung vor, in dem "tiefe Besorgnis" zum Ausdruck gebracht wird und "Schüsse der israelischen Armee" für die Eskalation der Lage verantwortlich gemacht werden. Mansur sagte nach der Sitzung, 14 der 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates hätten den Text unterstützt. Nach Angaben aus diplomatischen Kreisen war die Veto-Macht USA dagegen, Israel verantwortlich zu machen.

Die Verhandlungen werden aber fortgesetzt. Der stellvertretende US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Robert Wood, sagte, es werde nach einer Wortwahl gesucht, um zu einer gemeinsamen Erklärung des Gremiums zu kommen. "Das Problem ist, dass wir nicht alle Fakten vorliegen haben."

USA UN Sanktionen gegen Kongo - US-Botschafter Wood auf Konferenz (United Nations Security Council)
US-Botschafter Wood (Archiv): "Noch fehlende Fakten"Bild: Brendan McDermid/REUTERS

Das Geschehen zeige, warum eine schnelle Einigung auf eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln in den Händen der islamistischen Hamas notwendig sei, heißt es aus dem US-Außenministerium. Die USA würden sich "sehr dafür einsetzen, eine Einigung zu erzielen", sagte Ministeriumssprecher Miller.

Bundesregierung stockt humanitäre Hilfe auf

Angesichts des Leids der Menschen im Gazastreifen will Deutschland seine humanitäre Hilfe um weitere 20 Millionen Euro aufstocken. Das kündigte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Berlin an. Diese Summe reiche aber bei Weitem nicht aus. Die Zahl der Lastwagen, die lebensrettende Nahrungsmittel, Medikamente und andere Hilfsgüter nach Gaza bringen, sei in den vergangenen Wochen stark zurückgegangen. "Das ist nicht akzeptabel. Die israelische Regierung muss umgehend sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe ermöglichen", forderte die Ministerin.

Gaza: Bergung von Verletzten rund um den Hilfskonvoi (29.02.2024)
Bergung von Verletzten rund um den Hilfskonvoi (am Donnerstag)Bild: REUTERS

Der blutige Konflikt im Gazastreifen wurde durch den Großangriff der Hamas auf Israel vor fünf Monaten ausgelöst. Hunderte Hamas-Terroristen überfielen am 7. Oktober Ortschaften und ein Pop-Festival im Süden Israels. Sie töteten dabei nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen und nahmen rund 250 Geiseln, die sie in unterirdische Verstecke im Gazastreifen entführten.

Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Erklärtes Ziel der rechtsreligiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist die Zerstörung der Hamas. Dabei wurden nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 30.000 Palästinenser getötet. Die Hamas wird von Deutschland und vielen anderen Staaten als Terrororganisation eingestuft.

AR/kle/jj (dpa, epd, afp)

Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert. Redaktionsschluss: 16.00 Uhr (MEZ).