Internationale Kooperation im Odebrecht-Skandal
17. Februar 2017Zur Aufklärung des ganz Lateinamerika erschütternden Bestechungsskandals um den Odebrecht-Konzern findet auf Einladung der Generalstaatsanwaltschaft Brasiliens in der Hauptstadt Brasília ein zweitägiger "Ermittler-Gipfel" statt (Artikelbild). Die Staatsanwälte wollen bei der Aufklärung enger zusammenarbeiten.
Es soll sich um eine der größten Schmiergeldaffären der Welt handeln. Die Ermittlungen begannen im Jahr 2014 und förderten nach und nach ein ausgeklügeltes System zur Zahlung von Schmiergeldern an Politiker, Parteien, Staatsbeamte und Manager in Lateinamerika und Afrika zutage. Mit dem Geld sollen sich der Odebrecht-Konzern und andere Baufirmen Aufträge gesichert und teils sogar eine vorteilhafte Gesetzgebung erkauft haben. Insgesamt sollen mindestens 785 Millionen US-Dollar an Schmiergeld geflossen sein.
Nach der Zusage von Kronzeugenregelungen hatten zuletzt immer mehr Odebrecht-Vertreter ausgesagt, das Unternehmen habe sogar eine eigene Bestechungs-Abteilung betrieben. Insgesamt 77 Odebrecht-Manager machten Aussagen, im Gegenzug für Strafminderungen seitens der Justiz. Dazu gehört auch der ehemalige Generaldirektor des Unternehmens, Marcelo Oedebrecht, der in Brasilien zu mehr als 19 Jahren Haft verurteilt wurde.
Skandal versetzt Politiker in Angst
Die bisher noch nicht publik gemachten Aussagen in der Affäre stellen für Brasilien und andere Länder eine tickende Zeitbombe dar. Immer mehr amtierende und ehemalige Politiker Lateinamerikas scheinen in den Fall verwickelt zu sein.
Die Aussagen könnten vor allem die Regierung von Präsident Michel Temer ins Wanken bringen. In den brasilianischen Medien wurden die Verhörprotokolle wegen ihrer möglichen Wirkung bereits als "Weltuntergang" bezeichnet. Es soll Vorwürfe geben gegen die Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und Dilma Rousseff, gegen den aktuellen Präsidenten Temer, mehrere seiner Minister, Gouverneure und Ex-Gouverneure sowie bis zu 200 Parlamentarier.
Verwickelt sein könnten auch Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos und der ehemalige peruanische Präsident Alejandro Toledo. Santos steht im Verdacht, von Odebrecht Geld für seinen Wahlkampf bekommen zu haben. Toledo soll bis zu 20 Millionen US-Dollar Bestechungsgelder kassiert haben, für den Bau der Interoceánica, der Straße die den Atlantik und Pazifik über Tausende Kilometer in Südamerika verbindet. Er wird derzeit mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Der in den 1940er Jahren in Bahía von den Nachfahren deutscher Einwanderer gegründete Baukonzern ist auch eines der Unternehmen, die in den Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras in Brasilien verwickelt sind. Odebrecht beschäftigt 250.000 Mitarbeiter in 28 Ländern.
qu/cgn (afp, dpa, APE)