Erste Helfer in Nepal eingetroffen
27. April 2015Hilfsflugzeuge aus aller Welt erreichten die Hauptstadt Kathmandu mit Gütern wie Nahrungsmitteln, Medikamenten und Kommunikationsgeräten. Die Hilfslieferungen kamen nur schleppend in das Land, weil der internationale Flughafen von Kathmandu wegen zahlreicher Nachbeben immer wieder geschlossen werden musste. Koordiniert wird die Hilfe für Nepal vom UN-Büro zur Nothilfe-Koordinierung (OCHA).
Die auf die Bergung von Erdbebenopfern spezialisierte Hilfsorganisation I.S.A-R. Germany brachte 52 Bergungsexperten, Ärzte, Sanitäter sowie Suchhunde in das Katastrophengebiet (Artikelbild). Die christliche Hilfsorganisation Malteser International entsandte ein Erkundungsteam, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Auch Caritas startete einen Nothilfeeinsatz, während Care Experten nach Nepal schickte, um ihre 150 Mitarbeiter vor Ort zu unterstützen.
Das Deutsche Rote Kreuz kündigte für diesen Montag an, von Berlin ein Flugzeug mit 60 Tonnen Zelten, Decken, Hygienepaketen und anderen Hilfsgütern los zu schicken. Der vom Auswärtigen Amt finanzierte Flug soll auch eine Trinkwasseraufbereitungsanlage transportieren. Auch das deutsche Technische Hilfswerk (THW) schickte ein Vorausteam nach Kathmandu.
Alle wollen helfen
Die Europäische Kommission stellte drei Millionen Euro Soforthilfe für Nepal bereit. Das Geld solle unter anderem für Trinkwasser, Medikamente und Zelte verwendet werden, hieß es in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Die drei Millionen Euro fließen zusätzlich zu den Hilfen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten.
In den USA startete am Sonntag eine Militärmaschine mit knapp 70 Rettungskräften und sechs Suchhunden in Richtung Kathmandu. Neuseeland und Australien stellten zusammen mehr als 4,5 Millionen Dollar bereit. China entsandte 62 Spezialisten mit Spürhunden. Indien flog mit zwei Militärflugzeugen eigene Bürger aus und entsandte 13 Militärflugzeuge mit Hilfsgütern. Auch Pakistan schickte einen Flug mit Hilfsgütern los.
Tote auch in den Nachbarländern
Die Rettungsbemühungen werden durch starke Nachbeben sowie die Schäden an Straßen, Stromleitungen und dem Telefonnetz behindert. Am späten Sonntag erschütterte ein Erdstoß der Stärke 5,3 erneut das Land. Das Mobiltelefonnetz funktionierte nur sporadisch. Weite Teile der Hauptstadt waren ohne Strom. Meteorologen kündigten für die nächsten Tage schlechtes Wetter an.
Die Opferzahl des Erdbebens in der Himalaya-Region stieg derweil auf mehr als 3200. In Nepal gab es laut Katastrophenschutzzentrum 3218 Tote und mehr als 6500 Verletzte. In den Nachbarländern wurden bislang 90 Todesopfer verzeichnet. Es war das schwerste Erdbeben in der Region seit 1934, als bei einem Beben der Stärke 8,1 in Nepal und Indien 10.700 Menschen ums Leben kamen.
Trinkwasser und Medikamente werden knapp
Der Erdstoß zerstörte große Teile der Infrastruktur Nepals, viele alte Häuser sowie Weltkulturerbe- und Pilgerstätten. Die Bewohner von Kathmandu flohen auf die Straßen und trauten sich wegen der Nachbeben nicht in ihre Häuser zurück. Alle Parks, Gehwege und öffentlichen Plätze hätten sich in Zeltstädte verwandelt, sagte ein Sprecher des Roten Kreuzes.
Krankenhäuser waren so überfüllt, dass Zelte aufgestellt werden mussten. Ein Arzt sagte, die meisten Verletzten seien Kinder. Viele hätten Kopfverletzungen und Brüche erlitten. Blutkonserven und Medikamente gingen zur Neige, erklärten die Vereinten Nationen (UN). Hilfsorganisationen fürchten, dass bald auch das Wasser und die Medikamente ausgehen.
Für die vielen Toten war in den Leichenschauhäusern bald kein Platz mehr. In Kathmandu wurde mit der Einäscherung von Erdbebenopfern begonnen. Im Bezirk Pashupatinath stieg durch die Massenverbrennungen dichter Rauch auf.
Drama am Mount Everest
Das ganze Ausmaß der Zerstörung ist noch nicht abzusehen, weil viele abgelegene Dörfer zunächst nicht erreicht wurden. "Wir haben alle unsere Such- und Rettungsressourcen mobilisiert", sagte der nepalesische Polizeisprecher Kamal Singh Bam. Hubschrauber seien in entlegene Gebiete geschickt worden, Einsatzkräfte würden auf der Suche nach Überlebenden durch die Trümmer graben. Das Rote Kreuz äußerte sich besorgt über das Schicksal der Dörfer in der Nähe des Epizentrums des Bebens rund 80 Kilometer nordwestlich von Kathmandu.
Am Mount Everest starben mindestens 19 Menschen, als eine viele Stockwerke hohe Staublawine über das Basislager des höchsten Berges der Welt fegte. Dort hielten sich rund 1000 Menschen auf. 65 Verletzte wurden aus dem Lager ausgeflogen. Zu etwa 100 Menschen in der Everest-Region besteht derzeit kein Kontakt. Viele von ihnen könnten in höheren Camps sein, hieß es. In Nepal ist derzeit Hauptsaison für Bergsteiger und Wanderer.
Nepals Regierungschef Sushil Koirala bat "ausländische Freunde" um Hilfe und Unterstützung. "Wir werden diese dunkle Zeit zusammen durchstehen", sagte er. Papst Franziskus sprach den Opfern der Erdbebenkatastrophe sein Beileid aus. Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel zeigten sich tief betroffen. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, es bemühe sich um die Aufklärung des Verbleibs deutscher Reisender in Nepal.
gmf/haz (afp, ap, dpa, rtr)