1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Anti-AKW lebt

6. Mai 2009

Deutsche Politiker denken über den Ausstieg aus dem Atomausstieg nach. Atomkraftgegner dagegen fordern mehr erneuerbare Energien. Ihr Protest ist nicht so laut wie einst, aber beharrlich - und europaweit.

https://p.dw.com/p/Hkqv
Schild "Stoppt Castor" (Foto: Yordanka Yordanova)
Bild: DW/Yordanka Yordanova

Notsignal. Grauer Nebel bedeckt den Hindenburgplatz in Münster. Ein nachgebildetes Atomkraftwerk bricht auseinander. Passanten fallen zu Boden und werden von Leuten in Schutzanzügen und Atemmasken mit weißen Tüchern bedeckt. Eine Szene, die zurück in die Vergangenheit führt - 1986, der Atom-Unfall in Tschernobyl. Die Aktion ist eine Idee der Greenpeace-Aktivisten, die an der Demonstration in Münster teilnehmen.

Die 21-jährige Sabine Baumküter, Sprecherin von Greenpeace Münster, sieht die Aktion in Münster nicht nur als einen Prostest gegen die Atomkraft, sondern auch als einen Versuch, die Menschen aufzufordern, bei der Energieversorgung mitzudenken. Die Menschen bekämen den Strom aus der Steckdose, rechneten mit den Stadtwerken oder mit anderen Energieversorgern ab und fertig, beschreibt Sabine Baumküter die Einstellung vieler Menschen. "Wir denken oft nicht darüber nach, was dahinter steckt. Energieversorgung ist nicht selbstverständlich und wir tragen eine Verantwortung dabei", sagt sie.

"Atomanlagen sofort stilllegen"

Demonstranten (Foto: Yordanka Yordanova)
Protest gegen Atomenergie auf dem Hindenburgplatz in MünsterBild: DW/Yordanka Yordanova

Die einzige Alternative seien die erneuerbaren Energiequellen, so die Umweltschützer. Denn, wie das Motto der Demonstration in Münster lautet: "Tschernobyl mahnt: Keine Renaissance der Atomenergie - Atomanlagen sofort stilllegen!!" Gerade diese Idee bringt die Demonstranten in Münster auf dem Hindenburgplatz zusammen.

Es sei schon längst überfällig, dass Atomkraftwerke abgeschaltet werden, sagt die 29-jährige Marion aus Gronau in Westfalen, wo es eine Urananreicherungsanlage gibt. Sie ist überzeugt, dass man auf jeden Fall auf erneuerbare Energien umschwenken müsse. "Sonst gibt es für uns keine Zukunft", glaubt sie.

Wolfgang Jerek ist mit seinen beiden Söhnen - sechs und neun Jahre alt - extra wegen der Protestaktion fast 100 Kilometer von seinem Heimatort Wuppertal nach Münster gefahren. Er will so seiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass Atomkraft eine risikoreiche Technologie sei und Gesundheitsschäden schon jetzt von enormem Ausmaß verursachten. "Und das muss ein Ende haben.", so Wolfgang Jerek.

Deutsche Demonstration mit internationalem Flair

Fässer (Foto: Yordanka Yordanova)
Wohin mit dem Atommüll, fragen sich AtomkraftgegnerBild: DW/Yordanka Yordanova

Die Demonstration in Münster ist Teil der deutschen Proteste anlässlich des Jahrestags des verheerenden Atomunfalls von Tschernobyl vor 23 Jahren. Am selben Wochenende demonstriert man im schleswig-holsteinischen Geesthacht gegen eine neue Inbetriebnahme des Atommeilers Krümmel. Die vom Energieversorger Vattenfall betriebenen Meiler Krümmel und Brunsbüttel waren im Sommer 2007 nach Störfällen abgeschaltet worden.

Initiator der Demonstration in Münster ist das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Die Teilnehmer sind aus den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, aber auch aus dem Nachbarstaat Niederlande zusammengekommen. Und so hat die als überregional gedachte Protestaktion einen internationalen Charakter bekommen – mit Rednern aus Bulgarien, Frankreich und Russland. Sie kritisieren insbesondere die großen Energiekonzerne für ihre Kernkraftpläne. Die Bulgarin Albena Simeonova kommt aus Belene. Dort wird ein zweites Atomkraftwerk geplant - mit Unterstützung des deutschen Konzerns RWE. "Belene befindet sich in einem Erdbebengebiet. Wenn in Bulgarien etwas passiert, wird ganz Europa unter den Folgen leiden, weil wir nicht weit entfernt voneinander wohnen", sagt sie auf der Tribüne in Münster und wendet sich an alle Demonstranten: "Ich bitte Euch noch mal, helft uns, die Zukunft unserer Kinder zu sichern. Helft uns, unser Land zu sichern."

Der russische Redner Rashid Alimow weist auf das Problem der Entsorgung des Atommülls hin. Ein weiterer Atommülltransport aus der Urananreicherungsanlage im münsterländischen Gronau nach Russland drohe, so Rashid Alimow aus Sankt Petersburg. Dabei könne dort von sachgemäßer Lagerung keine Rede sein und man könne von einem atomaren Genozid sprechen.

Widerstand ohne Grenzen

Demonstration (Foto: Yordanka Yordanova)
Protestcamp-Atmosphäre in MünsterBild: DW/Yordanka Yordanova

Matthias Eickhoff, Sprecher des Aktionsbündnisses Münsterland gegen Atomanlagen, appelliert für eine internationale Solidarität. Wie die Radioaktivität bei Tschernobyl gezeigt habe, dass sie keine Grenzen hat, so Eickhoff, dürfe auch der Widerstand gegen Atomkraft keine Grenzen kennen. Denn jedes neue Atomkraftwerk, egal ob es in Deutschland oder irgendwo in Europa gebaut werde, verhindere den Umstieg auf erneuerbare Energien, so Matthias Eickhoff weiter.

In Deutschland werden Demonstrationen gegen die Atomenergie weiter organisiert. Am 5. September, unmittelbar vor den Bundestagswahlen, steht ein nationaler Protest in Berlin bevor.

Autorin: Yordanka Yordanova

Redaktion: Dirk Eckert

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen