Ins Internet über Satellit
24. Mai 2014Wer ins Internet will, nutzt meist entweder ein Kabel oder eine Mobilfunkverbindung. Aber es geht auch anders: Über Satelliten kommt man heute ebenso stabil und zuverlässig ins Netz. Dieser Weg ist nicht nur für Menschen in entlegenen Weltregionen interessant, sondern auch für Unternehmen in Industrieländern, die keine Netzausfälle riskieren dürfen.
Um zu zeigen, wie einfach das geht, hat Patrick Lewis von der Firma Telespazio-VEGA eigens einen kleineren Mittelklassewagen mit einer Satellitenanlage ausgestattet. Auf der Internationalen Luftfahrtausstellung in Berlin führt er vor, wie er damit den Kontakt zum Satelliten aufbaut. Die Antenne verbirgt sich zunächst in einer unscheinbaren Dachgepäckbox.
"Im Kofferraum sehen Sie zwei Geräte: Eine Kontrolleinheit für die Satellitenantenne auf dem Dach und ein Satellitenmodem", erklärt Lewis die Funktionen. "Das Modem baut die Sende- und die Empfangsstrecke auf." Beide Geräte sind platzsparend in einem Rack, also einem kleinen Schrank, eingebaut.
In zwei Minuten online
Die Bedienung ist ganz einfach. Es gibt nur zwei Knöpfe. Einer gibt der Antenne den Befehl: "Finde den Satelliten", der andere: "Fahr wieder ein". "Selbst ein Kaufmann wie ich - der keine technische Hintergrundbildung hat - kann mit diesem Gerät problemlos umgehen", sagt Lewis und drückt den ersten Knopf. Die Dachgepäckträgerbox öffnet sich, und eine Satellitenschüssel fährt vollautomatisch aus.
"In der Antenne ist ein GPS Sensor eingebaut, ein Kompass und auch ein Messgerät, das genau weiß, in welchem Winkel das Auto gerade steht", erklärt Lewis. "All diese Daten benutzt die Steuereinheit um eine millimetergenaue Ausrichtung auf den Satelliten auszuführen."
Schon nach zwei Minuten steht eine vollständige Internetverbindung - schneller als der Laptop brauchte, um in der Zwischenzeit hochzufahren. Und auch die Geschwindigkeiten des Internetzugangs können sich durchaus sehen lassen: 20 Mbit im Download und sechs Mbit im Upload.
Wer surft, merkt kaum einen Unterschied zu einer haushaltsüblichen DSL-Leitung. "Die meisten Leute, die solch eine Leitung nutzen, haben mehr als genug Bandbreite für all ihre Applikationen zur Verfügung", sagt Lewis. "Selbst HD Filme kann man gut empfangen."
Software muss angepasst sein
Nur bei bestimmten Software-Anwendungen, wo zwei Computer über das Internet sehr eng miteinander verflochten sind, kann es manchmal etwas ruckeln. Zum Beispiel wenn jemand einen Computer in den USA von Deutschland aus bedient, etwa bei Verwaltungsprogrammen großer Firmen. Dann treten Verzögerungen auf, sogenannte Latenz. Das bedeutet: Signale von einem Rechner können nicht schneller zum anderen reisen als mit Lichtgeschwindigkeit. Und der weite Umweg über den Satelliten macht sich dann durch kurze Pausen bemerkbar. Nutzt man aber eine angepasste Software und Zwischenspeicher, lässt sich dieses Problem lösen.
Die Kosten für das Internet aus dem Weltall unterscheiden sich, je nach der konkreten Nutzung. Weil der Hersteller die Anlage nach den Bedürfnissen des Kunden konfigurieren muss, und auch die Software darauf abstimmt, gibt es das Paket nicht im Elektrohandel zu kaufen. Teuer muss es trotzdem nicht sein: Ist die Anlage einmal installiert und nutzt man nicht die volle Bandbreite, lassen sich die Kosten auf etwa 60 Euro im Monat begrenzen, denn nicht jeder braucht eine teure, mobile Empfangsantenne auf einem Autodach.
Eine Schüssel wie sie zum Fernsehempfang üblich ist, reicht für die meisten völlig aus. "Dadurch, dass man jetzt so leistungsfähige Satelliten hat, die sehr viel mehr Power haben als in der Vergangenheit, und sich auch die Übertragung verbessert hat, kann man mit sehr kleinen Schüsseln bereits sehr große Bandbreiten erzeugen", sagt der Physiker Karl-Heinz Walker, der die Kundenbetreuung leitet.
Sichere Backup-Lösungen für Unternehmen
So lassen sich zum Beispiel Schulen oder Betriebe in entlegenen Weltregionen leicht ans Internet anbinden. Aber auch für Kunden in hochentwickelten Industrieländern hat das Satelliten-Internet etwas zu bieten, nämlich Betriebssicherheit. Für viele mittelständische und große Unternehmen, zum Beispiel für Banken, bringt ein Systemausfall sofort große finanzielle Einbußen mit sich. Deshalb setzen sie auf Backup-Systeme: Sie lassen sich von zwei unterschiedlichen Telekommunikations-Firmen jeweils eine Leitung legen.
Was viele dabei aber nicht bedenken: Bürogebäude sind meist nur mit einem Kabelstrang an die Außenwelt angebunden. Den teilen sich wiederum viele Anbieter. Damit laufen beide Kommunikationsverbindungen doch wieder durch dasselbe Kabel. Trennt dann ein Bagger das Kabel durch, bricht in einem Serverraum ein Feuer aus oder kommt es zu einem großflächigen Stromausfall in einem Stadtteil oder Landstrich, läuft dann wirklich gar nichts mehr.
"Ein Backup-System auf der gleichen Strecke nützt nichts", betont der Kaufmann Lewis. "Wenn wir einen Ausfall haben, wenn regional irgendetwas passiert, dann ist ein Satelliten-Backup der einzige Weg, der auch eine regionale Unabhängigkeit der Kommunikation bietet."
Verbindung in Katastrophengebiete
Gerade nach Naturkatastrophen sind deshalb Satellitenverbindungen - auch für die Rettungskräfte - wichtig. Also werden Einsatzleitfahrzeuge der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes damit ausgestattet. Die Retter können dann von der Außenwelt wichtige Informationen bekommen. "Wenn Sie in Katastrophengebiete kommen, brauchen Sie zum Beispiel sehr schnell Bilder aus dem All, wo man sieht: 'Wie groß ist die Katastrophe wirklich?'" sagt Walker. "Und das können Sie mit einer Satellitenantenne sehr schnell und zuverlässig übertragen. Das geht mit keinem anderen Medium."
Auch die Hochseeschifffahrt ist heute längst online. Allerdings gibt es hier einen kleinen - aber teuren - Unterschied zu dem Kleinwagen auf der ILA. "Schiffe brauchen hochspezialisierte Antennen, die so dreidimensional gelagert sind, dass sie die Bewegung des Schiffs kompensieren können", erklärt Walker.
Moderne Containerschiffe nutzen das Internet vor allem, um aktuelle Seekarten und Logistikinformationen zu empfangen und zu senden. Aber auch über das Weltgeschehen, wollen die Seeleute informiert sein, sagt er. "Zweimal am Tag - wenn die Bandbreite der Satellitenverbindung nicht voll genutzt wird - liefern wir an unsere Schiffe eine halbe Stunde TV-Nachrichten - sogar mehrsprachig."