Hannover Messe
22. April 2009Zugegeben, das Thema ist nicht neu. Aber es kristallisiert sich immer mehr als industrieller Megatrend heraus: Energie sparen schon während der Produktion. Gerade für die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer ist das schon lange kein Fremdwort mehr. Denn der Energieverbrauch ist seit eh und je ein großer Kostenfaktor für Unternehmer gewesen. In Zeiten, in denen die Stromrechnung immer mehr zur Belastung wird, kommt dem Thema Energieeffizienz eine immer größere Bedeutung zu. Die Hannover Messe trägt dem Rechnung, sie stellt den Bereich Energie in den Mittelpunkt der Schau.
Strom sparen, Klima schützen
Die Rechnung ist scheinbar einfach: Wer Kosten senken muss, der sollte Energie sparen. Und er wird nebenbei zum Klimaschützer. Alles, was man dafür braucht, ist in Hannover an vielen Ständen zu besichtigen. Denn immerhin verbraucht die deutsche Industrie fast die Hälfte des hierzulande erzeugten Stroms und pustet inklusive der Stromerzeugung jedes Jahr rund 350 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft. Allein durch den Austausch veralteter Antriebssysteme könnte die Industrie ihren Stromverbrauch um elf Prozent senken.
Bayer Technology Services, die Technologie-Tochter des Pharma- und Chemiekonzerns Bayer, prüft die riesigen Anlagen des Unternehmens laufend auf Einsparmöglichkeiten. Jetzt wird der "Bayer Climate Check" auch anderen Unternehmen als Dienstleistung angeboten. "Die Effizienzsteigerungen, die wir bei uns gefunden haben, sind ja auch in den Bereichen Pumpen, Elektromotoren, Lüftung, Heizen und Kühlen zu finden", sagt Verkaufsleiter Klaus Sommer. Er steht vor dem Modell einer Bio-Ethanol-Anlage und zeigt auf das Beispiel Heizen und Kühlen. Auf einem Schild wird eine Ersparnis von über acht Millionen Euro angezeigt - durch eine bessere energietechnische Schaltung dieser Prozesse: "Da kann man sehr viel Energie sparen - in diesem Falle 45 Prozent."
Stromfresser: Pumpen, Ventilatoren, Antriebe
Die Möglichkeiten, Energie zu sparen, scheinen grenzenlos. Mit Vermeidung von Standby- und Aufwärmzeiten, mit leichteren Teilen und besserer Steuerung lässt sich der Energieverbrauch einer Werkzeugmaschine schon heute um ein Drittel senken. Pumpen sind ebenfalls ein Energiefresser. Auch hier schlummern riesige Sparpotentiale bis zu 50.000 Euro pro System.
Stromfresser sind auch Ventilatoren, die zu Millionen in den Fabriken dieser Welt surren. Der Mittelständler ebm-papst aus Baden-Württemberg, Weltmarktführer mit seinen Produkten, hat die Lösung. Mit den Lüftern der neuesten Generation lassen sich 70 Prozent Energie sparen. Würde man europaweit alle Ventilatoren gegen neue, elektronische austauschen, so haben es die ebm-papst-Techniker ausgerechnet, könnte man vier Kraftwerke abschalten. Sprecher Hauke Hannig denkt acht Jahre zurück. Schon 2001 habe man diese Technologie entwickelt, "doch damals wollte das keiner haben." Seit aber die Energiekosten gestiegen sind, sei die Nachfrage sprunghaft angestiegen. Das Erfolgsgeheimnis gibt er gerne preis: Wichtig sei es, ganzheitlich zu denken. Und so habe man auch die neue Produktionsstätte unter Effizienz-Gesichtspunkten gebaut. Dank Sonnenenergie und der Systeme, die Energie zurückgewinnen, gibt das Werk mehr Energie ins Netz ab als es verbraucht.
Neben Ventilatoren und Pumpen sind auch ungeregelte Antriebe Stromfresser. Aber 90 Prozent aller Antriebe weltweit laufen noch immer ungeregelt. Ein riesiges Marktpotential, von dem auch der Industriekonzern ABB profitieren will. Andreas Keiger, Vertriebschef für Motoren und Antriebe, weiß auch, wie das gehen soll. Man müsse heute vor allem mit den Leuten reden, die das Budget für die Energiekosten einer Anlage verantworten. "Sie müssen den Meister erreichen." Der soll dann vor Ort überzeugt werden, dass sich ein neuer, sparsamer Antrieb schon nach einiger Zeit rechnet: "Wir haben dafür spezielle Programme, mit denen wir auf Euro und Cent sehen können, was man sparen kann und in welchem Zeitraum sich die Investition gerechnet hat."
Sparen durch Reden
Manchmal aber ist es noch viel einfacher: Energie sparen, ohne ein einziges Teil auszuwechseln. Stattdessen sollten sich Unternehmen mehr miteinander austauschen. Ein solches Effizienz-Netzwerk baut derzeit das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) auf. Gefördert vom Bundesumweltministerium will man vor allem kleine und mittlere Betriebe an einen Tisch bekommen. "Die haben ja meistens das Problem, dass sie gar keine Zeit haben, sich intensiv mit der ganzen Energieproblematik, mit rationeller Energienutzung und mit Einsparmöglichkeiten zu beschäftigen", sagt Ursula Mielicke vom ISI. Erhoffter Einspar-Effekt: zehn Prozent weniger Energiekosten in den nächsten vier Jahren.
Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Zhang Danhong