Indonesisches Gericht stellt sich gegen Widodo
4. Juni 2020Ein indonesisches Gericht hat am Mittwoch (4.6.20) festgestellt, dass die Einschränkungen des Internet-Zugangs im vergangenen Jahr in der östlichen Provinz Papua unrechtmäßig waren. Im August und September 2019 war es in verschiedenen Städten in den Ost-Provinzen zu Demonstrationen von Angehörigen der Volksgruppe der Papua und gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften gekommen.
Auslöser war ein im Internet verbreitetes Video über rassistische Äußerungen von indonesischen Polizisten gegenüber Studenten aus Papua. Der Vorfall ereignete sich in der Stadt Surabaya auf Java. Die Studenten hatten zuvor angeblich eine indonesische Flagge in ihrem Wohnheim entehrt.
"Gegen Verbreitung von Falschmeldungen"
Die Drosselung der Internet-Geschwindigkeit wurde damals von den Behörden damit begründet, dass man die Verbreitung von Falschmeldungen verhindern wolle, die weitere Gewalt anfachen könnten.
Diese Anweisung wurde jetzt vom Verwaltungsgericht in Jakarta als "ungesetzliche Handlung einer Behörde und/oder eines Regierungsmitarbeiters" bezeichnet. Als Beschuldigte genannt wurden Präsident Widodo und sein Kommunikationsminister Johnny G. Plate. Sie können das Urteil binnen 14 Tagen anfechten. Ob es praktische Folgen haben wird, ist unklar.
Minister Plate verteidigte gegenüber der Zeitung "Tempo" das damalige Verhalten von Präsident Widodo, der im Interesse der Bevölkerung, einschließlich der Einwohner von Papua, gehandelt habe. Im Übrigen will Plate von keinen Unterlagen wissen, aus denen hervorgehe, dass die Regierung im August 2019 ein Abschalten oder eine Drosselung des Internets in Papua und West-Papua erwogen habe. Vielmehr sei es denkbar, dass Schäden an der Infrastruktur damals zu Problemen mit dem Internet geführt hätten.
"Anleitung für künftiges Regierungshandeln"
Abdul Manan von der Allianz unabhängiger indonesischer Journalisten (AJI), die das Verfahren angestrengt hatte, hat die Hoffnung ausgedrückt, dass das Urteil der Regierung eine Handlungsanweisung für künftige Fälle geben möge. "Die Regierung täte gut daran, sich an dem Urteil des Gerichts zu orientieren", sagte Abdul Manan im DW-Interview. Insbesondere habe das Gericht klargestellt, dass die Regierung eine solche weitreichende, in die Rechte der Bürger eingreifende Entscheidung nicht einfach als Pressemitteilung bekanntgeben darf.
Außerdem habe das Gericht klargestellt, dass der Rückgriff auf das indonesische Gesetz zur Regelung des Internets ("Law on information and electronic transactions") ein Vorwand war und nicht ausreichte, um die Aussetzung von Bürgerrechten zu begründen. "Wir hoffen, dass dieses Urteil einen Präzedenzfall für die Zukunft schafft, so dass die Regierung vorsichtiger agieren wird, wenn sie Einschränkungen und Blockaden des Internets veranlassen will", sagt Journalist Manan.