Indonesien: Das Dorf der Müllsortierer
Hunderttausende Tonnen Müll werden jedes Jahr nach Indonesien exportiert. Ganze Dörfer leben dort davon, ihn zu sortieren. Die Regierung will die Einfuhr nun einschränken - und die Bewohner fürchten um ihre Zukunft.
Der Müll - ein Familiengeschäft
Wie fast alle 3600 Einwohner des Dorfes Bangun sortieren Sunarni (Mitte) und ihr Mann Salam (links) Müll, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Müll habe für die Bildung der Kinder gezahlt, erzählt Salam. Außerdem konnte er so ein Haus und Vieh kaufen. "Ich habe jetzt neun Ziegen", sagt der 54-Jährige. Der Fotograf Willy Kurniawan hat die Familie und ihre Nachbarn in Bangun besucht.
Abfall aus aller Welt
Im vergangenen Jahr wurden 283.000 Tonnen Müll aus Industrieländern nach Indonesien exportiert. Ein Teil davon landet hier in Bangun - auch Abfall aus Deutschland ist dabei. Längst sind viele der einst grünen Reisfelder unter den Müllbergen verschwunden. Die Arbeiter suchen nach Plastik und Aluminium, das sie an Recyclingfirmen weiterverkaufen können.
Eine Müllflut: Fluch oder Segen?
Doch nun ist die Einkommensgrundlage des gesamten Dorfes in Gefahr: Nachdem China beschlossen hatte, keinen Müll mehr zu importieren, landete der Abfall in anderen asiatischen Ländern. Indonesien hat deswegen die Regeln und Zoll-Inspektionen verschärft. Hunderte Tonnen Müll werden seitdem zurück in ihre Herkunftsländer geschickt.
Ungewisse Zukunft
Während Umweltschützer die strengeren Regeln begrüßen, sorgen sich die Einwohner von Bangun um ihre Zukunft: "Wenn sie uns verbieten wollen, hier zu sein, muss es eine Lösung geben. Die Regierung hat uns keine Arbeit geboten", sagt Heri Masud (links).
Müll als Allrounder
Doch nicht nur die Arbeiter und die Recyclingfirmen in der Gegend sind abhängig vom Müll: In Imbissen wie diesem wird der Müll zum Kochen genutzt. Die Einnahmen aus dem Sortieren des Mülls kommen dem ganzen Dorf zugute: Die Bewohner konnten zum Beispiel auf eine Pilgerreise nach Mekka fahren.
Gefahr für die Gesundheit
"Die Arbeit ist leichter als die in der Landwirtschaft", sagt Salam. Der 54-Jährige arbeitet als Müll-Makler zwischen den Dorfbewohnern und einer Papierfabrik. Doch ganz ungefährlich ist die Arbeit auf der Müllhalde nicht. Umweltschützer warnen vor allem vor Auswirkungen auf die Gesundheit der Dorfbewohner. Viele von ihnen arbeiten und wohnen ihr ganzes Leben zwischen dem Abfall.
Folgen für die Umwelt
Abgestorbene Bäume, verschmutzte Ozeane: Auch die Natur leidet unter den Müllmassen. Forscher der Umweltschutzorganisation ECOTON haben Mikroplastik im Grundwasser von Bangun und einem nahen Fluss gefunden. Dieser wird von 5 Millionen Menschen in der Gegend als Quelle für Trinkwasser genutzt.
Vor der eigenen Haustür kehren
Auch der eigene Müll ist in Indonesien ein Problem, nur ein kleiner Teil davon wird recycelt. Viele Müllhalden in den Städten quellen über und auch die Strände sind voller Abfall. "Wir wissen, dass Indonesien schmutzig ist, und jetzt kommt auch noch der Müll aus den USA dazu", ärgert sich Prigi Arisandi von ECOTON.
Große Pläne
Wie und ob die Situation sich in Zukunft ändern wird, ist unklar. Bis 2025 will die Regierung das Plastik in den Meeren um 70 Prozent reduzieren und dafür eine Milliarde Dollar investieren. Wie es um die Umsetzung dieser Pläne steht, ist aber unklar. Der Bau von Müllverbrennungsanlagen verzögert sich, und ein Verbot von Plastiktüten trifft auf heftige Kritik derKunststoffindustrie.