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Indien Deutschland

Grahame Lucas10. April 2013

Indiens Atomenergie, Deutschlands Fachkräftemangel und natürlich der Handel: Ministerpräsident Singh und Kanzlerin Merkel haben in Berlin viel zu besprechen. Das Verhältnis beider Staaten ist ohnehin gut.

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Indian Prime Minister Manmohan Singh (L) and German Chancellor Angela Merkel pose before leading the Indo-German intergovernmental consultations with cabinet and delegation members at the Chancellery on April 11, 2013 in Berlin. AFP PHOTO / JOHN MACDOUGALL (Photo credit should read JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images)
Merkel und Singh in Berlin 11.04.2013Bild: John Macdougall/AFP/Getty Images

Indien gehörte zu den ersten Ländern, die die Bundesrepublik diplomatisch anerkannten, und zu den Ländern, die die deutsche Wiedervereinigung 1990 kräftig unterstützten. "Indien und Deutschland sind sich auf vielen politischen Feldern der internationalen Diplomatie einig", so der Politologe R. K. Jain von der Jawaharlal Nehru Universität in Neu-Delhi gegenüber der Deutschen Welle. "Beide wollen einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Sie kooperieren miteinander im G20-Prozess." Beide Seiten sind in Berlin zu ihren zweiten Regierungskonsultationen zusammengekommen (11./12.04.2013). Solche Treffen hält Deutschland außerhalb Europas nur noch mit China und Israel ab.

Jain erwartet von dem Treffen, dass es genutzt wird, um die bilaterale Zusammenarbeit auch auf anderen Gebieten wie sauberen Umwelttechnologien und alternativen Energien voranzubringen. Für Jain gehört dazu auch die Atomenergie: "Indien hat ein ehrgeiziges Nuklearprogramm. Es muss eine Diskussion über einen Beitrag deutscher Firmen dazu geben." Frankreich ist schon seit Jahren in Verhandlungen über massive Investitionen in die zivile Atomenergie Indiens.

Handelsbeziehungen im Fokus

Ein weiteres wichtiges Thema werden die Handelsbeziehungen sein. Bei der ersten Runde der bilateralen Konsultationen in Neu Delhi im Mai 2011 hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der indische Premierminister Manmohan Singh ihren Willen unterstrichen, das Handelsvolumen von rund 15 Milliarden Euro auf 20 Milliarden Euro bis Ende 2012 zu steigern. Ende 2011 lag das Handelsvolumen bei über 18 Milliarden Euro, neue Zahlen sind noch nicht bekannt. Deutschland ist inzwischen an siebter Stelle der Lieferanten Indiens. Die Nachfrage Indiens nach Elektrotechnologie und nach deutschen Maschinen bleibt hoch. Letztere machen etwa 30 Prozent aller deutschen Ausfuhren nach Indien aus. Indien hingegen liefert Textilien, Leder und Nahrungsmittel nach Deutschland, aber auch zunehmend chemische Erzeugnisse, Metallwaren und ebenfalls Elektrotechnologie.

An Indian man works at a newly inaugurated manufacturing plant of Freudenberg Gala Household Product Private Limited, a joint venture of Freudenberg Household Products Germany and Gala Brush Limited, India at Adas near Anand, about 70 kilometers (43 miles) from Ahmadabad, India Wednesday, June 1, 2011. The plant will produce mechanical household cleaning products. (ddp images/AP Photo/Ajit Solanki)
Indien wünscht mehr Investitionen deutscher MittelständlerBild: AP

Freihandelsabkommen mit der EU

Um die Handelsbeziehungen auf dauerhaften Wachstumskurs zu bringen, ist jedoch mehr zu tun. Bernhard Steinrücke, Generaldirektor der Deutsch-Indischen Handelskammer, verweist diesbezüglich auf einen wichtigen Tagesordnungspunkt: das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien. "Die Bundesregierung wird unterstreichen, dass das Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU von allergrößter Bedeutung für Indien und Europa und daher auch für Deutschland ist", sagte Steinrücke der Deutschen Welle im Vorfeld. An Indien solle es nicht scheitern, meint Politologe R. K. Jain: "Indien wird versuchen, Deutschland davon zu überzeugen, dass es auf die EU Druck ausüben muss, damit das Abkommen zustande kommt."

Die großen Autofirmen wie Mercedes-Benz, Volkswagen, BMW und Anlagenbauer wie Siemens sind längst in Indien etabliert. Indien verspricht sich von einem Freihandelsabkommen ein stärkeres Engagement des deutschen Mittelstands. "Diese Firmen haben Know-how, das weltweit führend ist, und Indien möchte, dass auch diese Firmen einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Indiens leisten." Das hört Bernd Steinrücke gern: "Die deutsche Industrie erwartet, dass der Besuch die Bedeutung von deutschen Investitionen auf wirtschaftlichem sowie wissenschaftlichem Gebiet in Indien unterstreicht."

Kontinuität trotz Wahlen

In diesem Zusammenhang dürfte die deutsche Seite das Interesse Deutschlands an Fachkräften aus Indien unterstreichen. In Indien ist allerdings der Wahlkampfspruch "Kinder statt Inder" der CDU aus dem Jahr 2000 nicht vergessen. Der Slogan des damaligen NRW-Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers sollte eine Präferenz der CDU verdeutlichen: Angesichts fehlender Facharbeiter wollte die Partei lieber deutsche Kinder und Jugendliche ausbilden, als die Arbeitsplätze mit zuwanderndern Ausländern zu besetzen. Rüttgers löste damit Kontroversen aus. Daher werden indische Politiker die deutschen Bemühungen um Fachkräfte und Wissenschaftler aus Indien mit Interesse verfolgen.

Indische Studenten am 27.10.2012 am Eingang des Festes «Indo-German Urban Mela» im Indraprastha Milennium Park in Neu Delhi, Indien. Deutschland wirbt seit Jahren um indische Studenten und junge Fachkräfte. Lange Zeit blieb die Nachfrage eher gering. Doch langsam trägt das ständige Werben um kluge Köpfe aus dem Osten Früchte. Foto: Doreen Fiedler dpa
Indische Studenten interessieren sich für Deutschland - könnten aber stärker umworben werden.Bild: picture-alliance/dpa

In beiden Ländern stehen Parlamentswahlen an, in Deutschland im kommenden September und in Indien 2014. Bernd Steinrücke glaubt nicht, dass die Wahlen auf die bilateralen Beziehungen große Auswirkungen haben werden. "Wenn die beiden Regierungen sich jetzt bei bestimmten Themen einig sind, dann hat das wenig mit den Parteien zu tun, die die Regierung bilden. Wir erwarten keinen Kurswechsel."