Waldretten mit Tee
2. Januar 2019Die Döschen und Gläser in den Regalen des Monsoon Tea House tragen vielversprechende Namen. "Dhara Green", steht da, "Jungle Black", oder "Lanna Silver Needle." Anders als man vielleicht erwarten würde, trinken die Kunden hier ihren Tee auch nicht dampfend heiß aus Tassen, sondern wie edlen Wein, wohltemperiert, aus Karaffen. Auch Mon Chaya kommt regelmäßig vorbei. Die 31-jährige baut auch Tee an. Sie trifft sich hier mit Kenneth Rimdahl, dem Besitzer des Monsoon Tea House, einem gebürtigen Schweden. Zwischen den Regalen sitzen sie und besprechen ihre handverlesenen, wilden Ernten.
Als Rimdahl nach Thailand kam, war er eigentlich auf der Suche nach Teekannen. Stattdessen fand er Miangbäume, eine Art vergessenen Schatz, der in den Wäldern Thailands wächst. Früher war es üblich, dass die Einheimischen aus den Blättern der Bäume Medizin herstellten oder aus ihnen ein Gericht namens Miang Kham zubereiteten. Das ist weitgehend vergessen, nur noch einige wenige Alte tun das noch.
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Miangbäume gehören zur Gattung der Kamelien, sind also Teepflanzen. Rimdahl bezeichnet sie deshalb als "Großväter" des heute verwendeten Tees. Die Pflanzen faszinierten den Schweden und er blieb. 2013 gründete er Monsoon Tea und begann Waldbewohner zu beschäftigen, um die wilden Blätter zu pflücken. Diese verkauft er nun, "waldfreundlich", wie er betont.
Wer sein Teehaus in Chiang Mai, im Norden Thailands, besucht, kann den Ur-Tee kosten. Rimdahl erzählt dann davon, welchen Weg die Blätter genommen haben, wie sie vom Baum gepflückt wurden und schließlich bis in die Gläser und Döschen seines Geschäfts gelangten. Er spricht von Fermentation und Aromen, auch das erinnert stark an Gespräche über Wein. Rimdahl betont dabei, dass seine Teesammler nur einen kleinen Teil der wilden Miang-Blätter ernten. Die Pflanzen sollen weiter wachsen können und nicht ausgebeutet werden.
Teeanbau und Artenvielfalt
Wirtschaftlicher Nutzen und Naturschutz sind für den Teeproduzenten eins. Das ist ein relativ neues Konzept. Noch bis 1989 wurde der Wald rigoros abgeholzt, um Platz für landwirtschaftliche Nutzflächen zu schaffen.
"Man muss erkennen, dass der Wald einen großen Wert hat, wenn er noch steht", sagt Rimdahl. "Wir wollen, dass der Wald etwas von unserer Arbeit hat und die Landwirte Geld verdienen können."
Die wilden Bäume im Wald stehen zu lassen, sei ein Schritt. Neue Miang-Teebäume anzupflanzen, ist ein zweiter. Dazu ermutigt Rimdahl die Bauern, mit denen er arbeitet. Und er wendet sich gegen die Ausbeutung der Natur. Von Farmern, die Pestizide verwenden, kauft er keinen Tee.
Da auf diese Weise der Wald immer größer wird, hofft Rimdahl, dass die Grenzen zwischen Bäumen und den üblichen Plantagen hier verschmelzen. Die Natur soll wieder übernehmen und die Arten zurückbringen, die vorher ihren Lebensraum verloren hatten.
Rimdahls Konzept hat auch die Wissenschaft aufmerksam werden lassen.
Alexej Reschikow zum Beispiel: Der wissenschaftliche Mitarbeiter des College of Ecology and Evolution der Sun Yat-sen University in China untersucht die Auswirkungen großflächiger Teeplantagen auf die Artenvielfalt. Er ist vor allem wegen der Auswirkungen von Pestiziden auf die Wälder besorgt.
Monsoon Tea ist ihm ein durch seine Recherchearbeit im Norden Thailands ein Begriff. Inzwischen ist das Unternehmen Teil seiner Forschungsarbeit. Darin untersucht er, ob die neu gepflanzten Miangbäume als eine Art Puffer zwischen Teeplantagen und dem ursprünglichen Wald dienen können.
Reschikow sieht Monsoon Tea als "einen Weg, um 'grüne Plantagen-Wüsten' in sekundäre Wälder umzuwandeln", also Wälder, die wachsen oder angelegt werden, nachdem der Mensch den ursprünglichen Baumbestand gerodet hat. "Sie können den Artenreichtum erhöhen", sagt der Forscher.
Rimdahls Konzept könnte aufgehen. Die Idee sieht vor, Miangbäume nicht nur zwischen den konventionellen Tee zu pflanzen, sondern sie auch weitgehend in Ruhe zu lassen. Das, so Reschikow, könnte dann auch anderswo umgesetzt werden.
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"Ich wäre dagegen, die Bäume als invasive Art überall auf der Welt zu pflanzen, aber Plantagen, die es hier schon gibt, in einen Sekundärwald umzuwandeln, ist eine geniale Idee, denke ich. Das geht sicher auch mit anderen Pflanzenarten in anderen Gegenden."
Vielen Bauern fehlt aber noch die Erfahrung mit dieser Art des Anbaus. Sie kennen nur Plantagen und den Einsatz von Pestiziden. Sie von umweltfreundlichen Methoden zu überzeugen, ist oft nicht einfach.
Teeanbau in der nächsten Generation
Mon Chaya davon zu überzeugen, war dagegen nicht kompliziert. Sie hatte, bis sie Rimdahl kennenlernte, nichts mit dem Anbau von Tee zu tun gehabt. Stattdessen hat sie Wirtschaft in Bangkok studiert, und Marketing. Nach Doi Wawee in der Provinz Chiang Rai ist sie ursprünglich nur gekommen, um Chinesisch zu lernen, und so ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Denn die meisten Familien, die hier Tee anbauen, sind Chinesen.
Inzwischen ist Chaya Teil einer solchen Familie. Während sie ihre Sprachkenntnisse vertiefte, entbrannte auch die Liebe zu einem "Jungen vom Land", Wasan, der aus einer Teebauernfamilie stammt. Inzwischen sind die beiden verheiratet.
Von chinesischen Kindern wird erwartet, dass sie in die Fußstapfen ihrer Eltern treten, erklärt Chaya. Ihr Mann sollte also Tee so anbauen, wie seine Eltern vor ihm. Sie selbst wollte aber etwas anderes. Auch Tee anbauen, ja, aber auf die Weise, die sie durch Rimdahl kennengelernt hatte.
"Wir wissen, dass es für unser Geschäft in Zukunft besser sein wird, wenn wir Bäume pflanzen", sagt Chaya der DW. "Die Menschen aus der Stadt erkennen das, die vom Land erkennen es nicht. Sie brennen nur alles ab, um Anbauflächen zu bekommen. Unsere Methode ist nicht nur gut für's Geschäft, sondern auch für die Erde, die Natur und für uns selbst."
Wasans Familie ließ sich überzeugen, auch wenn sie anfangs Zweifel hatte. Das Urteil eines chinesischen Teemeisters hat dazu den Ausschlag gegeben. Der fand den Tee, der von einem hunderte Jahre alten Baum gepflückt worden war, hochwertiger als den Tee aus der Plantage. Inzwischen haben Chaya und ihr Mann etwa eintausend neue Bäume im Familienbetrieb gepflanzt und dem Wald ein Stück seiner grünen Pracht zurückgegeben.
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