In München steht ...
4. August 2002Sein Entstehen verdankt das Hofbräuhaus dem bayerischen Herzog Wilhelm V. Weil ihm die Produkte der örtlichen Bräuer nicht schmeckten, erlaubte sich der Fürst den Luxus, so genanntes "ainpockisch" Bier zu importieren: Bier aus Einbeck in Nord-Deutschland, dem auch das "Bockbier" seinen Namen verdankt. Durch den fürstlichen Bierkonsum entstanden erhebliche Frachtkosten. So erheblich, dass dem herzögliche Kammermeister der Gedanke kam, dass es vielleicht billiger sei, selber anständiges Bier brauen zu lassen. Gesagt, getan. Das herzögliche, später königliche Hofbräuhaus war geboren. Das war 1589.
10.000 Maß an Spitzentagen
Es war lange Zeit ein exklusives Etablissement. Nur die Mitglieder des Hofstaates (600 bis 700 Personen mehr oder weniger blauen Geblütes) kamen in den Genuss des Eigenbräus. Erst ab 1828 wurde auch für das gemeine Volk gezapft - eine goldrichtige Entscheidung. Das Hofbräuhaus entwickelte sich in kürzester Zeit zur populärsten Kneipe Münchens und wurde 1896 stark erweitert. Dennoch war und blieb das Hofbräuhaus überfüllt: Tag ein, Tag aus, 365 Tage im Jahr. Hier werden jährlich 6.500 Kilometer Wurst verzehrt, und hier, im "feuchten Herzen" der Landeshauptstadt, werden an ganz normalen Tagen 50 Hektoliter Bier gezapft. Dabei liegt der Preis für das Maß immer etwas unter dem der lokalen Konkurrenz - so wollte es nämlich der bayerische König Ludwig I.
Prominente Laufkundschaft
Der Preisvorteil allein erklärt aber noch nicht die Popularität der ehemals königlichen Kneipe, die schon längst ein Staatsunternehmen ist. Noch immer profitiert das Hofbräuhaus von seinem internationalen Renommee, zu dem viele berühmte und auch berüchtigte Gäste beigetragen haben. Hier ließ sich die österreichische Kaiserin Sissi das Bier regelmäßig schmecken - trotz ihrer Schlankheitsmanie. Auch Wladimir Iljitsch Lenin trank aus den typischen Krügen, die ein begehrtes Objekt für Souvenirjäger sind. 1920 entfesselte hier ein Gelegenheitsarbeiter namens Adolf Hitler mit antijüdischen Tiraden eine wahre Saalschlacht. Das Hofbräuhaus sah den südafrikanischen Apartheidspräsidenten Botha, Vertreter des Vatikans (in der Regel inkognito) und viele, viele andere Prominente.
Mammutkneipe
Was diese ganzen Besucher hierhin lockte und immer noch anzieht, bleibt etwas unklar. Tatsache ist, dass viele Münchner das Hofbräuhaus meiden wie die Pest. Sie besuchen das königliche Etablissement mit seinem Gedränge und Gegröle, mit seiner Bier- und nikotinschwangeren Atmosphäre und seinem dauergestressten Personal meist nur auf ausdrücklichem Wunsch von Freunden oder Bekannten von auswärts. Aber egal, was sonst noch alles zum Nachteil dieser Mammutkneipe, die 3500 Gästen Platz bietet, angeführt werden kann: es schmälert die Anziehungskraft des Hofbräuhauses auch nach mehr als 400 Jahren nicht im geringsten.