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Im Gespräch: Josef Köhrle, Endokrinologe von der Charité Berlin

13. November 2009

"Ich halte die Substanz für problematisch, weil sie mit dem Hormonsystem interagiert."

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Josef Köhrle, Endokrinologe von der Charité Berlin (Foto: DW)
Josef Köhrle, Endokrinologe von der Charité Berlin.

DW-WORLD.DE: Auch eine Glasflasche ist nicht Bisphenol A –frei, da versteckt sich die Chemikalie nämlich im Verschluss. Der Hormonforscher, Josef Köhrle von der Charité kann uns mehr darüber sagen. Herr Köhrle, für wie gefährlich halten Sie denn Bisphenol A?

Josef Köhrle: Ich halte das für eine der problematischen Substanzen, die zur Zeit in unserer Umwelt relevant wird, weil sie mit dem Hormonsystem interagiert. Und weil wir mittlerweile wissen, das zentrale Moleküle in den Zellen beeinflusst werden, was Auswirkungen hat auf das Zellwachstum, auf die Zellfunktion und auch auf die Entwicklung von Tier und Mensch insgesamt.

Jetzt ist Bisphenol A eine der meist untersuchten Chemikalien überhaupt – trotzdem gibt es sehr viele Studien und auch Fachleute, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Ist das so schwer zu untersuchen?

Ja. Es muss zuerst das Problem erkannt werden und es muss dann festgestellt werden, dass das Problem auch relevant ist. Und das ist mittlerweile relevant, weil die Substanzen, in denen Bisphenol A mit verwendet wird, immer häufiger in den Produkten unseres alltäglichen Lebens vorkommen. Und wir kennen erst seit wenigen Jahren einige Modellsysteme - zum Beispiel Tierversuche oder Zellversuche - an denen wir die Wirkung auch untersuchen können, um als Spezialisten dann auch Erklärungen zu geben, warum eine Substanz gut oder schlecht ist, positive oder negative Wirkung hat.

Sie sagen, das Problem müsse ja erst einmal als solches erkannt werden. Das ist ja generell die Schwierigkeit. Es wird ja immer wieder etwas entdeckt, was sehr schädlich ist für uns, aber schon über Jahre verwendet wird. Warum wird so was im Vorfeld nicht besser untersucht? Fehlt es da an Methodik?

Ja, zum Teil. Zum Beispiel können wir die Wirkung im Hormonsystem erst seit wenigen Jahren gut untersuchen, weil wir erst seit wenigen Jahren die Zielmoleküle der Hormonwirkung in der Zelle kennen. Und zum anderen kommen natürlich neue Substanzen in den Verkehr. Da sind mehrere zu nennen: UV-Schutzmittel beispielsweise oder Antifäulnismittel, die beim Schiffsanstrich verwendet werden. Die setzen zum Beispiel Substanzen frei, von denen wir heute wissen, dass sie die Zellentwicklung und die Zellfunktion beeinträchtigen, das Hormonsystem stören oder sogar mit Verhaltensänderungen bei Tieren und möglicherweise beim Menschen in Beziehung gesetzt werden.

Und diese Schiffsanstriche, die kommen ins Meer, dann in den Fisch. Wir essen den Fisch und so haben wir schließlich den Salat ...

Richtig, die Nahrungskette! Und viele dieser Substanzen sind fettlöslich und somit besteht die Gefahr, dass sie sich im Körper anreichern.

Interview: Daniela Levy

Dieses Interview sehen Sie in der aktuellen Ausgabe von Projekt Zukunft, dem Wissenschaftmagazin auf DW-TV

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