IfW: Wirtschaft wird 2023 wieder wachsen
15. Dezember 2022Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde im kommenden Jahr voraussichtlich um 0,3 Prozent zulegen. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Ausblick des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervor. Noch im September hatte es mit einem Rückgang von 0,7 Prozent gerechnet.
Zuvor hob bereits das Münchner Ifo-Institut seine Prognose für 2023 an, geht aber noch von einem Mini-Minus von 0,1 Prozent aus. Auch Bundesregierung, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Industriestaaten-Organisation OECD erwarten eine sinkende Wirtschaftsleistung. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet bislang sogar mit einem Einbruch von drei Prozent.
Inflation wird deutlich sinken
"Die Aussichten für die Konjunktur haben sich - bei hoher Unsicherheit - etwas aufgehellt", erklärten die Kieler Forscher. Maßgeblich dafür sei, dass der private Konsum weit weniger unter der Energiekrise leiden werde als bislang befürchtet. "Die Großhandelspreise für Gas und Strom sind in den vergangenen Monaten deutlich gesunken - auch wenn sie sich nach wie vor auf hohem Niveau befinden", hieß es. "Zudem sollen die Belastungen der privaten Haushalte und Unternehmen durch die hohen Energiekosten durch sogenannte Preisbremsen abgefedert werden."
Daher werde die Inflationsrate im kommenden Jahr mit 5,4 Prozent deutlich niedriger sein als bislang mit 8,7 Prozent prophezeit. Für das zu Ende gehende Jahr soll sie bei 8,0 Prozent liegen, 2024 dann bei 2,2 Prozent.
Der Arbeitsmarkt zeigt sich den Prognosen zufolge robust, auch weil die Firmen nach wie vor händeringend nach Fachkräften suchten. Das Staatsdefizit dürfte im kommenden Jahr aufgrund der Hilfspakete weiter anwachsen.
Pessimismus bei den Chemikern
Nicht in allen Wirtschaftszweigen herrscht Zuversicht. Die Chemiebranche etwa blick mit großer Sorge auf das kommende Jahr. "Die Lage ist dramatisch", warnte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Markus Steilemann. "Vor allem unsere Mittelständler kämpfen um ihre Zukunft." Die hohen Energiekosten sowie Preissteigerungen bei Rohstoffen und Vorprodukten setzten Deutschlands drittgrößtem Industriezweig nach der Autobranche und dem Maschinenbau weiterhin schwer zu. Jedes vierte Unternehmen macht laut einer aktuellen Mitgliederbefragung des Verbands bereits Verluste.
Für 2023 erwartet die Chemiebranche keine Besserung. Die Herstellung werde kräftig sinken, so der VCI. Auch der Umsatz in der Branche mit gut 475 000 Beschäftigten hierzulande werde voraussichtlich schrumpfen. Im Inlandsgeschäft rechnet der Verband wegen der schwächelnden Industrie mit einem deutlichen Rückgang.
Die Chemie- und Pharmaindustrie leidet unter den hohen Gas- und Strompreisen infolge des Ukraine-Kriegs. Die Produktion sinke dieses Jahr um 6 Prozent zum Vorjahr - etwas stärker als zuletzt in Aussicht gestellt. Die Herstellung der besonders energieintensiven Chemie schrumpfe alleine betrachtet um rund 10 Prozent.
Erholung "im Kriechgang"
Entwarnung für die Konjunktur gibt das IfW insgesamt aber nicht. "Der deutschen Wirtschaft steht ein schwaches Winterhalbjahr bevor", schrieben sie mit Blick auf die erwartete Rezession im laufenden und kommenden Quartal. Deutschland bewege sich "im Kriechgang durch die Energiekrise".
Die hohen Energiepreise belasteten die Kaufkraft der Haushalte. Daher werde der private Konsum erst in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder in Schwung kommen. Die Unternehmen dürften aber mehr investieren, die Exporte trotz des schwierigen globalen Umfelds leicht zulegen. Für 2024 sagt das IfW ein Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent voraus, im zu Ende gehenden Jahr soll es zu 1,9 Prozent reichen.
dk/hb (dpa, rtr)