Ifo-Index: Stimmung überraschend etwas heller
24. Februar 2020Die Stimmung in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar trotz der Coronavirus-Epidemie leicht aufgehellt. Das Barometer für das Ifo-Geschäftsklima stieg überraschend auf 96,1 Punkte von 96,0 Zählern, wie das Münchner Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte.
"Die Umfrageergebnisse und andere Indikatoren deuten auf ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent im ersten Quartal" dieses Jahres hin, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Für den Index befragt das Ifo-Institut monatlich rund 9000 Unternehmen. Zwar schätzten die Unternehmen ihre Lage demnach etwas schlechter ein. Sie blickten aber weniger pessimistisch auf die kommenden sechs Monate.
Eintrübung bei Bau und Handel
Im Verarbeitenden Gewerbe stieg der Geschäftsklimaindex demnach zum dritten Mal in Folge. Dies sei auf "merklich weniger pessimistische Erwartungen zurückzuführen", erklärte das Ifo. Die aktuelle Lage beurteilten die Unternehmen demnach hingegen schlechter. Die Nachfrage und der Auftragsbestand hätten sich etwas erholt.
Im Dienstleistungssektor ist der Indikator der Umfrage zufolge erneut rückläufig. Die Dienstleister sind demnach mit ihrer aktuellen Lage etwas weniger zufrieden. Sie blicken zudem skeptischer auf die kommenden Monate.
Im Handel verschlechterte sich das Geschäftsklima ebenfalls, wie das Institut erklärte. Die zuletzt positiven Entwicklungen bei der aktuellen Lage und den Erwartungen hätten einen Dämpfer erhalten. Nur im Einzelhandel zeigt laut Ifo-Umfrage der Erwartungsindikator nach oben.
Im Bauhauptgewerbe sank der Index erneut. Dies sei pessimistischeren Erwartungen der Baufirmen geschuldet, erklärte das Ifo. Ihre aktuelle Lage schätzten die Unternehmen aber wieder etwas besser ein.
Und immer droht das Virus
"Die deutsche Wirtschaft scheint von der Entwicklung rund um das Coronavirus unbeeindruckt", erklärte Ifo-Präsident Fuest Wie sehr die Epidemie aber bereits in den Köpfen deutscher Marktakteure und Wirtschaftslenker steckt, zeigt die Wortwahl in den ersten Reaktionen auf die Ifo-Daten.
"Man könnte die heutigen Daten mit 'Inkubation' überschreiben", sagt etwa Andreas Scheuerle von der Dekabank und erklärt, es gebe schon "Hinweise auf eine Infektion der deutschen Wirtschaft, doch noch ist die Krankheit nicht ausgebrochen. Das liegt unter anderem an den Transportzeiten: Viele Containerschiffe, die wegen Corona in China nicht losfahren konnten, wären derzeit noch auf Hoher See."
Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe sieht das ganz ähnlich: "Das Geschäftsklima ist noch ohne Virus-Befund. Offensichtlich dauert der Transport etwas länger, bis die Meldungen über Lieferstörungen und Absatzeinbrüchen in China auch hierzulande im Geschäftsklima ankommen. Der kurzfristige Ausblick bleibt damit getrübt. Eine allmähliche Konjunkturerholung wird wohl weiter auf sich warten lassen."
Konjunktur-Belebung oder Wachstumsverlust?
"Das Stimmungsbarometer hat sich erholt und die Konsensschätzung übertroffen", fasst Ulrich Wortberg von der Hessischen Landesbank die Ergebnisse der Umfrage zusammen. "Damit folgt es den vorläufigen Einkaufsmanagerindizes. Das Szenario einer allmählichen Konjunkturbelebung wird untermauert."
Der Chef-Volkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer betont eher den dunkeln Bereich des Ifo-Indexes: "Das Coronavirus dürfte die Industrierezession in Deutschland um ein paar Monate verlängern. Das erste Quartal wird in China schlecht ausfallen. Es ist gut möglich, dass dies das deutsche Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal wegen sinkender Exporte und fehlender Zulieferungen schrumpfen lässt."
"Das Ifo-Geschäftsklima für Februar wurde mit Spannung erwartet, denn es bietet einen ersten Eindruck davon, wie stark das Coronavirus die deutschen Unternehmen beunruhigt.", meint KfW-Chefökonomin Fritze Köhler. "Bisher gibt es hierzu zwar Berichte aus einzelnen Unternehmen, aber kaum belastbare Daten zu den Auswirkungen in der Breite. Erfahrungsgemäß gibt es nach konjunkturellen Schocks wie dem Coronavirus eine Aufholbewegung, die aber wahrscheinlich nicht ausreicht, um den gesamten Wachstumsverlust binnen Jahresfrist auszugleichen."
dk/qu (dpa, afp, rtr)