Ifo-Geschäftsklimaindex fällt vierten Monat in Folge
25. August 2023Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im August abermals verschlechtert. Das Ifo-Geschäftsklima sank auf 85,7 Punkte von 87,4 Zählern im Vormonat und damit das vierte Mal in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Freitag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Fachleute hatten nur mit einem Rückgang auf 86,7 Punkte gerechnet. "Die Durststrecke der deutschen Wirtschaft verlängert sich", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Unternehmen waren mit den laufenden Geschäften unzufriedener und bewerteten ihre Aussichten ebenfalls skeptischer.
Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage fiel sogar auf den niedrigsten Stand seit August 2020, als Deutschland konjunkturell schwer mit der Corona-Krise zu kämpfen hatte. "Der deutsche Konjunkturmotor stottert weiter stark", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. Vor allem Industriebetriebe klagten über immer weniger Neuaufträge.
Ökonomen äußern sich pessimistisch
Der Ifo-Index sende ein recht klares Rezessionssignal, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Ich erwarte für das zweite Halbjahr mehr denn je ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft." Auch andere Fachleute äußerten sich pessimistisch. "Der vierte Rückgang in Folge ist Ausdruck einer sich verfestigenden Negativstimmung", sagte Analyst Elmar Völker von der LBBW. Nicht nur die Lage habe sich spürbar verschlechtert, sondern auch die ohnehin bereits düsteren Erwartungen seien "noch ein Stück schwärzer" geworden. "Immer mehr spricht dafür, dass die Stagnation der Wirtschaftsleistung vom Frühjahr nur eine Atempause vor dem Rückfall in die Rezession gewesen ist."
"Der neuerliche Fall des Ifo-Geschäftsklimaindex kommt einem Tritt in die Magengrube gleich", sagt Thomas Gitzel von der VP Bank. "Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Besserung werden weiter in die Zukunft verschoben." Der während der Corona-Pandemie aufgebaute Auftragsüberhang sei abgebaut. Damit dürfte die Industrieproduktion weiter unter die Räder kommen. Die privaten Haushalte seien in Anbetracht gestiegener Lebenshaltungskosten weiterhin zum Sparen gezwungen. Dies schlage sich in einem schwachen privaten Konsum nieder. "Wenn nun aber weder von der Industrie noch von den privaten Haushalten Impulse zu erwarten sind, dürfte die deutsche Wirtschaft weiter in Schwierigkeiten stecken", so der Ökonom.
Deutsche Wirtschaft stagniert bestenfalls
Die Wirtschaft war Ende 2022 und Anfang 2023 jeweils geschrumpft und hatte im Frühjahr nur stagniert. Die Bundesbank geht davon aus, dass die Konjunktur auch im laufenden Sommerquartal auf der Stelle treten dürfte. Viele Fachleute erwarten sogar für das Gesamtjahr 2023 einen Rückgang des BIP, die Förderbank KfW etwa rechnet mit minus 0,4 Prozent. Zuletzt verschärften Daten zum Einkaufsmanagerindex die Sorge, dass die maue Lage der Industrie noch stärker auf die Dienstleister übergreifen könnte.
Im Dienstleistungssektor trübte sich das Ifo-Geschäftsklima merklich ab. "Die Schwäche der Industrie zieht auch Transport und Logistik nach unten", erläuterte Ifo-Chef Fuest. Im Handel und am Bau verschlechterte sich die Stimmung ebenfalls. Vor allem bei der Baubranche greife "der Pessimismus für die kommenden Monate immer mehr um sich."
ul/hb (rtr, dpa, afp)