Ist der Fernseher ein Auslaufmodell?
2. September 2015Sie gehören zur IFA, wie die Butter aufs Brot: Riesige Fernsehbildschirme, die jedes Jahr schärfer und leuchtend bunter werden und inzwischen Größen erreicht haben, die jedes normale Wohnzimmer sprengen würden. Auch in diesem Jahr werden die Aussteller ihre neuesten Flachbildschirm-Modelle unter dem Berliner Funkturm wieder ins rechte Licht rücken. Vielfach allerdings mit einem flauen Gefühl im Magen.
Denn wie auch bei Heimkino-Anlagen und Kameras laufen die Geschäfte nicht gut. "Das erste Halbjahr 2015 war schlechter, als wir es prognostiziert haben, jedenfalls für die klassische Unterhaltungselektronik", sagt Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender des IFA-Veranstalters gfu Consumer und Home-Electronics. "Wir wussten, dass wir keine Fußball- Weltmeisterschaft haben würden, aber ein Minus von 9,3 Prozent haben wir trotzdem nicht vorhergesehen."
Bald ist Weihnachten
Um 16,5 Prozent ist allein das Geschäft mit den hochauslösenden Flachbild-TVs eingebrochen, der Umsatz lag bei nur noch 1,8 Milliarden Euro. Noch ist der Fernseher zwar das meistgenutzte Gerät in der Unterhaltungselektronik, mobile Geräte holen aber weiter auf. Schlecht liefen die Geschäfte auch mit stationären IT-Produkten wie Desktop-Computern. Laptops und Tablets sind wegen der immer größer werdenden Smartphones, Phablets genannt, weniger gefragt.
Insgesamt rechnet die Branche für dieses Jahr mit einem Umsatzminus von einem Prozent. Das aber auch nur, wenn das Weihnachtsgeschäft gut läuft. Die IFA ist eine Ordermesse, 2014 wurden in Berlin Aufträge im Wert von 4,25 Milliarden Euro erteilt. Wie ist die Kaufbereitschaft der Deutschen, was wollen sie sich in den nächsten Monaten anschaffen? Was wird unter dem Weihnachtsbaum liegen? Das sind die Fragen, um die sich alles auf der IFA dreht.
"Die IFA findet zum wirklich idealen Zeitpunkt statt", freut sich Hans-Joachim Kamp. Jeder wisse, dass das Hauptgeschäft im dritten und vierten Quartal des Jahres gemacht werde. "Da ist der Konsument auch aufgeschlossener gegenüber hochwertigen Gütern." Alle maßgeblichen Spieler seien auf der IFA vertreten. "Wer nicht auf der Messe ist, merkt es spätestens an der Entwicklung seiner Marktanteile."
82 Prozent mit Netzanschluss
Mehr als 1500 Aussteller drängen sich in diesem Jahr auf der Messe, die damit restlos ausverkauft ist. Auch PC-Hersteller, die früher eher auf der Computermesse CeBIT in Hannover zu finden waren, kommen jetzt nach Berlin. IFA ist übrigens nicht mehr die Abkürzung für Internationale Funkausstellung, die drei Buchstaben stehen jetzt für sich, im Untertitel heißt die Messe "Consumer Electronics Unlimited". Grenzenlos ist vor allem die Vernetzung der heimischen Geräte, ohne Anschluss ans Internet geht gar nichts mehr. Nur noch 18 Prozent aller Geräte können nicht untereinander und mit dem Internet kommunizieren.
Auch Filme und Musik kommen immer häufiger aus dem Netz, Dienste für Musikstreaming konnten zuletzt ein Plus von 60 Prozent verzeichnen. Wirklich Neues wird auf der IFA allerdings kaum zu finden sein, vielmehr geht es jetzt darum, die Trends des letzten Jahres in ausgereifter Form vorzustellen. Christian Göke, Chef der Messe Berlin, erwartet trotzdem so Einiges. "Es brodelt im Markt, erste Bilder sind in der Presse ja auch schon vorhanden, ob das jetzt die ersten Smartwatches mit rundem Display sind oder neues Headseats, die eine virtuelle Realität zeigen, oder ganz neu ausgelegte Phablets."
Nicht ohne mein Smartphone
Dreh- und Angelpunkt ist das Smartphone - ohne die kommunizierende Steuerungszentrale geht gar nichts mehr. Das schlägt sich auch in den Verkaufszahlen nieder, in diesem Jahr hat die Telekommunikation die klassische Unterhaltungselektronik erstmals knapp überholt. Mehr als elf Millionen Mobiltelefone wurden im ersten Halbjahr in Deutschland verkauft, bis Ende des Jahres sollen es 25 Millionen sein.
Ergänzt und erweitert wird das Smartphone durch die sogenannten Wearables, zu denen neben smarten Uhren auch Fitness-Armbänder gehören. "Das ist nicht nur ein Gimmick, sondern wer so etwas einmal hat und nutzt, der ist damit auch zufrieden", sagt Hans-Joachim Kamp. "Vor einem Jahr haben wir es kaum für möglich gehalten, aber in diesem Jahr werden 1,6 Millionen Stück verkauft werden."
Heizung, Waschmaschine und Saugroboter
Ein guter Teil der Messe wird auch von der sogenannten Weißen Ware gefüllt, also Waschmaschinen, Kühlschränke und alles andere, was ein Haushalt brauchen kann. Energieeffizienz spielt eine große Rolle. Jeder dritte Deutsche ist inzwischen bereit, sein Alt-Gerät gegen eines auszutauschen, das mit weniger Strom zufrieden ist. Natürlich sind auch immer mehr Hausgeräte ans Internet angeschlossen, das smarte Zuhause lässt sich mit Apps über das Smartphone steuern und der clevere Saugroboter sorgt auch in Abwesenheit für Ordnung. Sorgen bereitet den Deutschen allerdings die Datensicherheit. Hier sind dringend überzeugende Lösungen gefragt.