Automesse
17. September 2009Wer sich ganz besonders zu schnellen und schönen Autos hingezogen fühlt, auch der wird auf der 63. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) schnell fündig. Bei Maserati, Lamborghini oder Ferrari zum Beispiel. Fragen nach dem Benzinverbrauch stellt dort ohnehin niemand. Andere sind da cleverer. Auch bei Mercedes, der PKW-Marke von Daimler, zeigen sie einen Traum auf vier Rädern, einen SLS AMG mit Flügeltüren. Nur sagen sie dazu, dass er in vier Jahren auch mit einem Elektroantrieb zu haben sein wird. Es geht aber auch eine Nummer kleiner.
So verweist Daimler-Entwicklungschef Thomas Weber im Gespräch mit DW-WORLD.DE auf den Smart-Elektro-Drive. Der ist gedacht für den Einstieg in die emissionsfreie Mobilität. Jetzt gehe man den nächsten Schritt: "Wir werden jetzt schon mit einem Serienfahrzeug in der zweiten Generation antreten, speziell für Ballungsräume. Der letzte, entscheidende Punkt, der jetzt noch gelöst werden muss ist: Wo tanke ich?"
Strom tanken in der großen Stadt
Die Antwort findet sich gleich vor der Daimler-Messehalle auf dem Freigelände, beim deutschen Energiekonzern RWE. Dort stehen schon die neuen Elektro-Zapfsäulen, die vielleicht bald das Stadtbild prägen werden. 100 Stationen in sieben deutschen Großstädten gibt es bereits, sagt Carolin Reichert. Sie leitet den Bereich Elektromobilität bei RWE. "Ende des Jahres gibt es dann auch eine schnelle Ladebox für zu Hause, die ist fünfmal schneller als eine normale Steckdose." Und dass der Strom dafür natürlich aus erneuerbaren Quellen kommt, fügt sie auch noch hinzu.
E-Cars gehören zum guten Ton
Bald könnte an einer solchen Elektro-Tankstelle auch ein E-Tron vorfahren. Die Volkswagen-Tochter Audi zeigt hier in Frankfurt noch eine Studie, doch der knallrote Flitzer ist der absolute Blickfang am Stand. Alles, was technisch heute möglich wäre, wurde hineingesteckt.
Audi-Produktionsvorstand Frank Dreves bekommt leuchtende Augen, wenn er über das Auto spricht: "Es ist jedes Detail echt Audi." Hochwertig und sportlich wolle man bleiben, "aber auch große Reichweiten sollen mit diesem Auto möglich sein." Ende 2012 will Audi eine kleine Serie auflegen. Dann wollen sie auch beim Audi-Konkurrenten BMW ihren IAA-Star auf der Strasse haben, ein futuristisches Gefährt mit dem komplizierten Namen "Vision Efficienct Dynamic". Mittels Benzin-Generator und E-Motor begnügt sich das Auto mit 3,7 Liter Kraftstoff, schafft aber 250 Stundenkilometer. BMW-Entwicklungschef Klaus Draeger ist überzeugt, dass man mit der Flotte, die BMW auf der IAA zeigt, "gut gewappnet ist und dies der richtige Weg für uns aus der Krise ist."
Messestand ohne Autos
Für Schlagzeilen sorgt hier auf der IAA auch der Newcomer Better Place. Das US-Unternehmen baut keine Autos, sondern in Israel, Dänemark und Australien ein Netz für Stationen, an denen die Batterien der Elektrofahrzeuge schnell ausgetauscht werden können. Better-Place Gründer Shai Agassi ist ganz sicher "Die Zeit ist reif. Autos sind verfügbar, die Infrastruktur ist verfügbar und das Geschäftsmodell steht."
In Deutschland allerdings beißt er bei den Behörden noch auf Granit. "Aber wir versuchen es immer wieder", so der smarte Unternehmer, der Deutschland gut kennt: Er war Vize-Chef des Software-Riesen SAP.
Better Place kommt aus Kalifornien, genau wie der Sportwagenbauer Tesla. Die sind Vorreiter bei schnellen Elektroautos und wollen jetzt auch den deutschen Markt erobern. Allerdings kosten die sauberen Flitzer noch um die 100.000 Euro. Craig Davis von Tesla sieht aber dennoch gute Perspektiven, "denn die ersten Mobiltelefone und Laptops waren auch ein bisschen teurer." Aber das Kernthema von Tesla sei es, Elektro-Mobilität für alle zu schaffen. "Ich glaube, der Startschuss ist schon gegeben worden, das sieht man hier auf der IAA."
Herzschrittmacher für den Trabant?
Vom Hype ums Elektroauto will auch eine altbekannte ostdeutsche Automarke profitieren - der "Trabant". Er soll mit einem elektrischen Herz wieder auferstehen. Ronald Gerschewski vom sächsischen Fahrzeugbauer IndiKar war überrascht vom Run auf seinen kleinen Messestand und hofft nun darauf, einen größeren Partner finden, "der uns finanziell nicht nur unterstützt, sondern das Ganze finanziell in seine Hand nimmt, das Potential dieser Marke erkennt, die bisher ziemlich brach lag und mit uns dieses Fahrzeug mit einem elektrischen Antrieb zur Serienreife entwickelt."
Diese IAA zeigt: Die Autobranche erfindet sich gerade neu. Wer jetzt nicht die richtigen Konzepte in der Schublade hat, der dürfte beim größten Umbruch, den diese Branche je erlebt hat, wohl auf der Strecke bleiben.
Autor: Henrik Böhme, zurzeit Frankfurt/Main
Redaktion: Herbert Peckmann