Höhepunkte iranischen Filmschaffens: 62. Leipziger Dokumentarfilmfestival
Bilder aus einem fernen Land - Beim Dok Leipzig war Iran kein offizieller Programmschwerpunkt. Doch Filme mit Iran-Bezug gehörten zu den Höhepunkten des Festivals: Sieben Filme, die sich hervor hoben.
Der Traum von Hollywood: Asho
Eine halbe Stunde dauert "Asho" von Jafar Najafi und doch ist dieser Film reich an Poesie, visueller Strahlkraft und erzählerischer Intensität. "Asho" ("Adler") heißt der iranische Hirtenjunge, den der Film porträtiert. Najafi erzählt von Asho und seinen Schauspieler-Träumen und beantwortet die Frage, warum eine Ziege aus der Herde wie der Präsident heißt.
Repressive Familienstrukturen: Khatemeh
Khatemeh ist vierzehn Jahre alt und soll heiraten, einen doppelt so alten Mann. Der war vorher mit ihrer älteren Schwester verheiratet. Die hat sich umgebracht. Khatemehs Familie stammt aus Afghanistan, wohnt aber schon lange in Iran. Hadi Zareis Film "Khatemeh" richtet den Blick auf die Stellung der Frau in islamischen Ländern. Ein Dokument über Zwang, Tradition und individuelle Verzweiflung.
Familienaufstellung: Family Relations
Auch in "Family Relations" geht es um die Macht des Mannes, des Familienoberhauptes in einer islamisch geprägten Familie. Der Film von Nasser Zamiri präsentiert zu Beginn rund 50 Mitglieder einer Familie und stellt die Frage: Wer möchte am Film teilnehmen, wer nicht? Die Hälfte verlässt daraufhin die Bühne. Die übrigen geben dann ihre Eindrücke wider - im Mittelpunkt immer: "Haji Baba", der Vater.
Von der Macht des Mannes: Family Relations
"Haji Baba" kommt bei den allermeisten Familienmitgliedern nicht gut weg. Seine Frau und seine Kinder, die ihn verlassen haben, klagen ihn mit Worten an. Doch er wehrt sich, widerspricht dem Gesagten. Wer hat nun recht? "Family Relations" lässt den Zuschauern Raum für eigene Antworten. Und: "Familiy Relations" ist trotz aller Vorwürfe und Anklagen auch verspielt und humorvoll.
Migration rückwärts: Exodus
Nach dem US-Sanktionen wollen viele in Iran lebende afghanische Flüchtlinge wieder in ihre Heimat. Durch den Währungsverfall ist es für die Afghanen nicht mehr rentabel, im Iran zu leben. "Exodus" von Baham Kiarostami zeigt, wie diese Menschen durch ein Rückkehrzentrum geschleust werden. Der Film dokumentiert die Gespräche zwischen Flüchtlingen und iranischen Beamten: ein Film über Migration.
Leben eines Musikers: None of Your Business
Der Sänger und Poet Ebrahim Monsefi (1945-1997) dürfte den meisten Zuschauern hierzulande kaum bekannt sein. In Iran war er eine Größe. Er lebte in der südiranischen Hafenstadt Bandar Abbas, dort vor allem war er populär. Ebrahim Monsefi starb nach Schicksalsschlägen und Heroinsucht. "None of Your Business" ist das Porträt eines Musikers, aber auch eines Teils iranischer Kultur.
Spiel und Leben: Am I a Wolf
Da das Leipziger Filmfest unter dem Titel "Dokumentar- und Animationsfilm" firmiert, kommen dort natürlich auch gezeichnete Filme zur Aufführung. Aus dem Iran kam der zauberhafte acht-minütige Film "Am I a Wolf", der Kinder bei einer Aufführung des Märchens "Der Wolf und die sieben Geißlein" zeigt. Dabei vermischen sich bei den Akteuren Spiel und Realität - vor allem beim Darsteller des Wolfes.
Wie man einen Film inszeniert: In the Name of Scheherazade
Um Spiel und Realität, Phantasie und Wahrheit geht es auch in "In the Name of Scheherazade" von Regisseurin Narges Kalhor. Drei verschnupfte Frauen brüten unter Handtüchern und überlegen: Wovon soll unser Film handeln? Wie wollen wir inszenieren? Und: Wen wollen wir erreichen? Narges Kalhor lebt seit zehn Jahren in Deutschland und stellt die Frage nach Erwartungen an iranische Filmemacher im Exil.
Bilder aus einem fernen Land - Das 62 Leipziger Filmfestival für Dokumentar- und Animationsfilm eröffnet seltene Einblicke in das iranische Filmschaffen. Das Festival zeigt aber auch, wie phantasiereich und witzig eine junge iranische, seit zehn Jahren in Deutschland lebende Regisseurin mit den Erwartungen an sie umzugehen weiß.