Hunderttausende Ungarn demonstrierten für und gegen Orban
16. März 2012Traditionell feiern die Ungarn am 15. März ihre Revolution von 1848. Damals befreite sich das Land gegen die Vorherrschaft der Habsburger. Und daher erinnerte Regierungschef Viktor Orban seine Anhänger vor dem Parlamentsgebäude in Budapest gerne daran, dass heute wie damals gilt: Ungarn ist "keine Kolonie".
"Wir schreiben unsere Verfassung selbst", erklärte der rechtskonservative Politiker vor den rund 200.000 Teilnehmern weiter. "Wir wollen keinen unaufgeforderten Beistand von Ausländern, die unsere Hände lenken wollen." Mehrere Gesetze und Verfassungsänderungen in Ungarn stehen international in der Kritik. Vor allem die Europäische Union hatte zuletzt Sorge über eine mögliche Einschränkung von demokratischen Prinzipien wie Pressefreiheit und der Unabhängigkeit der Justiz gesehen.
Während bei der Kundgebung zahlreiche ungarische Flaggen wehten, waren bei der nicht weit entfernten Gegendemonstration viele Europafahnen zu sehen. Hier hatten sich circa 100.000 Menschen versammelt. Hauptforderung der Opposition war am Donnerstagabend die Rücknahme der umstrittenen Regelungen. Ein Demo-Teilnehmer nannte Orbans Regierungsstil gar "Regime". Er richtete sein Appell an die EU, mit größerer Härte gegen die rechtskonservative Regierung in Budapest vorzugehen.
Der Konflikt zwischen Orban und dem Ausland schwelt schon seit Monaten. Der Internationale Währungsfonds und die Europäische Union brachen wegen der umstrittenen Gesetze im Dezember Verhandlungen mit Budapest ab, in denen es um Finanzhilfen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro für das hoch verschuldete Land ging. Erst am Dienstag sperrte die EU wegen des hohen Haushaltsdefizits Ungarns Zahlungen aus Entwicklungstöpfen in Höhe von knapp einer halben Milliarde Euro.
li/uh (afp, dapd, dpa)