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Humann: Für mich ist Kinderbuch politisch

Stefan Dege20. Februar 2015

Klaus Humann zählt zu den erfolgreichsten deutschen Jugendbuchverlegern. Jetzt bringt er das Bilderbuch "Zeichner verteidigen die Meinungsfreiheit" heraus. Warum, erzählt er im DW-Interview.

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Bildergalerie Iran KW28 Kinderbuch
Bild: FARS

DW: Herr Humann, was hat Sie bewogen, dieses Buch zu machen?

Ich war, wie Tausende von Menschen in Deutschland, sehr, sehr erschrocken über das, was in Paris passiert ist. Auch weil es Menschen betraf, die in der gleichen Profession arbeiten wie die Zeichner, mit denen wir es hier zu tun haben. Ich habe überlegt, was ich machen kann. Für mich schloss sich aus, eine Plakette zu tragen ("Je suis Charlie" Anm.d.R.). Vieles von dem, was Charlie Hebdo zeichnerisch und politisch macht, ist mir eher fremd. Aber nichtsdestotrotz wollte ich mit unseren Mitteln zeigen, dass wir an diese Zeichner denken. So habe ich viele unserer Illustratoren angerufen - nicht nur in Deutschland, sondern auch in England und Frankreich, in den USA, bis nach Australien. Ich habe ihnen erklärt, dass ich ein Buch zur Verteidigung der Meinungsfreiheit machen möchte und ob sie dazu eine Zeichnung anfertigen könnten.

War es schwer, die Künstler von Ihrer Idee zu überzeugen?

Deutschland Verleger Klaus Humann
Verleger Klaus HumannBild: Julia Zenk

Ja, das war schwer. Die meisten derjenigen, die ich angesprochen habe, Kinderbuch- wie auch Comiczeichner, sind gewohnt, sehr viel mehr Platz für eine Geschichte zu haben. Ein Kinderbuch hat häufig 32 Seiten, bei Comics sind es Graphic Novels, die oft 200, 250 Seiten umfassen. Und nun sollten die Künstler eine Geschichte in einem Bild erzählen. Das war für viele ein Ding der Unmöglichkeit. Die haben dann abgesagt und erklärt, dafür ist mir das Thema viel zu heikel und zu komplex. Andere sagten, das probiere ich mal, ist doch eine interessante Herausforderung.

Muss sich denn ein Künstler, der sonst Grüffelos oder Prinzessinnen oder Bären zeichnet, zwangsläufig auch politisch positionieren?

Nein, überhaupt nicht. Darum drehte sich auch bei uns im Verlag die Diskussion: Muss ein Verlag, der Bärchen und Eichhörnchen veröffentlicht, sich politisch äußern? Für mich ganz klar: Ja! Für einige andere: Nicht unbedingt zwingend. Für mich deshalb ja, weil ich das Veröffentlichen von Kinderbüchern als durchaus politische Angelegenheit sehe. Wir erziehen, wir geben bestimmte Werte vor, wir versuchen Werte zu vermitteln, wir versuchen Kindern den Weg ins Leben zu zeigen - und den Weg ins Leben zu erleichtern. Das ist für mich politisch.

Deutschland Buchcover Zeichner verteidigen die Meinungsfreiheit Ausschnitt
Zeichnung von Ulf K.Bild: Aladin Verlag Hamburg

Für die Zeichner hat sich genau die Frage auch gestellt. Und viele waren dann, als sie die Zeichnung ablieferten, geradezu erleichtert, dass irgend jemand sie gebeten hat, mal nicht niedliche, sondern sehr ernste Dinge zu machen. Und sie waren erstaunt, dass sie das können.

So verschieden die Künstler, so unterschiedlich sind ihre Bildideen. Eine Auseinandersetzung mit dem Islam oder mit religiösem Fanatismus findet sich aber in keinem der Bilder...

Ja, das stimmt. Es gab auch gar keine Vorgabe. Vermutlich haben die meisten als Zeitungsleser gesehen, was in den Tagen danach erschienen ist. Und da sind sehr viele Themen schon abgehandelt worden. Das ist das eine. Das andere: Das Abarbeiten an Religionen, wie es Charlie Hebdo seit Jahrzehnten macht, ist uns hier sehr fremd. Für uns ist Religion nicht das alles bestimmende Thema, über das wir uns erregen müssen. Von daher lag mein Fokus eher auf der Meinungsfreiheit, der Macht der Zeichner.

Deutschland Buchcover Zeichner verteidigen die Meinungsfreiheit
"Zeichner verteidigen die Meinungsfreiheit", erschienen im Hamburger Aladin Verlag

Was glauben Sie, wie Ihre Adressaten reagieren werden - die Kinder?

Das wird spannend. Ich würde das Buch nicht einfach so einem Kind in die Hand drücken. Und wir reden über Sechs- bis Achtjährige, die ja auch schon mitkriegen, was in der Tagesschau passiert oder die die Unterhaltung von Erwachsenen mitbekommen. Ich könnte mir vorstellen, daß man über einige dieser Bilder mit Kindern sehr interessant reden kann. Das ist auch eine Schule des Sehens, insofern nicht so fremd in einem Kinderbuchprogramm. Aber es wendet sich natürlich in erster Linie an uns Erwachsene.

Rechnen Sie mit erbosten Reaktionen?

Nein, die Furcht habe ich nicht. Wir leben in einem Land, in dem man seine Meinung äußern kann. Und wenn man die Freiheit der Meinungsäußerung verbindet mit dem Respekt vor der Meinung anderer, dann ist das nicht nur möglich, sondern auch unbedingt nötig.

Klaus Humann, Jahrgang 1950, ist Verleger. In Hamburg führt er derzeit den Aladin-Verlag, den er 2012 gründete.