Hongkong: Ein Jahr nach den Protesten - die Ruhe ist zurück
Vor einem Jahr protestierten Tausende Hongkonger Bürger gegen den politischen Einfluss der chinesischen Regierung. Ein Jahr später ist von den Massenprotesten nichts mehr zu sehen, wie DW-Reporterin Wan Fang zeigt.
Sitz der Hongkonger Regierung, 2014
Am 28. September 2014 erklärte Benny Tai, einer der drei Anführer der Massenproteste, vor dem Haupteingang des Hongkonger Parlaments den Beginn der friedlichen Besetzung des Finanzzentrums. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Demonstranten ein. Um sich davor zu schützen, trugen viele Menschen Regenschirme mit sich. Die Bewegung wurde deshalb auch als "Regenschirm-Revolution" bezeichnet.
Der Rauch hat sich verzogen
Heute ist die Gegend wieder fast klinisch sauber. Die Forderungen der Demonstranten haben sich nicht erfüllt: Sie wollten freie, direkte Wahlen des Verwaltungschefs. Die Hongkonger Regierung wollte - einem Vorschlag Chinas entsprechend - nur Kandidaten zulassen, die von Peking genehmigt wurden. Bei der nächsten Wahl, 2017, wird wohl wie bisher verfahren: Ein 1200-köpfiges Gremium entscheidet.
"Occupy Central", 2014
Central, das Finanzzentrum und der Sitz vieler Behörden, wurde am 29. September 2014 von den Demonstranten besetzt. Bis zu 200.000 Menschen kamen zu den Protesten und bauten Zelte in den Straßen auf, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Das politische und wirtschaftliche Leben der Metropole wurde lahmgelegt.
Die Straßen sind wieder für die Autos da
Heute fließt der Verkehr der 7-Millionen-Stadt wieder durch Central. Den ersten Plänen der chinesischen Regierung nach sollten maximal drei Kandidaten für die Wahlen zum Verwaltungschef zugelassen werden. Sie sollten ferner "patriotische Gesinnung" haben. Damit hätten die Demokraten faktisch keine Chance, den Regierungschef zu stellen.
Sitz der Stadtverwaltung, 2014
Die Menschen forderten den Rücktritt von Verwaltungschef Leung Chun-ying. Sie blockierten den Übergang zwischen Leungs Büro und seiner Residenz. Auf ihren Transparenten stand: "Bürger stellen die Kandidaten" und "Frieden und Vernunft".
Nicht einmal Werbeplakate
Im Juli 2015 lehnte das Hongkonger Parlament den Vorschlag von Peking ab - doch statt Euphorie machte sich leichte Ratlosigkeit breit. Die Hochhäuser in Central (hier links noch einmal der Regierungssitz und das Gebäude der Volksbefreiungsarmee in Hongkong) stehen zwar noch im alten Glanz. Doch die politische Zukunft ist ungewiss.
Der Stadtteil Mongkok, 2014
Die Hongkonger Gesellschaft selbst war während der Proteste gespalten: Im Stadtteil Mongkok trafen am 04. Oktober 2014 pro-chinesische Bürger auf Demonstranten. Diese richteten Straßenblockaden ein - die Gegner wollten sie abreißen. Beide Seiten beschimpften einander. Das Aufeinandertreffen endete in einer Rangelei.
Platz für Einkaufsbummel
Mongkok ist als Shopping-Viertel beliebt. Hier gibt es viele kleinere Märkte, die vor allem Touristen gerne besuchen. Meist ist es hier heute friedlich.
Die Wünsche-Wand, 2014
"Warum sind wir hier?" fragten die Organisatoren - und zahlreiche Hongkonger Bürger antworteten. Sie schrieben ihre Wünsche auf Post-its und klebten sie an eine Wand in der Nähe des Regierungssitzes. Dieses Foto entstand am 04. Oktober 2014. An diesem Tag sollte die erste Runde der Gespräche zwischen Vertretern der Demonstranten und der Regierung stattfinden - wurde aber kurzfristig abgesagt.
"No posting" - Aushang verboten
Dort, wo Wünsche, Kritik und Anregungen standen, liest man heute nur den von der Regierung aufgestellten Warnhinweis: Aushang verboten. Die Fragezeichen und Ausrufezeichen zur politischen Zukunft der Sonderverwaltungszone verschwanden von der Wand, bleiben aber nach wie vor tief in den Köpfen der Hongkonger Bevölkerung.